Innerer Monolog

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
wonigo

Beitragvon wonigo » 02.03.2008, 21:01

Das ist die Geschichte, die letztendlich zum Preis der Bundesregierung für Behinderte geführt hat. Sie wurde mehrfach veröffentlicht und ist auf einer Audio-CD enthalten, gesprochen von der Schauspielerin Ruth Geiersberger.
Ich wollte euch den Text mal vorstellen. Wenn es gewünscht wird, kann ich die CD-Fassung einspielen.
Textbearbeitung ist nicht vorgesehen, aber eure Meinung würde mich schon sehr interessieren.
Wolfgang


Vom Duden abweichende Schreibweise ist beabsichtigt


Innerer Monolog

Innere Monologe
verweigern sich den Ohren
sind nur
mit dem Herzen hörbar

Die Mamma hat gesagt – Mark – hat die Mamma gesagt – lauf mal schnell zu Pappa in den Dicken Krug. Und da soll ich sagen – der Pappa soll nach Hause kommen – gleich – weil – der Herr Eckart ist da – wegen der Heizung – und der Pappa soll gleich nach Hause kommen.
Hat die Mamma gesagt.
Na gut, lauf ich eben zum Dicken Krug.
Der dumme Wind bläst mir ins Gesicht.
Dem Herr Schütz – dem tut der Wind nix – der Herr Schütz ist stark.
Bin ich eben Herr Schütz.
Herr Schütz sein macht Spaß – nämlich – da muss ich laufen wie Herr Schütz – hab ich schon paar Mal gemacht: Beine so auseinander – nach vorne beugen – und die Arme schwingen – immer so hin und her.
So geht Herr Schütz.
Pappa hat gesagt, Herr Schütz läuft so – weil – der hat soviel Kraft.
Jetzt bin ich Herr Schütz – ich gehe wie Herr Schütz – ich hab nämlich auch Kraft.
Wie Herr Schütz gehen ist schwer – und der dumme Wind bläst mir immer ins Gesicht. Aber ich bin stark – das bisschen Wind.
Herr Schütz ist gut und erklärt mir alles. Die andern in der Werkstatt lachen mich manchmal aus. Dann schimpft Herr Schütz mit den anderen. Herr Schütz ist nämlich der Meister und hat zu bestimmen.
Manchmal sagt Herr Schütz Mark zu mir – wie die Mamma – manchmal. Aber vielmal sagt er auch Depp – wie die anderen.
Depp ist nicht schön.
Aber die Frauen in der Werkstatt sagen immer Junge – Junge ist besser als Depp.
Manchmal sagt einer Mongole zu mir – Mamma hat gesagt, das soll der nicht – Mongole sagen ist dumm. Ich bin nicht dumm.
Bloß weil ich so ein Chromodings zuviel habe, bin ich nicht dumm, sagt die Mamma dann.
Die Mamma weiß alles und Mamma ist gut, die erklärt mir auch immer alles. Der Pappa weiß auch alles. Aber vielmal sagt er – das brauch ich nicht zu wissen.
Manchmal sagt Pappa auch, dass ich das nicht verstehen kann. Das ist nicht schön – a-ber Pappa ist nicht böse.
Mamma sagt, Pappa meint das nicht so. Das ist nur, weil er soviel arbeiten muss.
Mamma ist gut.
Herr Schütz ist auch gut.
Heute früh hat Herr Schütz gesagt – ein Theater – ein Theater!
Der Herr Chef hat nämlich den Herr Rose ausgeschimpft – weil – in seiner Werkstatt gibt es keinen Deppen. Hat er gesagt, der Herr Chef – und dann hat er noch gesagt, Herr Rose soll mich mit Namen nennen.
Dann hat der Herr Rose mit mir geschimpft.
Wegen dir hat mich der Alte angeschissen, hat er gesagt.
Angeschissen – hat Herr Rose wirklich gesagt.
Und dann hat er noch mehr geschimpft und da ist der Herr Schütz gekommen und hat zum Herr Rose gesagt er soll die Schnauze halten und seine Arbeit machen – und mich soll der Herr Rose in Ruhe lassen –
hat er gesagt.
Und dann hat Herr Schütz noch gesagt, wenn ich weiter so gut arbeite, darf ich auch mal an die große Formpresse. Da werden Teile für Autos und so gemacht.
Wichtige Arbeit. Das macht Spaß.
Und jetzt bin ich Herr Schütz. Ich gehe wie Herr Schütz und ich bin stark wie Herr Schütz.
Hier an der Kreuzung geh ich über die Straße. Muss ich auf die Ampel gucken. Bei Rot bleibe stehen – bei Grün darf ich gehen – weiß ich schon lange.
Kein Grün an der Ampel – Rot auch nicht – die Straße ist ganz leer.
Wie gestern im Fernsehen. Da war nämlich eine Straße auch ganz leer. Aber dann kam ein Sturm – Mamma hat gesagt, der Sturm heult –
dann flogen Zeitungen durch die Luft und Mülltonnen kullerten über die Straße – das war lustig –
dann kam Sand, der flog bis hoch in den Himmel –
dann wurden Bäume verbogen und manche fielen um –
dann flogen Dächer auf die Straße und ein Haus fiel ganz um –
und dann kamen Menschen gerannt – aber die fielen immer wieder hin.
Die Mamma hat gesagt – das ist aufregend und ich soll nicht weiter gucken.
Immer noch kein Grün – vielleicht hat einer die Ampel ausgeknipst – ich renne los, ehe ein Auto kommt – geschafft.
Die Straße ist immer noch ganz leer. Aber dort bei Bäcker Hensel, da ist sie ganz kaputt. Und große Haufen Steine.
Das bisschen Wind – kein Sturm wie im Fernsehen. Der Wind heult nicht.
Die Häuser in dem Film waren alle aus Holz. Die Häuser hier, die halten jeden Sturm aus – jeden – auch wenn er heult.
Die sind nämlich aus Mauern – die Häuser – da weiß ich Bescheid.
Ich war nämlich schon mal bei Herr Schütz auf der Baustelle. Herr Schütz nämlich – der baut ein Haus – mit noch anderen – die helfen ihm dabei.
Aber Herr Schütz ist der Chef!
Und bei Herr Schütz durfte ich Sand schaufeln.
An die Mischmaschine hat mich Herr Schütz nicht gelassen – schade. Mischmaschine hätte nämlich viel mehr Spaß gemacht.
Aber bei Herr Schütz macht alles Spaß.
Wo ist denn der Dicke Krug?
Ich bin schon vorbei – jetzt muss ich zurücklaufen!
Pappa – muss ich sagen – Pappa, du sollst gleich nach Hause kommen – weil – der Herr Eckart wartet nämlich – wegen der Heizung.
Schön warm hier drin – aber soviel Rauch – da sitzt Pappa und spielt Karten.
Ich war schon paar Mal hier und hab zugesehen.
Neben Pappa sitzt Herr Zierold. Schon mal hat Herr Zierold zu Pappa gesagt: Dein Depp kommt.
Da hat der Pappa mit Herr Zierold geschimpft – er soll Mark zu mir sagen – hat der Pappa gesagt.
Da hat Herr Zierold gesagt, zu seiner Herta sagt er auch nicht Häschen – er sagt Alte.
Hab ich mir gut gemerkt!
Da hat der Pappa eine ganze Weile nicht mit Herr Zierold gesprochen. Aber dann haben sie sich wieder vertragen.
Ich hab’s der Mamma erzählt – weil – ich hab das nicht verstanden, mit dem Häschen und so. Und die Mamma erklärt mir immer alles.
Da hat die Mamma gesagt, die Männer tun manchmal so als ob sie zanken – und dann lachen sie – und alles war nur Spaß.
Auf der Bank unter dem Fenster sitzt Herr Opitz. Den andern Mann kenne ich nicht.
Jetzt winkt Herr Opitz – ich soll mich neben ihn setzen und ihm beim Kartenstecken helfen – Herr Opitz nämlich – der hat nur einen Arm – und da steckt er die Karten im-mer in ein Brett.
Herr Opitz ist gut – bald so gut wie Herr Schütz.
Schon mal hab ich ihn gefragt, warum er nur einen Arm hat.
Pappa hat gesagt, so was fragt man nicht.
Aber Herr Opitz hat gesagt – ein besoffener Autofahrer hat ihn überfahren – der Auto-fahrer ist weiter gefahren – hat Herr Opitz liegen lassen. Und dann ist Herr Opitz ins Krankenhaus gekommen und da musste der Arm ab.
Und jetzt darf ich ihm immer eine Karte geben, die steckt er in das Brett. Aber ich muss aufpassen, dass die anderen die Karte nicht sehen.
Das macht Spaß.
Herr Zierold hat mir ein Bier bestellt und ich darf mit den Männern anstoßen.
Jetzt muss ich Pappa meinen Auftrag sagen – die Männer sind grade still – keiner sagt was – sonst reden die immer alle.
Du, Pappa ...
Aber Pappa winkt mit der Hand und sagt: Jetzt nicht, Junge.
Na gut, warte ich eben bisschen.
Und keiner sagt was.
Schon mal hat Pappa die Karten auf den Tisch gehaut und gesagt:
Und den – und den – und den... Und dann hat er gelacht.
Aber heute legen die Männer die Karten ganz leise auf den Tisch.
Komisch – komisch.
Komisch – komisch sagt die Mamma immer, wenn sie was nicht versteht.
Jetzt ist das Spiel aus – auf einmal reden alle wieder.
Nur Pappa nicht.
Herr Zierold sagt, der Pappa hätte gewonnen, wenn er das Ass gedrückt hätte.
Komische Sachen sagen die Männer.
Einmal hat der Pappa zu Herr Opitz gesagt: Der dümmste Bauer hat die größten Kartof-feln.
Aber Herr Opitz ist kein Bauer – kann der gar nicht – wo der doch nur einen Arm hat – und dumm ist der auch nicht – nee, dumm ist der nicht.
Und schon mal hat Herr Opitz zu Herr Zierold gesagt – er soll die Hosen runter lassen.
In der Gaststätte.
Hat der aber nicht gemacht.
Du Pappa ...
Der Pappa lässt mich nicht weiterreden.
Sei still, sagt er.
Aber die Mamma hat gesagt ...
Hör auf mit Mamma! sagt Pappa und macht ganz kleine Augen.
Wenn Pappa solche Augen macht, hat er Wut.
Mamma hat gesagt, wenn Pappa Wut hat, soll ich ihn in Ruhe lassen.
Herr Zierold sagt zu Pappa: Verloren ist verloren – sechzig Augen reichen nicht.
Komisch – komisch. Trink ich eben Bier – von Herr Zierold.
Limo schmeckt besser.
Aber das kann ich Herr Zierold nicht sagen – das ist gebettelt.
Mamma sagt, betteln darf man nicht.
Meine Augen tun weh. Alle Männer rauchen Zigaretten – nur Herr Opitz raucht Pfeife.
Der kann das gut mit seiner einen Hand.
Schon mal durfte ich Tabak in die Pfeife stecken – aber da hat Herr Opitz gesagt, ich soll nicht so fest drücken und er musste den Tabak wieder rausmachen.
An dem Tisch neben uns lachen die Männer einen aus – vielleicht hat der auch verloren.
Aber die sollen den nicht auslachen – das ist nämlich böse, einen auslachen.
Oh, da kommt Mamma – sie sucht uns.
Hallo Mamma – hier sind wir!
Pappa wird sich freuen – wenn Pappa Karten spielt, kommt Mamma nie her.
Aber die Mamma lacht nicht – sie sagt nur guten Abend zu den Männern und zu Pappa sagt sie: Wie lange soll der Eckart noch warten?
Was ist mit Eckart, will der Pappa wissen.
Wegen der Heizung, sagt die Mamma. Der Mark sollte dich holen.
Pappa sieht mich an.
Verdammter Depp, sagt er und hat immer noch so kleine Wutaugen.
Aber ich hab doch gar nichts gemacht – und verdammter Depp hat er gesagt – das darf der nicht sagen – vor den Männern darf der das nicht sagen.
Mach ich mich ganz klein.
Pappa steht auf – guckt mich böse an – er darf mich nicht hauen – der hat mich nie gehauen – nur die Jungs in unserer Straße hauen mich manchmal.
Versteck ich mich hinter Herr Opitz.
Nein, Pappa haut mich nicht, der guckt nur so komisch.
Jetzt sagt er zu den Männern: Halbe Stunde – komme ich wieder.
Und geht mit der Mamma los.
Herr Opitz zieht mich am Arm.
Komm vor, Junge, sagt er. Hilf mir mal – stopf mir die Pfeife – immer nur ein bisschen Tabak – aber nicht so feste drücken – gut so.
Jetzt zündet er die Pfeife an und nickt.
Hab ich gut gemacht.
Der andre Mann, den ich nicht mit Namen kenne, fragt ob ich noch ein Bier will. Bier schmeckt mir nicht. Aber ich will ihn nicht ärgern – nicke ich eben.
Hanna, ruft er. Bring dem Jungen noch ein Bier!
Die Männer sagen alle Junge zu mir.
Aber Pappa hat verdammter Depp gesagt.
Hat der Pappa nie gesagt – verdammter Depp.
Und vor den Männern hat er das gesagt.
Die sind alle gut – auch Herr Zierold – der guckt jetzt so komisch – wie Mamma manchmal – wenn sie sich ärgert.
Aber Pappa hat doch nicht zu Herr Zierold verdammter Depp gesagt.
Warum guckt der so komisch?
Jetzt spielen die Männer weiter – ich darf Herr Opitz wieder die Karten geben.
Nu biste mein zweiter Arm, sagt Herr Opitz.
Irgendwas rüttelt mich.
He, Junge – das ist Herr Opitz.
Bist müde – geh nach Hause – dein Pappa kommt doch nicht mehr.
Bin ich eingeschlafen?
Ich bin eingeschlafen.
Das Bier trink ich nicht aus – nur ein bisschen – dann sag ich Tschüss.
Herr Opitz gibt mir seine eine Hand.
Das ist zum Lachen, weil nämlich – das ist die falsche Hand.
Ich kann nicht durch die Tür – da steht eine Frau – hat Haare wie die Hexe im Märchen-buch – und auch so ein böses Gesicht.
Trau ich mich nicht vorbei.
Der Mantel ist ihr runtergefallen – sie bückt sich – aber sie wackelt – kriegt den Mantel nicht – immer wieder – zum Lachen.
Lach ich lieber nicht, sonst wird sie ganz böse.
Heb ich eben den Mantel auf, helf ich ihr beim Anziehen.
Vielleicht hat’s die Frau im Kreuz wie Mamma.
Mark, hat Mamma schon mal gesagt, Mark hilf mir, ich hab’s so im Kreuz.
Jetzt guckt die nicht mehr böse – sie lacht.
Vielen Dank, sagt sie. Vielen Dank, junger Mann.
Junger Mann hat sie gesagt – junger Mann hat noch niemand zu mir gesagt.
Junger Mann – junger Mann – junger Mann.
Jetzt bin ich auf der Straße gehüpft – ein junger Mann darf nicht hüpfen – ein junger Mann muss orntlich gehen.
Mamma sagt immer, geh orntlich, Junge.
Geh orntlich, junger Mann.
Aber – wie Herr Opitz kann ich gehen. Zieh ich den Arm aus der Jacke und steck den Ärmel in die Tasche. Hab ich nur einen Arm.
So geht Herr Opitz.
So geht ein junger Mann.




Zur Erinnerung
Down-Syndrom, früher Mongolismus, angeborene Störung der Embryonalentwicklung, die zu einer Fehlbildung von Geweben und Organen führt. Charakteristisch ist eine unterschiedlich ausgeprägte geistige Behinderung, schräge Augenstellung, breite Nasenwurzel und andere. Ursache: Anstatt der normalen 46 Chromosomen sind 47 vorhanden, und zwar tritt das Chromosom 21 dreifach auf (Trisomie 21).
In Deutschland kommen jährlich etwa 1200 Kinder mit dem Gendefekt Down-Syndrom zur Welt.

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.03.2008, 09:50

Sam hat geschrieben:natürlich wäre löschen doof. aber vielleicht ist ja auch das ganze prinzip des publicus doof. ist mir aber, ehrlich gesagt, mittlerweile auch egal.


Lieber Sam,

ich sehe dich grantig. Warum?

Haben wir was falsch gemacht? Wenn, dann sag es doch!

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

wonigo

Beitragvon wonigo » 08.03.2008, 11:02

Ach, ist das herrlich, mit einem Fehler ganze Heerscharen aufs Tableau zu rufen!

Publicus wegzuschmeißen halte ich für falsch. Ich muss Sam Recht geben. Als Moderator ist er angetreten, die Regeln durchzusetzen. Und er hat das in meinem Falle ganz freundlich getan, ohne mir auch nur im Geringsten auf die Zehen zu treten.
Mach dir darüber keinen Kopf, Sam. Ich erwarte sogar, dass man mich zur Ordnung ruft, wenn ich daneben trete. Ob und wieweit man über die Strenge der Regeln oder ihren Inhalt nachdenken sollte, wage ich nicht zu beurteilen.

Der, der hier nichts sagen darf.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.03.2008, 13:47

Hi Sam,
« Sam » hat folgendes geschrieben:
natürlich wäre löschen doof. aber vielleicht ist ja auch das ganze prinzip des publicus doof. ist mir aber, ehrlich gesagt, mittlerweile auch egal.

Wieso ist dir das egal, Sam? Was ist los?
Saludos
Mucki

Sam

Beitragvon Sam » 08.03.2008, 14:08

Hallo aram, Elsa, Wolfgang, Mucki,

entschuldigt bitte meinen Ausraster. Bin heute morgen offenbar mit dem falschen Bein aufgestanden. Es war nur so, dass ich mir sehr lange Gedanken darüber gemacht habe, wie ich auf Wolfgangs Kommentar reagiere. Einerseits möchte man nicht unhöflich oder respektlos sein, auf der anderen Seite aber auch nicht unfair gegenüber denjenigen, die hier schon gepostet haben und sich z.T. schweren Herzens zurückhalten mussten, etwas zu ihren Texten zu sagen.
Schließlich habe ich mir dann oben stehende Formulierung zurechtgebastelt (was mir hundertmal schwerer fällt, als eine Textkritik zu schreiben) und Wolfgang dazu noch eine erklärende PN geschrieben, alles in der Meinung damit einigermaßen moderat reagiert zu haben. Als ich dann arams und Pjotrs Kommentar gelesen habe, da war es mit dem Moderatsein bei mir allerdings erstmal vorbei.
Wie gesagt: Entschuldigt das bitte!
Lieber Aram, danke auch für deine Entschuldigung!

Ich denke, ich lasse den Faden jetzt so stehen, wie er ist. Wolfgang weiß nun Bescheid, wie das hier im Publicus läuft. Und ich hoffe, es kommen noch ein paar Besprechungen dieses überaus interessanten Textes.

Liebe Grüße

Sam

wonigo

Beitragvon wonigo » 08.03.2008, 20:53

Es tur mir leid, dass ich durch meine Unaufmerksamkeit eine solche Diskussion ausgelöst habe und ich entschuldige mich bei allen, die sich wegen mir gestritten haben.
Ob streichen oder nicht überlasse ich den Vberantwortlichen, Sam hat mir in einer PN mitgeteilt, dass er es stehen lassen will. Auch gut, obwohl ich inzwischen zu der Meinung gelangt bin, dass man solche persönliche "Befindlichkeiten" draußen lassen sollte. Aber so ist das eben - meine Haut ist an manchen Stellren immer noch ganz schön dünn - und irgendwie platzt dann was aus mir raus. Mir tut das im ersten Moment gut - andere haben damit Ärger, was ich wirklich sehr bedauere.

Sam, ich bin der Meinung, dass du alles richtig gemacht hast. Und wer nicht gelegentlich mal ausrastet, sollte die Temperatur seiner Schnauze prüfen lassen.

Der sich bessernde Wolfgang

Klara
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Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 08.03.2008, 21:21

keine Rezension, nur ein Eindruck

Der Text haut mich um wegen der "Hautnähe", die er erzeugt. Der Authentizität. Bringt nah ran wie ein Zoom. Das Vertraute und das Fremde. Das weise, dumme, ewige Kind und das Wehren. Gegen was. Das Nichtverstehen und das Wissen. Das Leben.

Alles Vorgeplänkel könnte raus, ich muss (schon gar nicht hier im Publicus!) nicht wissen, dass der Text einen Preis gewonnen hat. Ich muss nciht wissen, dass der Autor die korrekte Duden-Schreibung kennt. Ich muss vor allem nicht erklärt kriegen (und will das auch auf keinen Fall!), was mit dem Herzen hörbar ist und was nicht. Dieser Vorspann
Innere Monologe
verweigern sich den Ohren
sind nur
mit dem Herzen hörbar

trifft, wie ich rückschließe nach dessen Äußerungen, auf den Verfasser zu, nicht aber auf den Ich-Protagonisten der Erzählung. Der Vorspann verfehlt sozusagen das Thema. Und der Titel verfehlt stilistisch und perpektivisch den Text: Der Titel erklärt von außen - der Text spricht von innen. Das Wort "innerer Monolog" erscheint mir - auch als Titel - völlig fehl am Platz. Wirkt tautologisch. Ich würde als Titel etwas anderes wählen, das perspektisch und stilistisch dem Text entspricht, den Text fasst, z. B. "Jetzt bin ich".

Der gekonnt aufgebaute Spannungsbogen wird dann leider rückblickend zu viel Lärm und nichts, weil nichts passiert. IWeil's nicht so wild ist mit der Heizung. Weil nichts passiert beim Überqueren der Straße. Weil das Wasserglas über dem Erzähler nicht zerbricht, die Welt in Ordnung bleibt. Orntlich. Kein Bruch entsteht. Keine Außensicht am Gott-, Mamma-, Pappa-vertrauen kratzt. Keine Bedrohung wahrnehmbar ist. Der Text beschränkt sich sozusagen darauf, authentisch aus Sicht eines "Behinderten" zu erzählen - und wagt es doch nicht, daraus eine Geschichte zu machen, die nicht nur diese Sicht zum Thema hat, sondern Spannung nicht nur erzeugt, sondern auflöst in ein Drama.

Dennoch: beeindruckend.

Lieber Gruß
Klara

Max

Beitragvon Max » 08.03.2008, 21:44

Lieber Wonigo, lieber Sam

zunächst zu Sam, weil das am direktesten bei mir Gedächtnis ist: nein, das Prinzip des Publicus ist nicht doof ... wenn der Autor bereit bist über den Text zu diskutieren, bzw. das möchte, haben wir ja die Prosaecke. Umgekehrt finde ich es ja gut, dass Wonigo zum Text etwas schreibt.

Dass Du, Wonigo, ihn als Preisträgertext vorstellst, macht es natürlich ein wenig schwierig (aber nicht unmöglich) ihn unvoreingenommen zu lesen. Die Gefahr ist: Man liest ihn leicht zu euphorisch oder zu kritisch(übrigens sagst Du er habe

letztendlich zum Preis der Bundesregierung für Behinderte geführt


ich wusste gar nicht, dass wir eine Bundesregierung für Behinderte haben). Für mich bewegt sich d der Text auf einem schmalen Grat. Da er aus der Ichperspektive eines Jungen mit Downsyndrom geschrieben ist, kommt man als Leser (komme ich als Leser) nicht umhin mich permanent zu fragen, denkt jemand mit Downsyndrom wirklich so bzw. wie denkt er. Ich weiß es nicht .. aber dennoch gibt es Textstellen, bei denen ich diese Gedanken als "gelungen wiedergegeben empfinde", beispielsweise, wenn der Junge alles mit

Komisch – komisch.


kommentiert und dann erklärt

Komisch – komisch sagt die Mamma immer, wenn sie was nicht versteht.



Andere Stellen finde ich wieder gefährlich nahe am Klischee. Vielleicht ist wirken diese Gedanken ja auf uns auch nur so kindlich-naiv, weil die Balance zwischen Gefühl und Vernunft bei diesen Menschen anders ist. ... Wie gesagt, ich weiß es nicht.

Was aber auffällt, ist, dass die Geschichte durch eine innere Spannung fesselt. Texte dieser Länge lese ich selten am Bildschirm - diesen schon.


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