Nie soll ich wagen dir die Lippen nicht zu küssen

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
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Sofia
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Beitragvon Sofia » 01.04.2018, 15:42

So pflücke ich dir die Blumen aus dem Munde, bette mir den Traum und verliere, verliere jedwede Form; einzig Kontur gebe ich mir deinem Kusse nach, um die Angst zu vertreiben, um zu bleiben, dort, wo du und nimmer weichst.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 20.10.2021, 22:37

das ist ein seltsamer text,

die titelzeile ist mir vorhin zufällig ins auge gesprungen,
diese doppelte verneinung....
die löst so erste spontane assoziationen in mir aus,
das kann ein drama andeuten..

halbwegs drei tage abstand lässt jegliche contenance ein bischen ums gesicht blass werden,
der text, der dieser ungewöhnlichen prologzeile folgt, ist für mich reichlich rätselhaft,
er fängt ungemein lyrisch an, dann, je länger der satz andauert, desto mehr kippt in ihm die stimmung,

den satz allein schon find ich ziemlich ungewöhnlich,
nein, nicht seine länge,
hab schon eine handvoll sätze gelesen,
bei dem würde ich meine hand ins feuer legen,
dass an dem sprichwort, dass alles schon geschrieben ist nur noch nicht von jedem,
weniger dran ist, als allgemein behauptet wird,

jedenfalls scheint es mir bei diesem satz um einen ziemlich introvertierten zu handeln,
ich glaub auch nicht, dass er mit klassischen codes spielt, die sich die literaturszene im laufe der jahrhunderte so angeeigenet hat, sprich blumensprache und alle ihre näheren und weiteren verwandten und entfernt weltsprachlich verschwägerten,

das, was da drin zu lesen ist, hört sich ziemlich intensiv an, vielleicht deshalb, weil es voll realistisch beschreibt, um schließlich erneut in in einer doppelten verneinung zu enden, nichts genaues weiss man nach dem lesen doch nicht,

als leser will ich schon wissen, mit welchen gedanken, gefühlen, geschehnissen ein solcher satz spielt, was er mit seinem klang und seinen worten umschreiben will,
der da steht hier auf der bühne und spielt einen Part, der die Wahrheit dahinter ein bischen schleiert, er deutet und dreht pirouetten, und lässt so spekulationen allerhand raum, da ist mir dann doch als leser lieber ein pferd, dass mich im vollgalopp mitnimmt,

er erinnert mich ein bischen an ein halb-abstraktes bild aus worten, es hört sich ein bischen malerisch an, was da geschrieben steht, dass wiederum macht den text meinen antennen nach authentisch.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 21.10.2021, 04:53

Ich finde das auch authentisch, obwohl die Sprache "umodern" theatralisch ist. Da kann mal wieder sehen, das Echtheit nicht notwendig an Alltagssprachlerei gebunden sein muss. Warum finde ich das echt? Vielleicht weil der Inhalt für mich wohlüberlegt erscheint, und dies eine gewisse innerliche Ernsthaftigkeit voraussetzt; das heißt, die Angelegenheit ist echt angetrieben und nicht frei erfunden. Und der Stil ist nun mal klassisch-musikalisch. Auch Klassik kann selbstverständlich echt-emotional sein, das ist ja absolut klar. Bei manchen fein interpretierten Klassikern laufen mir die Tränen.

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Sofia
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Beitragvon Sofia » 17.11.2021, 07:04

Lang ist es her, dass ich diesen Satz las und durch euch wirkt er auf mich nun auf eine andere Art und Weise, das find ich wirklich schön. Ich nahm eine objektivere Haltung ein und verstehe dich gut, jonboy, indem du sagst, dass ich hierbei, wie sooft, die Wahrheit ein Stück weit verschleiere und man als Leser nicht genau weiß, worum es geht, jedoch auch spürt, dass dieses Stück Lyrik echt ist. Auch sehe ich es so, Pjotr, dass meine Sprache "unmodern theatralisch" ist. Ich weiß nicht woher das kommt...seitdem ich schreibe ist es so. Dies ist einfach der Ausdruck meiner Seele, nehme ich an.

Es ist tatsächlich so, dass ich mich verstecke in meiner Kunst; sie bietet mir den Schutz, den ich brauche und ich hoffe immer, der Leser oder Betrachter (wenn es denn um die Malerei geht) öffnet sich dafür und reist beispielsweise einfach mit, in all den Bildern, die ich erzeuge. Fühlen, nicht verstehen ist wohl das, was ich mir erhoffe.

Ich dank euch!
Liebe Grüße
Sofia


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