sand geritzt ODER gestern, heute, morgen.

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noel
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Beitragvon noel » 17.12.2006, 16:35

sand geritzt ODER gestern, heute, morgen.


- gestern –

als augen hoffnung liderten
malte ich mondlicht in dein haar
fand ich mich
in fremden
in räumen
kurz
legte sich nackter hunger
in die distanz

- heute -

in deinen augen blühen rosen
die ich nicht säte

deine lippen netzen worte
die ich nicht sprach

deine gesten bilden räume
die ich betreten
nur säume

- morgen –

schweig ich in mein kissen
bis der morgen graut
& ich am boden
nach w.orten suche
den tag zu träumen
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.12.2006, 11:44

Liebe noel,
da du den Text auch hier noch eingestellt hast, schriebe ich mich mal hier drunter...ich find den Text einfach nur gelungen und berührend, gerade weil ihn ihm die Eigenwilligkeit an einigen Stellen inhaltlich "auftaut", der text hat für mich genau die richtige "Dosierung" an Sprachdichte, um ihn nahe zu treten.

Gleich zu Anfang schön, die Assoziation zu "Augen liderten" = Augen liNderten. Etwas irritiert mich der "nackte Hunger", weil das schwer positiv zu lesen ist, aber wohl doch so gemeint ist, beim zweiten Hingucken gefällt mir das aber sogar, in der Lust ist schon der Schmerz mit inbegriffen...

In der Mitte frag ich mich dann, ob das Wortpaar "Rosen säen" nicht eher ungewöhnlich ist, Rosen werden eher gepflanzt...haben Rosen überhaupt samen (ohje..ja? nein? ich weiß nichts über die Rosenzucht...;-))..man kann das Wortpaar auch als extra gesetzt lesen...nicht Weizen oder ähnliches wird gesät, sondern etwas weniger ertragsreiches (fürs lyr. Ich), etwas rein ästhetisch Fassbares)....aber das könnte auch das Bild der Rosen allein schaffen...daher vielleicht "die ich nicht setzte/pflanzte/zog"?

Die dritte Strophe dann das Erschaffen/Leben in/einer Welt "anstatt"

....(ich möchte jetzt keine Inhaltsangabe von 1,2 und 3 machen, dein Gedicht sagt das viel einfühlsamer und dichter)

Dein Gedicht erinnert mich an das Bild, das mir immer zu dem Titel "The Catcher in the rye" hatte, nur das es hier ein Wortfeld ist, in der es auf die Suche geht...

Ich liebe diese in eine andere Wirklichkeit geschlagenen Wünsche...
Sehr sehr gelungen....wie sagst du immer: Chapeau :-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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noel
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Beitragvon noel » 18.12.2006, 16:44

wertes wesen
gern gelesen

schön wie du in worten anskizzierst
ohne final kanten, befriedungen zu erschaffen

merci winkelwahrerin

noel

axo
zu den rosen
es ging nur säen
veilleicht noch pflanzte
aber rein des klanges & des inhärenten ausdruckes
kam mir nichts anderes aus den fingern getippt denn säen
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Gast

Beitragvon Gast » 20.12.2006, 11:54

Liebe noel,

das ist wunderbar, wie du das Wunschräumen eingefangen hast und ihm im zeitlichen Ablauf deinen Ton gegeben hast, sozusagen deinen Stempel aufgedrückt hast.
Das "Augen liderten" springt ins Auge, ;-) klar , fragt sich die Leserin, wieso hat das noch niemand geschrieben? Oder zumindestens habe ich es noch nie gelesen.
Den "nackten Hunger" finde ich sehr passend und lese ihn gerade "in der Distanz" als offene Begierde (körperlich zu lieben).
Das "nackt" könnte zwar darauf deuten, dass möglicherweise, abgewiesen - verletzt werden, in der Entfernung (mit)schwingt.
Schön auch das "Schweigen ins Kissen"... erinnert ein wenig an "ins Kissen geweint", ist aber nicht abgegriffen.
Ach, überhaupt, es bedürfte der ausführlichen Erwähnung, von so vielen Formulierungen...
Was ich überlegen würde, wäre: ob die Reime sein müssen und ob Räume wiederholt werden muss.
Es sind halt oft gehörte: Räume, Träume, säume...
Nichts desto trotz es gefällt mir und das wunderbar s. o. wird nicht geschmälert hierdurch.

Liebe grüße
Gerda

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 20.12.2006, 14:19

Liebe Gerda,
das hast du schön gesagt:

Das "nackt" könnte zwar darauf deuten, dass möglicherweise, abgewiesen - verletzt werden, in der Entfernung (mit)schwingt.


genau so wollte ich es auch sagen....

Immer noch ein wunderbarer Text, meine erste wahl diesen Monat.

Liebe Grüße,
Lisa
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noel
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Beitragvon noel » 20.12.2006, 17:25

*whow

ich bin erfreut
besonders
weil in einem mr auch sehr nahen forum dieser text als zu `gewöhnlich´ & nicht
noel-typisch bezeichnet wurde.... aber ganz ohne arg war der kommentar.

merci gerda
lisa *knicksendimOffverschwindend
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aram
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Beitragvon aram » 08.01.2007, 05:35

liebe noel,

nein, 'gewöhnlich' ist dieser text keineswegs - dass er es nicht ist zeigt sich aber erst auf der (feineren) inhaltlichen ebene - und auf die muss man sich einlassen (können)

danke
aram
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l. cohen

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noel
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Beitragvon noel » 23.01.2007, 20:58

:banana_1:

ich danke dir
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