berlin – amsterdam

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.12.2008, 23:05

2. Fassung


    berlin – amsterdam

    derweil in berlin die mauer fiel
    aß ich fisch in amsterdam

    zuvor riss ich die meine nieder
    mit wehendem haar

    obwohl es mich schnürte
    zu verlassen ein kleines leben

    im berliner sommer darauf erklang
    the wall in mauerresten

    der amsterdamer zuckerbub
    war längst nicht mehr bei mir


Danke smile, Mucki und Lisa für die Anregungen!


1. Fassung

derweil in Berlin die Mauer fiel
aß ich Fisch in Amsterdam

zuvor riss ich meine Mauer
nieder in gestellter Frechheit

Angst schnürte mich zu
verlassen ein kleines Leben

im Berliner Sommer darauf erklang
Roger Waters Wall in Mauerresten

Der Amsterdamer Zuckerbub
war längst nicht mehr bei mir

by ELsa
Zuletzt geändert von Elsa am 21.12.2008, 18:21, insgesamt 3-mal geändert.
Schreiben ist atmen

scarlett

Beitragvon scarlett » 14.12.2008, 15:02

Liebe Elsa,

mir gefällt, wie du hier ein persönliches Schicksal mit Geschichte verbindest.
Der Stil, den du hierfür gewählt hast, berichtend, distanziert, reihend, hebt das Gedicht aus der "Betroffenheitsfalle" - das ist sehr gut gelungen.

Ich lese es so, dass das LI einem Du folgend, die eigene Mauer überwindet, die Hürde zum Erwachsenwerden nimmt, eigene Wege geht, auch wenn die Angst ihm dabei die Kehle zuzuschnüren droht - dazu passt die "Frechheit", dieses trotzige "allein ich will!" der jungen Leute.
Tja und das Ende von dat Janze ... das Ende vom Lied - parallel gesetzt zu den Mauerresten und the Wall - finde ich ebenfalls gelungen.

Allein das "derweil" am Anfang - das mag ich nicht.
Ich weiß zwar mittlerweile, dass das ein sehr altes Wort ist und wohl nicht überall so häufig zu hören ist wie bei uns, aber ich empfinde es hier einfach nicht so schön.
Ich nehme an, dass du es schon bewusst gewählt hast - passend zur Frechheit junger Leute? zu ihrem Sprachgebaren? Ja, das mag der Grund sein ... und dennoch ...
Bin gespannt, wie das andere sehen.

Alles Liebe,
Monika

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.12.2008, 17:26

Liebe Elsa,

scarlett hat mir meinen Satz geklaut :-( (böse scarlett!)


mir gefällt, wie du hier ein persönliches Schicksal mit Geschichte verbindest.


mir auch! Wobei ich sagen muss, dass ich bei deinem Erzähltalent auch darauf gespannt wäre, wie du das in einer Geschichte in größerer Ausführlichkeit machen würdest - ich könnte mir vorstellen, dass das viel einem nahe bringen könnte?! (was nicht heißt, dass das Gedicht nicht auch daneben stehen soll! Beides ist spannend!)

Diese Stelle:

nieder in gestellter Frechheit

Angst schnürte mich zu


finde ich noch zu erklärend - das ist für mich im Vergleich mit dem Rest noch nicht unbedingt Text mit lyrischem Charakter.

Toller Ansatz! Hätte ich politisch etwas mitbekommen, hätte ich es auch so versucht!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.12.2008, 17:39

Liebe Elsie,

wieder eine andere, neue Perspektive. Fein finde ich das. Zudem taucht hier die eigene, innere Mauer (eine andere Mauer) zum ersten Mal auf.
Und diese Einflechtung hier gefällt mir sehr:
im Berliner Sommer darauf erklang
Roger Waters Wall in Mauerresten

Saludos
Mucki
P.S.:
Mit dem Einwand zu "Angst schnürte mich zu" stimme ich Lisa zu. Vielleicht kannst du dies etwas abstrakter ausdrücken.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.12.2008, 10:42

Hallo Elsa,

ein interessantes Gedicht, das mit wenigen Worten doch eine Geschichte umfängt. Ich bin mal im Gedicht.

derweil in Berlin die Mauer fiel
aß ich Fisch in Amsterdam

Das ist ein wunderbar szenischer Einstieg.

zuvor riss ich meine Mauer
nieder in gestellter Frechheit

hier weiß ich nicht, braucht es die Wiederholung der Mauer? „gestellte“ Frechheit klingt mir irgendwie zu erklärend, auch der Zeilenumbruch erscheint mir hier noch nicht ganz gelungen, weil in den anderen Verspaaren die einzelnen Zeilen jeweils eigenständig sind. Ich würde mir hier ein Bild wünschen, etwas, das das Mauereinreißen und die geschauspielerte Frechheit zeigt.

Angst schnürte mich zu
verlassen ein kleines Leben

Das gefällt mir hingegen sehr, wobei ich für mich die Zeilenumbrüche/ Betonungen anders (Intentionsfern?) setzen würde

Angst schnürte
mich zu verlassen
(m)ein kleines Leben

im Berliner Sommer darauf erklang
Roger Waters Wall in Mauerresten

Ich bin kein Fan von echten Namen in Gedichten, das hat immer so etwas Geschichtsunterrichtsmäßiges. .-) Und vielleicht muss es ja gar nicht so konkret sein. Allein das „englische“ hat doch schon einen schönen Zusammenhang/Zusammenklang und auch die Mauer, die den Mauerresten gegenübergestellt wird. So wäre es Interpretationsoffener.

im Berliner Sommer erklang
the wall in Mauerresten

Der Amsterdamer Zuckerbub
war längst nicht mehr bei mir

*lach, was ist ein Zuckerbub?
Ich würde hier ein „und“ voranstellen, aber das ist sicher geschmackssache.

Schön, wie Geschichte hier nebenbei passiert.

liebe Grüße
smile


edit: ohh, oder gehören die Zeilen zusammen??? Das ergäbe dann natürlich einen ganz anderen Sinn.

verlassen ein kleines Leben
im Berliner Sommer darauf erklang

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.12.2008, 14:16

Nur ganz kurz auf die Schnelle sage ich vielen Dank für die interessanten/hilfreichen Kommentare von Monika, Mucki, Lisa, smile, weil es mir einen Hinweis gibt, dass der Text im Prinzip nicht übel ist, fein!

Ich werde mal nachdenken und sehen, was ich da noch zusammenkriege.

Liebe Grüße
ELsa

edit: Ja, Lisa, das ist eine schöne Idee! Eine Geschichte daraus ... mhm.
Danke!
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.12.2008, 23:43

Liebe Monika, Mucki, Lisa, smile,

ich habe eine neue Fassung probiert, die oben steht. Danke für die Anmerkungen und bitte weitere, sollte noch was ....

Monika, ich mag "derweil" richtig gern, weiß nicht, ob ich das verändern kann.

Achja, smile, du fragtest, was "Zuckerbub" ist. Das sagen wir in Wien zu besonders hübschen Knaben, die sich aber bals als Schlitzohren herausstellen :-)

Lieben Dank für Lob und Kritik noch einmal,
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.12.2008, 01:27

Liebe Elsie,

das hier hat wunderbar gewonnen:
zuvor riss ich meine nieder
mit wehendem haar

Insgesamt ist es klasse geworden! Einzig das "obwohl" in diesem Teil empfinde ich als unlyrisch.
obwohl es mich schnürte
zu verlassen ein kleines leben

Mir fällt jedoch ad hoc kein Ersatz dafür ein. Dieses "obwohl" bzw. die Aussage darin, ist natürlich wichtig, da man es sonst falsch interpretiert. Vielleicht ginge:

es schnürte mich zu verlassen
ein kleines leben


Was meinst du?
Saludos
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 19.12.2008, 21:06

Hallo Elsa,

fein, die Kleinschreibung tut dem Gedicht gut, auch das wehende Haar. Das "obwohl" störte mich zuerst auch, ich glaube, weil es die Zeilenanfänge so gleichschaltet. Derweil... Zuvor... Obwohl... Aber hier passiert mir etwas erstaunliches, wenn ich mir das Gedicht dann mit deiner Stimme und deinem besonderen Sprachklang vorstelle, passt plötzlich alles zusammen. Will heißen, ich würde es gerne von dir hören. :o)
zuvor riss ich meine nieder

in der Zeile will ich allerdings beharrlich immer noch ein "die" hineinlesen
"zuvor riss ich die meine nieder" klingt mir besser.

liebe Grüße
smile

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 19.12.2008, 22:50

Liebe Mucki, liebe smile,

danke euch, freu mich dass es gewonnen hat.

Nun habe ich das "die" echt vergessen, das wird/muss rein.

Und fürs obwohl gibt es oben auch eine Variante, zu der ich neige.

Lesen, hm? Ok, ich werde das versuchen *kopfkratz* mal sehen, ob es geht.

Lieben Dank und Grüße
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.12.2008, 23:50

Liebe Elsie,

zwischen
es schnürte mich wohl
zu verlassen ein kleines leben

und
obwohl es mich schnürte
zu verlassen ein kleines leben

und

Angst schnürte mich zu
verlassen ein kleines Leben

aus der 1. Fassung

besteht m.E. ein ziemlicher Unterschied, meinst du nicht?
Vielleicht solltest du es wirklich mal lesen, damit man es besser beurteilen kann?
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 20.12.2008, 00:01

Liebe Mucki,

ja, da ist ein Unterschied, klar. Die 3. Version schnürte mich wohl ist abgeklärter, aber ich meine, es passt besser zu der Entscheidung, mit wehenden Haaren abzuhauen.

Das "wohl" ist nur ein kleines Zögern, wenn man so will. Zumindest ist das derzeit meine Gefühlsauffassung von "damals" ;-)

Ich werde es lesen, um es klären zu können, ja.

Danke dir!

Lieben Gruß
Elsie
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 06.01.2009, 20:10

Huhu Elsa,

(nur die 2te Fassung gelesen und keinen Kommentar)

mir gefällt, wie sich im Text die persönliche „Dramaturgie“ mit der des Mauerfalls vermischt und das ganz unaufdringlich und in selbstverständlicher Natürlichkeit, sozusagen gleichberechtigt. Das finde ich berührend, weil es so wahr und lebensnah ist.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 07.01.2009, 22:50

Vielen liebe Dank, Nifl!

*hüpf*

ELsa
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