im windschatten
erstickten lachens
fügt sich ein hölzernes gesicht:
lidlose astlöcher
die blicke leeren
dunkel
über klaffendem mundriss
wachen
atmende trümmer
verborgen unter
eilfertig verbundenen maserungen
nägel
suchen sich vergeblich
in jahresringe
einzugraben
hinterlassen
nicht einen kratzer
im verzogenen grinsen
der maske
(15.8.04)
wooden face
Hallo,
hab jetzt noch nichts oder nur wenig verstanden, daher nur zwei Sachen:
kann ein Gesicht sich IN etwas fügen (1. Strophe) - rein grammtisch?
Ich mag die zentrierte Setzung nicht (geht mir nicht nur hier so, du machst das ja glaub ich oft?)? Dadurch wird der Text in meinen Augen so bedeutungshascherig, springt mir in die Augen, als wolle er mir dieselben auskraten - und ich gucke weg.
Wenn man für einzelne Worte/Verse/Schlussätze Begründungen hat, sollte man das auch für die Setzung haben. Hast du eine überzeugende?
lg
klara
hab jetzt noch nichts oder nur wenig verstanden, daher nur zwei Sachen:
kann ein Gesicht sich IN etwas fügen (1. Strophe) - rein grammtisch?
Ich mag die zentrierte Setzung nicht (geht mir nicht nur hier so, du machst das ja glaub ich oft?)? Dadurch wird der Text in meinen Augen so bedeutungshascherig, springt mir in die Augen, als wolle er mir dieselben auskraten - und ich gucke weg.
Wenn man für einzelne Worte/Verse/Schlussätze Begründungen hat, sollte man das auch für die Setzung haben. Hast du eine überzeugende?
lg
klara
Liebe Pandora,
ich finde es erstaunlich, dass Du schon vor 2 1/2 jahren wusstest, dass unser Februarthema 2007 "Masken" sein würde. Das Gefühl, das Du hier beschreibst, dieses Auffinden von gesichtern im Dunkeln (ich liebe es meinen Kleiderständer als mann im Dunkeln zu sehen), kenne ich gut.
ich würde hier überlegen, ob das "hölzern" nicht schon vieles vorwegnimmt - nur wenn man die Gesichter im Spiel sieht, sind sie ja hölzern, lässt man sich drauf ein, so wriken sie echt.
das gefällt mir, besonders das klaffende Mundriss.
das auch
Hier ist mir nicht klar: werde in die Nögel denn jetzt eingeschlagen oder früher, und wieso sieht man sie dann noch?
Wäre nicht "des Gesichts" auch möglich? ...
Liebe Grüße
max
ich finde es erstaunlich, dass Du schon vor 2 1/2 jahren wusstest, dass unser Februarthema 2007 "Masken" sein würde. Das Gefühl, das Du hier beschreibst, dieses Auffinden von gesichtern im Dunkeln (ich liebe es meinen Kleiderständer als mann im Dunkeln zu sehen), kenne ich gut.
im windschatten
erstickten lachens
fügt sich ein hölzernes gesicht:
ich würde hier überlegen, ob das "hölzern" nicht schon vieles vorwegnimmt - nur wenn man die Gesichter im Spiel sieht, sind sie ja hölzern, lässt man sich drauf ein, so wriken sie echt.
lidlose astlöcher
die blicke leeren
dunkel über klaffendem
mundriss
wachen
das gefällt mir, besonders das klaffende Mundriss.
atmende trümmer
verborgen unter
eilfertig verbundenen maserungen
das auch
nägel
suchen sich vergeblich
in jahresringe
einzugraben
Hier ist mir nicht klar: werde in die Nögel denn jetzt eingeschlagen oder früher, und wieso sieht man sie dann noch?
hinterlassen
nicht einen kratzer
im verzogenen grinsen
der maske
Wäre nicht "des Gesichts" auch möglich? ...
Liebe Grüße
max
Liebe pandora,
ich lese die Maske als Metapher (vielleicht anhand einer realen Maske, die Anlass zu der Idee gab,wiederum geschrieben (?)) und nicht als Tatsachenmaske.
Ich stelle mir vor, wie jemand vor dem Spiegel steht und in sein Gesicht blickt und sieht, was mit seinem Gesicht passiert ist (oder es innerlich fühlt in einem bestimmten Moment)
im windschatten finde ich besonders treffend lokalisiert, eine Maske, die auf das erstickte Lachen folgt, welches die Vorarbeit für das Verstecken liefert und danach unter weniger Energieaufwand getragen werden kann, die (traurige) Vorarbeit ist getan. Den Schatten kann man dann noch einmal als Einzelbild lesen (Abbild/Dunkelheit)
Hier gefällt mir die doppelte Lesbarkeit der zweiten Zeile, einmal als Anschluss an die vorherige und damit als Eigenbeschreibung des Maskentragenden und zum anderen als gleichzeitige Konsequenz für die anderen/das andere....das durch solch ein Zurückhalten/Verstecken alles andere auch seiner Lebendigkeit und Greifbarkeit entleert wird.
Hier könnte ich mir wegen zeilenübergreifenden Doppellesen auch vorstellen:
gibt mehr facetten, die obere setzung ist für mich nicht motiviert
ungewöhnliche Kombination, die dadurch sehr bewusst gelesen wird und wirkt
verborgen unter
eilfertig verbundenen maserungen
das verbunden in Kombination mit Maserungen gefällt mit intuitiv nicht. Wenn ich darüber nachdenke, dass verbunden auch anders gemeint sein kann, nämlich, dass die Masrungen (sich) eilfertig verbunden haben (untereinander!), dann ist es stimmig, trotzdem bleibt ein Hauch von "Unruhe" an der Stelle für mich zurück (wenn das überhaupt so gemeint ist).
Den Schlussteil finde ich dann komplett gelungen, ich finde auch, dass "Maske" am Ende passt.
Es wird versucht die Maske abzunehmen, aber es gelingt nicht, nicht einmal der Versuch bleibt sichtbar (der Schmerz es zu versuchen, wird von niemandem gesehen, die selbst zugefügten Wunden dabei).
Das Gesicht lacht nicht mehr, die Maske grinst.
Eine Entwicklung, die für viele Erfahrungen stehen kann, die die Menschen machen, wenn sie aufwachsen (Anpassung/Selbstschutz...). Sie könnte aber auch das Lachen selbst behandeln (ich kenne es zumindest sehr gut, das eigene "unschuldige" Lachen zu unterdrücken und zu einem Grinsen zu verunkultivieren).
Ich weiß ja, dass du nicht oft Texte zentral setzt, dass du da sehr wohl unterscheidest. Ich finde es bei diesem Text gelungen, das gedrungene, überhöht Befangene kommt für mich so gut zum Ausdruck. Eine sehr ansprechende und sprachlich starke Umsetzung des klassischen Maskenthemas. Mir gefällt es sehr.
Liebe Grüße,
Lisa
ich lese die Maske als Metapher (vielleicht anhand einer realen Maske, die Anlass zu der Idee gab,wiederum geschrieben (?)) und nicht als Tatsachenmaske.
Ich stelle mir vor, wie jemand vor dem Spiegel steht und in sein Gesicht blickt und sieht, was mit seinem Gesicht passiert ist (oder es innerlich fühlt in einem bestimmten Moment)
im windschatten
erstickten lachens
fügt sich ein hölzernes gesicht:
im windschatten finde ich besonders treffend lokalisiert, eine Maske, die auf das erstickte Lachen folgt, welches die Vorarbeit für das Verstecken liefert und danach unter weniger Energieaufwand getragen werden kann, die (traurige) Vorarbeit ist getan. Den Schatten kann man dann noch einmal als Einzelbild lesen (Abbild/Dunkelheit)
lidlose astlöcher
die blicke leeren
Hier gefällt mir die doppelte Lesbarkeit der zweiten Zeile, einmal als Anschluss an die vorherige und damit als Eigenbeschreibung des Maskentragenden und zum anderen als gleichzeitige Konsequenz für die anderen/das andere....das durch solch ein Zurückhalten/Verstecken alles andere auch seiner Lebendigkeit und Greifbarkeit entleert wird.
dunkel über klaffendem
mundriss
wachen
Hier könnte ich mir wegen zeilenübergreifenden Doppellesen auch vorstellen:
dunkel
über klaffendem mundriss
wachen
gibt mehr facetten, die obere setzung ist für mich nicht motiviert
atmende trümmer
ungewöhnliche Kombination, die dadurch sehr bewusst gelesen wird und wirkt
verborgen unter
eilfertig verbundenen maserungen
das verbunden in Kombination mit Maserungen gefällt mit intuitiv nicht. Wenn ich darüber nachdenke, dass verbunden auch anders gemeint sein kann, nämlich, dass die Masrungen (sich) eilfertig verbunden haben (untereinander!), dann ist es stimmig, trotzdem bleibt ein Hauch von "Unruhe" an der Stelle für mich zurück (wenn das überhaupt so gemeint ist).
Den Schlussteil finde ich dann komplett gelungen, ich finde auch, dass "Maske" am Ende passt.
Es wird versucht die Maske abzunehmen, aber es gelingt nicht, nicht einmal der Versuch bleibt sichtbar (der Schmerz es zu versuchen, wird von niemandem gesehen, die selbst zugefügten Wunden dabei).
Das Gesicht lacht nicht mehr, die Maske grinst.
Eine Entwicklung, die für viele Erfahrungen stehen kann, die die Menschen machen, wenn sie aufwachsen (Anpassung/Selbstschutz...). Sie könnte aber auch das Lachen selbst behandeln (ich kenne es zumindest sehr gut, das eigene "unschuldige" Lachen zu unterdrücken und zu einem Grinsen zu verunkultivieren).
Ich weiß ja, dass du nicht oft Texte zentral setzt, dass du da sehr wohl unterscheidest. Ich finde es bei diesem Text gelungen, das gedrungene, überhöht Befangene kommt für mich so gut zum Ausdruck. Eine sehr ansprechende und sprachlich starke Umsetzung des klassischen Maskenthemas. Mir gefällt es sehr.
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
liebe klara, lieber max, liebe lisa,
danke fürs lesen und kommentieren.
@ klara: wo? wo fügt sich ein hölzernes gesicht? antwort: im windschatten. was ist daran grammatisch falsch?
ich setze meine gedichte nicht immer zentral. in diesem falle, um das starre zu betonen.
@max: meine fahrlehrer sprach einst von "vorausschauendem fahren" . das fiel mir schwer, damals. "vorausschauend dichten" kann ich besser.
du hast recht, "hölzern" nimmt einiges vorweg. zum einen gab es aber einen konkreten schreibanlass, ein cd-cover von CROWDED HOUSE. zum anderen ging es mir darum, zu beschreiben, wie das LYRich seine verletzungen verbirgt, hinter etwas festem, soliden. holz in dem falle.
@ lisa: was soll ich schreiben? wenn ich meine gedichte in 50 jahren herausbringe, bitte ich dich, das vorwort zu schreiben. deinem vorschlag, den mundriss betreffend, bin ich gefolgt.
liebe grüße
peh
danke fürs lesen und kommentieren.
@ klara: wo? wo fügt sich ein hölzernes gesicht? antwort: im windschatten. was ist daran grammatisch falsch?
ich setze meine gedichte nicht immer zentral. in diesem falle, um das starre zu betonen.
@max: meine fahrlehrer sprach einst von "vorausschauendem fahren" . das fiel mir schwer, damals. "vorausschauend dichten" kann ich besser.
du hast recht, "hölzern" nimmt einiges vorweg. zum einen gab es aber einen konkreten schreibanlass, ein cd-cover von CROWDED HOUSE. zum anderen ging es mir darum, zu beschreiben, wie das LYRich seine verletzungen verbirgt, hinter etwas festem, soliden. holz in dem falle.
@ lisa: was soll ich schreiben? wenn ich meine gedichte in 50 jahren herausbringe, bitte ich dich, das vorwort zu schreiben. deinem vorschlag, den mundriss betreffend, bin ich gefolgt.
liebe grüße
peh
Liebe pandora,
sehr eindrucksvoll, wie du mit dem Masken (schon bereits 2004) umgegangen bist.
für mich ein sehr starker Text, der mir wahre Assoziationsketten eröffnet.
Zum einen, der Spaziergang im Wald, in dem manche knorrigen Bäume, wahre Maskengeischter haben.
Das Fratzenhaftezwischen den Zeilen, führt mich dann zu Holzmasken der Naturvölker, (weil ich die knorrigen Bäume immer als freundlich ansehe) manche der großen auch noch grell angemalten tradtionellen Masken als fremd und angsteinflößend empfinde.
Aber du bleibst, ja im Bild des Baums, erwähnst Astlöcher und Jahresringe, das heißt, dass du eine nicht so freundlich schauenden Variante beschreibst.
Das ist die Bildebene, die andere, die darunterliegt, lese ich als das heraus, als Menschen, die sich ihr Leben lang hinter einer Maske quälen, weil sie es nicht schaffen, frei zu werden von Zwängen, ohne Maske völlig unsicher sind, auch niemanden haben, der ihnen die Maske abreißt oder hilft zu erkennen, wie gut es ohne Maske sein kann.
Meine Interpretation,
liebe Grüße
Gerda
sehr eindrucksvoll, wie du mit dem Masken (schon bereits 2004) umgegangen bist.
für mich ein sehr starker Text, der mir wahre Assoziationsketten eröffnet.
Zum einen, der Spaziergang im Wald, in dem manche knorrigen Bäume, wahre Maskengeischter haben.
Das Fratzenhaftezwischen den Zeilen, führt mich dann zu Holzmasken der Naturvölker, (weil ich die knorrigen Bäume immer als freundlich ansehe) manche der großen auch noch grell angemalten tradtionellen Masken als fremd und angsteinflößend empfinde.
Aber du bleibst, ja im Bild des Baums, erwähnst Astlöcher und Jahresringe, das heißt, dass du eine nicht so freundlich schauenden Variante beschreibst.
Das ist die Bildebene, die andere, die darunterliegt, lese ich als das heraus, als Menschen, die sich ihr Leben lang hinter einer Maske quälen, weil sie es nicht schaffen, frei zu werden von Zwängen, ohne Maske völlig unsicher sind, auch niemanden haben, der ihnen die Maske abreißt oder hilft zu erkennen, wie gut es ohne Maske sein kann.
Meine Interpretation,
liebe Grüße
Gerda
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