Blauer Salon

Habe ich getrötet?

Oder bin ich getrötet?

Wer Deutsch als Fremdsprache lernt, wundert sich über den seltsamen Unterschied zwischen "du hast gesagt" und "du bist gesagt", und zwischen "du hast geschwommen" und "du bist geschwommen". In England sagen sie durchweg "you have said" und "you have swum". Nur Haben. Kein Sein.

Bin, bist, ist, sind, seid. Diese Wörter, so scheint mir, verlangt das Deutsche nur auf Bildern der Fortbewegung. Ich bin geklettert. Nicht: Ich habe geklettert. Du bist gewandert, statt du hast gewandert. Sie ist gekrochen. Wir sind gereist. Ihr seid gelaufen. Nicht: Haben gekrochen, haben gereist, habt gelaufen.

Ähnlich wie im Englischen, fühlt sich das Haben an wie etwas abgeschlossenes, während das Sein eine fortlaufende Linie zieht.

Bin die Straße entlang getrötet; habe am Ende getrötet.

Interessanterweise verbleiben Geburt und Tod im Deutschen nicht auf der Haben-Seite. Sondern sie bleiben auf der Linie des Seins, der Fortbewegung.

Nicht: Er hat geboren, er hat gestorben.

Sondern:

Er ist geboren. Am Montag.
Er ist gekrochen. Zum Schnuller.
Ist geschwommen.
Ist gefahren.
Ist gelaufen.
Ist geflüchtet.
Ist gestorben. Am Mittwoch. (Sechzig Jahre später.)

Er hat viel gehört.
Hat viel gesehen.
Hat viel gespielt.

Aber er hat nicht fortgelaufen. Er ist fortgelaufen.

Also läuft er vielleicht noch.

(Seine Muttersprache: Deutsch.)


Doppelpunkte sind und waren deine Helfer beim zeitfreien Sprechen.
Doppelpunkte: Deine Helfer beim zeitfreien Sprechen.


Er: Ein wahrer guter alter Freund.

assoziationen: töten, trösten – und hier macht es einen unterschied:

ich habe getötet – ich bin getötet.

ich habe getröstet – ich bin getröstet.

törööö!