deo volente
Verfasst: 15.12.2007, 19:14
c atb
deo volente
vater unser, der du bist, einmal wollt ich dich besuchen. hatten uns schon lang nicht mehr gesehn. musste dann an deiner tür warten, du warst unterwegs im himmel. hast damals noch dein einkommen gehabt. damit wolltest du dich amüsieren, gingst aus, hast dich durch die gassen gesoffen, hast es grad so deine treppen hochgeschafft. weiß noch, wie du mich da sitzen sahst, auf einer deiner stufen vor deiner tür. du hast mir zugerufen, geheiligt werde dein name, seit wann haben wir uns nicht gesehen, und ich hab nichts gesagt. dann musst ich doch was sagen, deswegen war ich doch zu dir gekommen, hab gesagt, du riskierst den rest, der dir geblieben ist. hab gesagt, wenn du nicht da bist, wenn du gebraucht wirst, wer, glaubst du, wird dich dann irgendwann noch brauchen? zunächst wird man dich nicht feuern. aber du rutscht eine etage tiefer. und das geld wird weniger, aber dir wirds genügen fürs erste. du wirst dich wie gewohnt amüsieren wollen. dein reich komme zu dir und wenn es nicht kommt, gehst du aus und suchst es. und das die ganze nacht. und am morgen bist du nicht da. ich hatte dich angeschaut, aber du hast getan, als würdest du die papiere auf deinem tisch ordnen. ich hatte mich an dein ohr geneigt, hatte geflüstert, vielleicht wirst du dich bessern und du wirst pünktlich am morgen zur arbeit erscheinen. aber wenn du in der nacht weg warst, ich kenn das ja, du wirst nie so da sein, wie man dich braucht. du wirst augenringe haben oder nach pisse stinken oder du wirst dein herz vermissen. so klappt das nicht mit dem job, glaub mir. man wird dich für nutzlos halten. erst recht mit der frisur.
wir hatten uns dann eine ewigkeit nicht mehr gesehen. du hattest nicht mehr mit mir geredet und für mich war es kein wunder, als sie dich dann eines tages nicht mehr ins büro ließen. man hatte mir erzählt, du seist zwar pünktlich da gewesen, aber du wärst nutzlos geworden. da hast du mir leid getan. ich bin los, hatte dich gesucht, hatte dich, ein zufall wars, auf der straße getroffen. und du guckst hoch, merkst gar nicht, dass ich auf dich zugeh. heut falln keine sterntaler vom himmel, du kannst noch so lang hochstarren. ja, da warst du sauer. als ich das gesagt hab, da warst du so sauer, als hätt ich dein spiel kaputt gemacht. und du hast mir entgegnet, dein wille geschehe, ich habe dich aber nicht verstanden. was meinst du, habe ich gefragt und diesen knoten in der brust gespürt. du hast ihnen gesagt, dass ich in der nacht verschwinde, dass ich umher ziehe wie ein geist, dass ich in den gassen lebe wie im himmel. und wie ein geist bist du verschwunden.
und dann wars irgendwie aus. ich hatte dich nicht mehr getroffen, weder hast du im kino in der hinteren reihe gesessen, noch habe ich dein spiegelbild in einem schaufenster gefunden. deine adresse gehörte nicht mehr dir, andere leute sind eingezogen, ich wollte sie nie kennen lernen. deinen namen hat es nicht mehr gegeben. ich habe menschen getroffen, habe sie nach dir gefragt, sie wussten nicht, wer du bist. ich habe menschen getroffen, ich habe dich beschrieben, wie du bist und auch deine komische frisur. sie haben an ihrer zigarette gezogen und gesagt, doch ja, so einem bin ich schon mal begegnet, der stolpert durch seine tage, macht bekanntschaft mit dem boden, schläft auch manchmal dort, und hat spass dabei, den kurzröckigen paar münzen für was längeres zu geben. bei denen fühlt er sich wohl, haben die menschen gesagt. und das in dem alter, haben sie hinzugefügt. zog nachts durch die straßen, in dem alter! ich habe mich zum ersten mal gefragt, wie alt du eigentlich bist.
ich stelle mir vor, wie du mit kurzröckigen zusammensitzt an irgendeinem tisch, oder einfach so, auf pflastersteinen und du erzählst, das hast du immer gern getan, du erzählst, du wärst eigentlich reich, nur würde man deinen reichtum nicht anerkennen und deswegen wärst du mittellos so auf erden. ich stelle mir vor, ihr seid so etwas wie freunde, ihr sprecht gemeinsam einen fremden an und du bittest, unser tägliches brot gib uns heute, und wenn der fremde nichts gibt, zieht ihr weiter zum nächsten. ich stelle mir vor, deine haare sind jetzt lang und du schlurfst durch die straßen in hausschuhen, denn da wohnst du nun. und wenn du jemanden triffst, den du kennst, tust du, als hättest du ihn vergessen.
ich frage mich, wie viele haben dich gesehen und dich nicht erkannt? und wie oft hast du dann getan, als hättest du ihre gesichter vergessen? hab ich dich gesehen und dich nicht erkannt? wir sind bestimmt an dir vorbei gegangen, wir, die dich einmal gekannt hatten, vergib uns unsere schuld, und wir haben dich nicht wieder erkannt. ich bin mir fast sicher.
nun muss ich dich finden, zu dir hin gehen. ich habe mir vorgenommen zu verlernen, dich nach deinem tun zu bewerten. wie auch wir vergeben unseren schuldigen, und ich habe beschlossen, dir zu helfen. ich habe mir gesagt, dass deine tage unendlich wären, ein fluss wären sie geworden, ein rausch aus dunkel und licht. du würdest darin tauchen und schwimmen. aber du hattest nie gelernt, wie man da raus kann, du hattest nie gedacht, führe uns nicht in versuchung.
und dann verging die zeit und ich hab gar nicht mehr an dich gedacht, der kopf war mir plötzlich so voll. das war die zeit, ja, da liefs so gut wie noch nie. da war alles in blüte und es roch nach weihrauch. ja, da gabs keine not, sondern erlöse uns von allem bösen.
und jetzt haben die angerufen. die haben zu mir gesagt, kommse mal, sie hatten doch mal so einen gesucht. wir haben den gefunden. und ich war überzeugt, ich solle zu dir kommen, denn dein ist das reich geworden und du wolltest, dass ich mich für dich freue, denn es wäre alles wie damals, als wir uns täglich ins gesicht sahen. und ich habe mich gefreut, ich habe mich gefragt, ob du dir wohl die haare geschnitten hättest.
ich bin zu denen hin und die haben gesagt, eine, die wär dein glück, die hätt dich gefunden, wie du im fremden bett lagst, dein kopf, umkranzt von langen haaren, deine stirn, feucht vom schweiß. hattest das bewusstsein verloren und die kraft.
und jetzt, als könnt ich was dafür, sagen mir die ärzte, dass dein zustand, aber du warst ja mal kräftiger als ich! dein zustand, aber ich hatte gedacht, du würdest mich nicht kennen wollen! dein zustand, aber ich wollte dir ja helfen! dein zustand, sagen die ärzte, der wär bedenklich. und fast fang ich an zu lachen, als ob ich nicht bedenken würd! die papiere, die du eigentlich bearbeiten würdest. die gespräche, die wir geführt haben. und die herrlichkeit, wie du ganz still da liegst. auf weißen kissen. und deine rippen kann ich zählen. und deine schuppige hand, die würd ich gerne halten. die liegt auf der decke und ich seh die nadel drin stecken, in ewigkeit.
keiner weiß, was dir gefehlt hat. nur ich. und jetzt bleibt mir nur zu beten. amen
deo volente
vater unser, der du bist, einmal wollt ich dich besuchen. hatten uns schon lang nicht mehr gesehn. musste dann an deiner tür warten, du warst unterwegs im himmel. hast damals noch dein einkommen gehabt. damit wolltest du dich amüsieren, gingst aus, hast dich durch die gassen gesoffen, hast es grad so deine treppen hochgeschafft. weiß noch, wie du mich da sitzen sahst, auf einer deiner stufen vor deiner tür. du hast mir zugerufen, geheiligt werde dein name, seit wann haben wir uns nicht gesehen, und ich hab nichts gesagt. dann musst ich doch was sagen, deswegen war ich doch zu dir gekommen, hab gesagt, du riskierst den rest, der dir geblieben ist. hab gesagt, wenn du nicht da bist, wenn du gebraucht wirst, wer, glaubst du, wird dich dann irgendwann noch brauchen? zunächst wird man dich nicht feuern. aber du rutscht eine etage tiefer. und das geld wird weniger, aber dir wirds genügen fürs erste. du wirst dich wie gewohnt amüsieren wollen. dein reich komme zu dir und wenn es nicht kommt, gehst du aus und suchst es. und das die ganze nacht. und am morgen bist du nicht da. ich hatte dich angeschaut, aber du hast getan, als würdest du die papiere auf deinem tisch ordnen. ich hatte mich an dein ohr geneigt, hatte geflüstert, vielleicht wirst du dich bessern und du wirst pünktlich am morgen zur arbeit erscheinen. aber wenn du in der nacht weg warst, ich kenn das ja, du wirst nie so da sein, wie man dich braucht. du wirst augenringe haben oder nach pisse stinken oder du wirst dein herz vermissen. so klappt das nicht mit dem job, glaub mir. man wird dich für nutzlos halten. erst recht mit der frisur.
wir hatten uns dann eine ewigkeit nicht mehr gesehen. du hattest nicht mehr mit mir geredet und für mich war es kein wunder, als sie dich dann eines tages nicht mehr ins büro ließen. man hatte mir erzählt, du seist zwar pünktlich da gewesen, aber du wärst nutzlos geworden. da hast du mir leid getan. ich bin los, hatte dich gesucht, hatte dich, ein zufall wars, auf der straße getroffen. und du guckst hoch, merkst gar nicht, dass ich auf dich zugeh. heut falln keine sterntaler vom himmel, du kannst noch so lang hochstarren. ja, da warst du sauer. als ich das gesagt hab, da warst du so sauer, als hätt ich dein spiel kaputt gemacht. und du hast mir entgegnet, dein wille geschehe, ich habe dich aber nicht verstanden. was meinst du, habe ich gefragt und diesen knoten in der brust gespürt. du hast ihnen gesagt, dass ich in der nacht verschwinde, dass ich umher ziehe wie ein geist, dass ich in den gassen lebe wie im himmel. und wie ein geist bist du verschwunden.
und dann wars irgendwie aus. ich hatte dich nicht mehr getroffen, weder hast du im kino in der hinteren reihe gesessen, noch habe ich dein spiegelbild in einem schaufenster gefunden. deine adresse gehörte nicht mehr dir, andere leute sind eingezogen, ich wollte sie nie kennen lernen. deinen namen hat es nicht mehr gegeben. ich habe menschen getroffen, habe sie nach dir gefragt, sie wussten nicht, wer du bist. ich habe menschen getroffen, ich habe dich beschrieben, wie du bist und auch deine komische frisur. sie haben an ihrer zigarette gezogen und gesagt, doch ja, so einem bin ich schon mal begegnet, der stolpert durch seine tage, macht bekanntschaft mit dem boden, schläft auch manchmal dort, und hat spass dabei, den kurzröckigen paar münzen für was längeres zu geben. bei denen fühlt er sich wohl, haben die menschen gesagt. und das in dem alter, haben sie hinzugefügt. zog nachts durch die straßen, in dem alter! ich habe mich zum ersten mal gefragt, wie alt du eigentlich bist.
ich stelle mir vor, wie du mit kurzröckigen zusammensitzt an irgendeinem tisch, oder einfach so, auf pflastersteinen und du erzählst, das hast du immer gern getan, du erzählst, du wärst eigentlich reich, nur würde man deinen reichtum nicht anerkennen und deswegen wärst du mittellos so auf erden. ich stelle mir vor, ihr seid so etwas wie freunde, ihr sprecht gemeinsam einen fremden an und du bittest, unser tägliches brot gib uns heute, und wenn der fremde nichts gibt, zieht ihr weiter zum nächsten. ich stelle mir vor, deine haare sind jetzt lang und du schlurfst durch die straßen in hausschuhen, denn da wohnst du nun. und wenn du jemanden triffst, den du kennst, tust du, als hättest du ihn vergessen.
ich frage mich, wie viele haben dich gesehen und dich nicht erkannt? und wie oft hast du dann getan, als hättest du ihre gesichter vergessen? hab ich dich gesehen und dich nicht erkannt? wir sind bestimmt an dir vorbei gegangen, wir, die dich einmal gekannt hatten, vergib uns unsere schuld, und wir haben dich nicht wieder erkannt. ich bin mir fast sicher.
nun muss ich dich finden, zu dir hin gehen. ich habe mir vorgenommen zu verlernen, dich nach deinem tun zu bewerten. wie auch wir vergeben unseren schuldigen, und ich habe beschlossen, dir zu helfen. ich habe mir gesagt, dass deine tage unendlich wären, ein fluss wären sie geworden, ein rausch aus dunkel und licht. du würdest darin tauchen und schwimmen. aber du hattest nie gelernt, wie man da raus kann, du hattest nie gedacht, führe uns nicht in versuchung.
und dann verging die zeit und ich hab gar nicht mehr an dich gedacht, der kopf war mir plötzlich so voll. das war die zeit, ja, da liefs so gut wie noch nie. da war alles in blüte und es roch nach weihrauch. ja, da gabs keine not, sondern erlöse uns von allem bösen.
und jetzt haben die angerufen. die haben zu mir gesagt, kommse mal, sie hatten doch mal so einen gesucht. wir haben den gefunden. und ich war überzeugt, ich solle zu dir kommen, denn dein ist das reich geworden und du wolltest, dass ich mich für dich freue, denn es wäre alles wie damals, als wir uns täglich ins gesicht sahen. und ich habe mich gefreut, ich habe mich gefragt, ob du dir wohl die haare geschnitten hättest.
ich bin zu denen hin und die haben gesagt, eine, die wär dein glück, die hätt dich gefunden, wie du im fremden bett lagst, dein kopf, umkranzt von langen haaren, deine stirn, feucht vom schweiß. hattest das bewusstsein verloren und die kraft.
und jetzt, als könnt ich was dafür, sagen mir die ärzte, dass dein zustand, aber du warst ja mal kräftiger als ich! dein zustand, aber ich hatte gedacht, du würdest mich nicht kennen wollen! dein zustand, aber ich wollte dir ja helfen! dein zustand, sagen die ärzte, der wär bedenklich. und fast fang ich an zu lachen, als ob ich nicht bedenken würd! die papiere, die du eigentlich bearbeiten würdest. die gespräche, die wir geführt haben. und die herrlichkeit, wie du ganz still da liegst. auf weißen kissen. und deine rippen kann ich zählen. und deine schuppige hand, die würd ich gerne halten. die liegt auf der decke und ich seh die nadel drin stecken, in ewigkeit.
keiner weiß, was dir gefehlt hat. nur ich. und jetzt bleibt mir nur zu beten. amen