digitalized
Verfasst: 05.04.2007, 01:06
Digitalized
Vers. 050407
Es war ein Himmel, der aus den Prozessen entstanden war, ähnlich einem grauen Morgenhimmel, hoch über den Städten, hoch über den Dingen, hoch über den Menschen. Der Raum schien unermesslich; die Zeit ein Stillstand. Jedes schien verschwunden; das Nahe aufgelöst; das Einzelne lose. Es herrschte eine Sprache, die ein Geräusch war, Worte, Bilder, Fluten an Worten und Bildern, die sich über die Gegenstände bogen in die unabsehbare Ferne.
Ich stand in einer Hotelhalle. Um mich herum fuhren Staubsauger in einem scheinbar sinnvollen Durcheinander. Ich war eines, ein Gummibaum, ein letztes einer anderen Zeit, und hatte Furcht, hinausgeworfen zu werden. Denn es begann etwas Neues, wir würden „digitalisiert“ werden, das war ein normales Wort, eigentlich war es ein schreckliches Wort, es hatte einen sehr sauberen Klang, und seltsamerweise hatte es mit einer Fütterung zu tun, irgendein Wesen sollte kommen, ein hungriges Wesen, der Raum war dafür bereit, die Ankunft schien bestimmt, und als das Wesen dann kam, öffnete man ihm alle Türen.
Es schien beschäftigt, es schien kindlich, es war tatsächlich hungrig, es ernährte sich vom Raum, und es fraß so viel, als es eben brauchte, und es brauchte allen Raum. Es durchdrang die Gegenstände, es durchdrang die Luft, es fiel in das Licht ein, es durchdrang die Schatten – wie ich aber bemerkte, wurden manche Stellen freigelassen; ich hatte Glück, ich stand weiter hinten im Raum, und eben dort wurde dem Wesen etwas entzogen, eine Art Struktur, und das Wesen stockte, seine „Keimzellen“ verharrten, es blieb wie abgebrochene Waben stehen, schillernd herrlich vor kalter Farben.
Bis in meine Beine war die Digitalisierung vorgedrungen, sie brachen sich wie in einem Wasser. In meiner Nähe stand ein Schaukelstuhl, der wippte, und mir fiel auf, dass irgend eines an ihm verschwunden war. Er selbst war ganz in jenem Wesen, und es erschien so überaus absurd, dass er noch wippte, und wie er wippte. Er hatte irgend eines verloren.
Bei der Ankunft des Wesens hatte aus dem Hintergrund eine Frauenstimme gesprochen. Das Wesen schien von ihr geführt; sie sprach Anweisungen, die ich erst nicht verstand; wie ich aber hörte, hatte sie den Raum unterteilt, und je dann, wenn das Wesen eine der Unterteilungen passierte, setzte die Frau eine entsprechende Zahl hinzu. Die Unterteilungen nannte sie „corner“, die Zahlen gingen in die Tausende, auf jede Zahl folgte das Wort „digitalized“. Das Wesen trieb diese wie Sekunden voran, aber die Frau hatte keine Mühe und sprach in leichtem Ton.
Ich wusste nicht, warum ich mich immer noch fürchtete, schließlich war es ein ganz normaler Prozess, er war einer von vielen, nicht der erste. Er war nur eine Übersetzung. Er war die Übersetzung der Kontur in die gebrochene Kontur; der Gestalt in die gebrochene Gestalt. Es lag eine abgeschlossene, nicht zu verkehrende Logik darin, dass das Wesen kam, dass es den Raum digitalisierte. Die Digitalisierung wurde nicht als Verlust begriffen; es gab manchen, der sie als Verklärung verstand. Am Ende wurde der Raum nur bereinigt, und war er nicht viel heller geworden, war er nicht aufgewertet, alles Licht, aller Schatten war festgehalten, gleichsam sorgfältig aufgezeichnet. Es gab mich jetzt, wie ich mich nie verstanden hatte. Dort, zu meinen Füßen, schwebte ein Bild. Meine Augen waren gezeichnet, mein Mund war still.
Vers. 050407
Es war ein Himmel, der aus den Prozessen entstanden war, ähnlich einem grauen Morgenhimmel, hoch über den Städten, hoch über den Dingen, hoch über den Menschen. Der Raum schien unermesslich; die Zeit ein Stillstand. Jedes schien verschwunden; das Nahe aufgelöst; das Einzelne lose. Es herrschte eine Sprache, die ein Geräusch war, Worte, Bilder, Fluten an Worten und Bildern, die sich über die Gegenstände bogen in die unabsehbare Ferne.
Ich stand in einer Hotelhalle. Um mich herum fuhren Staubsauger in einem scheinbar sinnvollen Durcheinander. Ich war eines, ein Gummibaum, ein letztes einer anderen Zeit, und hatte Furcht, hinausgeworfen zu werden. Denn es begann etwas Neues, wir würden „digitalisiert“ werden, das war ein normales Wort, eigentlich war es ein schreckliches Wort, es hatte einen sehr sauberen Klang, und seltsamerweise hatte es mit einer Fütterung zu tun, irgendein Wesen sollte kommen, ein hungriges Wesen, der Raum war dafür bereit, die Ankunft schien bestimmt, und als das Wesen dann kam, öffnete man ihm alle Türen.
Es schien beschäftigt, es schien kindlich, es war tatsächlich hungrig, es ernährte sich vom Raum, und es fraß so viel, als es eben brauchte, und es brauchte allen Raum. Es durchdrang die Gegenstände, es durchdrang die Luft, es fiel in das Licht ein, es durchdrang die Schatten – wie ich aber bemerkte, wurden manche Stellen freigelassen; ich hatte Glück, ich stand weiter hinten im Raum, und eben dort wurde dem Wesen etwas entzogen, eine Art Struktur, und das Wesen stockte, seine „Keimzellen“ verharrten, es blieb wie abgebrochene Waben stehen, schillernd herrlich vor kalter Farben.
Bis in meine Beine war die Digitalisierung vorgedrungen, sie brachen sich wie in einem Wasser. In meiner Nähe stand ein Schaukelstuhl, der wippte, und mir fiel auf, dass irgend eines an ihm verschwunden war. Er selbst war ganz in jenem Wesen, und es erschien so überaus absurd, dass er noch wippte, und wie er wippte. Er hatte irgend eines verloren.
Bei der Ankunft des Wesens hatte aus dem Hintergrund eine Frauenstimme gesprochen. Das Wesen schien von ihr geführt; sie sprach Anweisungen, die ich erst nicht verstand; wie ich aber hörte, hatte sie den Raum unterteilt, und je dann, wenn das Wesen eine der Unterteilungen passierte, setzte die Frau eine entsprechende Zahl hinzu. Die Unterteilungen nannte sie „corner“, die Zahlen gingen in die Tausende, auf jede Zahl folgte das Wort „digitalized“. Das Wesen trieb diese wie Sekunden voran, aber die Frau hatte keine Mühe und sprach in leichtem Ton.
Ich wusste nicht, warum ich mich immer noch fürchtete, schließlich war es ein ganz normaler Prozess, er war einer von vielen, nicht der erste. Er war nur eine Übersetzung. Er war die Übersetzung der Kontur in die gebrochene Kontur; der Gestalt in die gebrochene Gestalt. Es lag eine abgeschlossene, nicht zu verkehrende Logik darin, dass das Wesen kam, dass es den Raum digitalisierte. Die Digitalisierung wurde nicht als Verlust begriffen; es gab manchen, der sie als Verklärung verstand. Am Ende wurde der Raum nur bereinigt, und war er nicht viel heller geworden, war er nicht aufgewertet, alles Licht, aller Schatten war festgehalten, gleichsam sorgfältig aufgezeichnet. Es gab mich jetzt, wie ich mich nie verstanden hatte. Dort, zu meinen Füßen, schwebte ein Bild. Meine Augen waren gezeichnet, mein Mund war still.