weiß wie

Gast

Beitragvon Gast » 13.03.2007, 11:22

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, dass ihre Texte gelöscht werden. Dieser Bitte kommt die Administration nach.

Max

Beitragvon Max » 13.03.2007, 20:35

Liebe Gerda,

selbst nachdem ich das Gedicht nun seit heute Mittag zum dritten Mal gelesen habe, ist mir nicht ganz klar, wie ich die letzte Strophe verstehen soll. Ist es ein rein chronologisches ... erst hatte er das gelesen von dieser Frau und dann hörte es auf .. oder ist es eher ein "dann würde es aufhören". Im ersten Falle frage ich mich: Ja und dann? das heißt mir fehlt ein wenig das Ende dieser Geschichte, im zweiten Falle, finde ich die letzte Strophe zu doppeldeutig. Wie Du siehst kämpfe ich noch, aber vielleicht bekomme ich ja Hilfe?

Liebe Grüße
max

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annette
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Beitragvon annette » 13.03.2007, 21:00

Liebe Gerda,

ich verstehe die von Max angefragte Zeile als "dann würde es aufhören": Wenn er die Märchenprinzessen gerettet haben würde, wäre er ein Held und alle würden ihn bewundern.

Mir gefällt die Idee, aber irgendwas scheint mir an der "Geschichte" schief zu sein - was die Figur des "er" angeht. Ich stelle mir einen kleinen Jungen vor, der Schneewittchen gerade gehört hat - aber da steht "gelesen", gut er kann also schon lesen. Mag er aber dann noch Märchen?

Irgendwie ist meine Vorstellung die, dass kleine Jungs, die Märchen mögen, noch nicht Held spielen wollen, und die, die Prinzessinnen retten wollen, sich keine Märchen mehr erzählen lassen?

Aber vielleicht täusche ich mich da. Oder der Junge ist schon nicht mehr so klein, aber die Vorstellung ist noch in ihm, wahrscheinlich ohne dass er selbst es wirklich mit Schneewittchen in Verbindung bringt?

Sprachlich gefällt mir das sehr, auch der doppeldeutige Titel!
Und schön, die Wortwahl, die einen bis zum Schluss in die Märchenwelt eintauchen lässt ("unsichtbar machen").

Lieber Gruß, annette

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.03.2007, 21:04

Liebe gerda,

ja, mir gefällt das Gedicht auch, und Annettes Deutung ebenso! Ich würde allerdings überlegen, sämtlich "wie" ersatzlos zu streichen.

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 13.03.2007, 21:09

Liebe Klara,

interessant finde ich deine Deutung vom Ende ausgehend. ;-)
Meine Intention ist zwar eine andere, aber ich finde durchaus, dass eine deine Interpretation genauso möglich ist.
Ob die von dir vorgeschlagene Setzung, dieses Schlussteils

es
hörte dann auf
dass er sich unsichtbar machen musste


meine Intention nicht schwächt, überlege ich noch.

Klara hat geschrieben:Jetzt fällt mir gerade noch eine andere Deutung ein:
Von jetzt, erwachsen, zurück in die Kindheit. Wenn man da etwas fände - bräuchte er sich nicht mehr unsichtbar machen zu müssen? "sie" wäre in dem Fall die Kindheit... aber das ist wahrscheinlich ein klassischer Fall von Überinterpretation.


Auch diese Idee, ja, warum nicht. Ich kann nur "Danke" sagen für die auführlichen Gedanken. :smile:

Klara hat geschrieben: Das ganze Gedicht ist doch ein "wie" - !


Ja, Klara, das hast du sehr schön gesagt, so sehe ich es auch.

Liebe Grüße
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.03.2007, 21:19

Liebe Klara,

ich finde, das "wie" wegzulassen, würde das Deutungsspektrum erweitern. Ich kann es gar nicht genau erklären, das sagt mein Gefühl...Für mich liest es sich ohne "wie" einfach viel weiter und weicher, irgendwie sensibler. Ohne dass was verloren geht, im Gegenteil...

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 13.03.2007, 21:33

Ja, es hätte auch was, Leonie...

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.03.2007, 21:39

Lieber Gerda,

Berührend. Ich sehe den kleinen Jungen, der sich unsichtbar macht, Angst hat, wachsen durch Liebe zu einer wie - Prinzessin.

Das einzige, was ich verändern wollte ist das
Dann. Ich würde schreiben:

So hörte es auf.

Ich mag es sehr! Und die wie sind absolut wichtig für die Aussage, meine ich.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 13.03.2007, 22:04

Liebe Gerda,

das ist süß. Natürlich muss ich es ein wenig anders lesen als die Damen, die vor mir hier schon einiges kommentiert haben.

Auch große Jungs glauben noch an Märchen. Sie lernen durch Geschichten und Märchen ihre Wünschen kennen. Dann brechen sie auf in die weite, weite Welt, um gerettet zu werden.

Ich erinnere noch einmal an die DDR-Märchenfilme, in denen EMANZIPIERTE Frauen vorkommen, die ihre Prinzen retten oder an der Nase herumführen. Selten ist es in diesen tollen Filmen anders herum.

Unser Prinz hier sucht eine Frau, die ihn zu dem macht, was er ist. Ganz anders, als unsere moderne Ideologie es uns vorschreibt. Heute lernt man ja: Sei eine Monade! Sei Du selbst! Werde unausstehlich in Deiner Individualität.

Hier aber könnte man fast mit Karoline von Günderrode sagen:

Eins im andern sich zu finden,
dass der Zweiheit Grenzen schwinden
und des Daseins Pein. (Aus dem Kopf zitiert)

Ein hübsches Gedicht

Grüße

Paul

(P.S.: Du hast Dich doch wohl nicht auf mein Baum-Gedicht bezogen?!)

Gast

Beitragvon Gast » 14.03.2007, 23:58

Lieber Paul,

deine Interpretation finde ich gelungen in zweifacher Hinsicht: außergewöhnlich und sehr nahe dran am Text.
Es stört mich keineswegs, dass meine Intention eine andere ist, denn wenn du es so liest und es dir offenbar gefällt, was kann meinem Text Besseres geschehen. :smile:
Ich danke dir herzlich; auch für den Hinweis auf Karoline von Günderrode, die ich bisher nur dem Namen nach kannte und deren kurzes Leben und Werk mir doch interessant erscheinen.
Es ist dein Text: Kindheit, der mich im Lyr. Dialog inspirierte, den du auch eingeständig im Monatsthema gepostet hast. Ich möchte aber nicht erklären, weshalb. Das ist mein kl. Geheimnis. ;-)

Liebe Elsa,

vielen Dank für dein dich Einfühlen, ich werde es einmal für mich (im stillen Kämmerlein) mit dem „so“ probieren, ich bin unsicher, ob es mir gefallen wird und die Intention trägt. Hinzu kommt der Stabreim dann/dass, der den Klang unterstreicht den ich im Ohr haben möchte. :smile:

Liebe leonie,

die „wies“ weglassen, auf die Idee muss frau erst Mal kommen … ;-) Aber ich bin nicht sicher ob ich das möchte, denn es soll natürlich an ganz bestimmte Wendungen eines bestimmten Märchens erinnern, (obwohl ich andere Ajektive gewählt habe) und dafür ist bei meiner Intention das „wie“ unerlässlich …Warum der Texte ohne „wies“ sensibler“ wäre nach deinem Dafürhalten würde mich interessieren.
Vielen Dank für deine Überlegungen.

Liebe annette,

annette hat geschrieben: ich verstehe die von Max angefragte Zeile als "dann würde es aufhören": Wenn er die Märchenprinzessen gerettet haben würde, wäre er ein Held und alle würden ihn bewundern

Vielleicht wird es enttäuschend, wenn ich ein wenig von meiner Intention preisgebe.
Es geht nicht um einen Helden. Es geht um Sehnsucht und deren Erfüllung außerhalb des täglichen Kinderlebens, die als unerreichbar rein und schön vom „er“ betrachtet wird.

annette hat geschrieben: Mir gefällt die Idee, aber irgendwas scheint mir an der "Geschichte" schief zu sein - was die Figur des "er" angeht. Ich stelle mir einen kleinen Jungen vor, der Schneewittchen gerade gehört hat - aber da steht "gelesen", gut er kann also schon lesen. Mag er aber dann noch Märchen?


Dass du herausgefunden hast, dass etwas schief ist, das finde ich großartig, :daumen: denn es ist Einiges schief…
Es handelt sich um einen kleinen Jungen der schon lesen kann. Vielleicht hätte ich ihn besser, (einem Erzähler) zuhören lassen sollen …
Aber das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass er aus seiner Welt ausbrechen möchte, in der er sich oft unsichtbar macht im übertragenen Sinn. Es gibt etwas in seinem Leben, das er aushält weil er sich denkt unsichtbar zu sein.
Mehr kann und möchte ich jetzt erst einmal nicht auflösen…
annette hat geschrieben: Sprachlich gefällt mir das sehr, auch der doppeldeutige Titel!
Und schön, die Wortwahl, die einen bis zum Schluss in die Märchenwelt eintauchen lässt ("unsichtbar machen").

Vielen Dank, das tut gut zu hören/lesen. Es hat sich für mich fast wie von selbst gefügt.


Lieber Max,

nun hast du glaube ich schon eine Menge Hilfe erhalten, ohne, dass ich mich anstrengen musste.
Ich danke dir, dass du etwas zum Text geschrieben hast. Bestimmt hast du dadurch den „Stein ins Rollen“ gebracht. :smile:
Besonders In der Antwort an annette habe ich einiges an Erläuterungen geschrieben.

Vielen Dank hier noch einmal an Alle
und eine gute Nacht
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 15.03.2007, 00:04

Liebe Klara,

ich danke dir für deine Interpretation, mit der ich mich gern näher auseinandersetzen möchte, denn sie trifft meine Intention - und auch wieder nicht. ;-)

Ich schaffe, das jetzt nicht mehr, aber im Lauf des Tages bestimmt.

Liebe Nachtgrüße - bis später

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leonie
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Beitragvon leonie » 15.03.2007, 15:10

Liebe gerda,

ich finde, oft gewinnen Bilder, sie werden stärker, wenn man das "wie" weglässt. Deshalb schaue ich bei jedem "wie", ob es nicht wegfallen kann...So war es für mich nicht schwer, darauf zu kommen. Aber Dein Argument leuchtet mir auch ein! Im Märchen steht das "wie" nunmal drin...
Warum sensibler? Es klingt in meinen Ohren irgendwie "zarter" ohne die "wie". Vielleicht eine ganz persönliche Einschätzung?

Liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 17.03.2007, 00:30

Liebe Klara,

interessant finde ich deine Deutung vom Ende ausgehend. ;-)
Meine Intention ist zwar eine andere, aber ich finde durchaus, dass eine deine Interpretation genauso möglich ist.
Ob die von dir vorgeschlagene Setzung, dieses Schlussteils

es
hörte dann auf
dass er sich unsichtbar machen musste


meine Intention nicht schwächt, überlege ich noch.

Klara hat geschrieben:Jetzt fällt mir gerade noch eine andere Deutung ein:
Von jetzt, erwachsen, zurück in die Kindheit. Wenn man da etwas fände - bräuchte er sich nicht mehr unsichtbar machen zu müssen? "sie" wäre in dem Fall die Kindheit... aber das ist wahrscheinlich ein klassischer Fall von Überinterpretation.


Auch diese Idee, ja, warum nicht. Ich kann nur "Danke" sagen für die auführlichen Gedanken. :smile:

Klara hat geschrieben: Das ganze Gedicht ist doch ein "wie" - !


Ja, Klara, das hast du sehr schön gesagt, so sehe ich es auch.

Liebe Nachtgrüße
Gerda

WICHTIG: Eine PN an dich ist unterwegs, weil ich versehentlich deinen Beitrag oben editiert habe. :icon_redface2:


Liebe leonie,

vielen Dank für die Erklärung, jetzt versteh ich was du meinst. Bei meinem Text, kann ich, wie ich schon schrieb nicht darauf verzichten.
Klara hat es schön formuliert: Es ist ein Wie-Gedicht.

Liebe Nachtgrüße
Gerda


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