Lieber Last,
ich habe nun schon etwas gebrütet über diesen Text und ich weiß nicht, ob es etwas taugt, aber zumindest
ist ein Kommentier-Ei dabei herausgekommen
.
Ich glaube, du nimmst Bezug auf das "Wolf im Schafspelz"-Bild und wendest es neu, womit wohl endgültig bewiesen sein sollte, dass das bei dir kein Zufall ist, dieses Stilmittel gefällt mir sehr, sehr gut!
Ich verstehe es so:
Jemand versucht mit den Regeln der Gesellschaft/der anderen konform zu gehen, nach ihnen zu handeln, ja mehr noch, das lyr. Ich sagt: "Spreche ich nur noch von Regeln" - nach außen also, behauptet es sogar diese Regeln, (hat, um vorzugreifen, seine Sprache damit auch verloren (Sprache steht hier für mich für das Intellektuelle, was sich voll angepasst hat).
Die Krallen einzig (das Körperliche/das ursprüngliche/das Emotionale) kämpfen noch gegen diese Anpassung an, brechen sie heimlich (das lyr. ich kann trotz aller Versuche, das nicht unterdrücken, will es vielleicht auch nicht). Das heißt, das lyr. Ich verhält sich wie ein Wolf im Schafspelz, was es gegenüber den anderen behauptet, tut es nicht/ stimmt nicht mit dem überein, was (manchmal) durchkommt.
Schön wie dann durch das Ende der gesamte Wolfs im Schafspelz aber gewendet wird - nicht das lyr. ich stellt sich als Täuscher aller anderen heraus, sondern nur als der, der versucht, wie alle andere auch sein Fell zu tragen, es aber nicht ganz vermag (es scheint zu beobachten, dass die anderen ihr Fell leichter tragen, ohne diese widersprüchlichen Krallen, ob es ihm nur so scheint oder es wirklich so ist, bleibt offen, ich denke das lyr. Ich steht für bestimmte Menschen...eine ganze gruppe...).
Natürlich denke ich, dass der Text so gesellschaftlich auch gut auf "Homo homini lupus" ("Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf") von Hobbes anspielt und auf das gesamte entworfene Prinzip von Hobbes in seinem Leviathan.
So verstanden könnte der Text nicht nur "ironisch"+ ausgrenzend, abgrenzend gelesen werden, sondern zugleich als Eingeständnis des lyr. Ichs, dass es wirklich versuchen will, sein Fell zu tragen, sich aber nicht alles an ihm dazu entschließen kann, es auch zu tun, es (bisher) nur zur Teilen gelingt.
Mit Hobbes konform gehend bittet es daher darum, sein Fell nicht zu Wolle zu spinnen, es ihm nicht wegzunehmen (ihn nicht aufzugeben, ihm zu glauben, dass er es versucht), da es es versuchen will, ja so zu versuchen (besonders eindringlich dann:
ich versuche es
mit eurer Haut. ...es handelt sich also nicht um ein übergeworfenes Fell, sondern um die Haut, also etwas, was nicht einfach so mehr abgenommen werden kann...der Versuch, mit den anderen konform zu gehen, die Verhlatensweisen, regeln und Spielregeln der anderen, sind längst so Teil des lyr. Ichs, dass es nicht einfach so das Fell geschoren bekommen könnte.
Das "schaut nicht darunter" macht dann noch einmal deutlich, wie allein das lyr. Ich bleiben muss, um konform sein zu können, wie viel es sich verstecken muss, wie viel es von sich verstecken muss (~alles~), um das Spiel mitzugehen.
Eine für mich geniale Auseinandersetzung mit der Idee Hobbes (und nun direkt darauf bezogen oder nicht), dass für die Menschen ein Staat, eine Gesellschaft nötig ist, um sich gegenseitig nicht zu töten, im ständigem Krieg zu sein, aber dass diese Einsicht trotzdem nicht verhindern kann, weil dieses Anpassen auch unterdrücken oder zumindest zurückhalten bedeutet, dass (bestimmte) Individuen immer alleine bleiben werden.
So habe ich deinen Text gelesen und mir hat diese Lesart sehr gefallen! Sprachlich habe ich nichts zu bemängeln, einzig an der Setzung könnte man sich noch probieren.
Liebe Grüße,
Lisa