Rückblick

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
scarlett

Beitragvon scarlett » 18.10.2008, 23:42

:pfeifen:

sorry
Zuletzt geändert von scarlett am 06.11.2008, 08:08, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 19.10.2008, 12:32

Ein Rückblick, ein Dankgedicht. Vor allem ein Text, der mich auf den ersten Blick durch seine Bilder zu halten vermag, ihre Kraft ruft Freude und Staunen hervor. 'Kupfertage, die gehämmert werden', das ist schön und fordert dazu auf dem Bild in die Tiefe zu folgen. Ein Jahr, das sich in Spiegelschrift schreibt, auch hier fasziniert das Rätselhafte.

Bei längerem Nachdenken stellt sich aber ein gewisses Unbehagen ein. Dieses Unbehagen betrifft weniger die Einzelbilder - auch wenn das Gedicht vielleicht ein wenig leichter, beschwingter daherkäme, wenn die erste Strophe nicht gleich mit einem weitausholenden "Es sind" eröffnete - also etwa

"Kupfertage sommergehämmert
dünn wie Pergament"

Die hauptsächliche Kritik bezieht sich aber vielmehr auf die Aussage der Bilder und ihren Bezug zur Aussage des Textes. Was bedeutet es, dass Tage aus Kupfer sind, frage ich mich als Leser, was geschieht mit ihnen. Die Antwort des Textes ist erstaunlich: Es gibt sie,

Es sind diese Tage aus Kupfer


Strophe 1 bricht ab, ohne diesen Satz inhaltlich zu ergänzen, das Gedicht fährt aber umso
rätselhafter mit der zweiten Strophe fort.

Silbenfüllend
schreibt sich das Jahr. Aber was bedeutet das? Sind die Silben vorher leer gewesen und nun füllt sie das Jahr mit Inhalt. Aber es füllt sie in Spiegelschrift - also verkehrt? Unverständlich? Und was hat das mit den Kupfertagen zu tun? Weder schreibt man in Kupfer, noch füllt man damit. Das Gedichts schreibt sich von nun an in Spiegelschrift.

In Strophe 3 vollzieht der Text einen noch spannderen Wechsel: Es scheint ums Waldsterben zu gehen. Der Wald stirbt
vor seiner Zeit
und das lyr. Ich fragt sich (vergessen sind die Tage aus Kupfer, vergessen das Jahr in Spiegelschrift), was dann noch bleibt. Die Antwort in Strophe 4 ist eben so verblüffend wie unverständlich:

Dankbarkeit


Wäre da nicht die Widmung "Meiner Mutter" (die übrigens im Text nicht auftaucht, nur in der Forenüberschrift), von der man freilich nicht erfährt, was sie mit dem Text zu tun hat, man könnte das lyr. Ich für eine militante Waldgegnerin halten.

Was bleibt ist das Gefühl, dass da Möglichkeiten vergeben wurden, aus ein paar sehr originellen Bildern einen abgeschlossenen Text zu komponieren.

Niko

Beitragvon Niko » 22.10.2008, 20:54

hallo monika!
erster eindruck: es ist mir metrisch zu unruhig. ich bin von dir texte gewohnt, die knapp, präziseund bildreich etwas auf den punkt bringen. hier kommt es mir vor (!!!) als wäre ein wille, etwas zu schaffen, triebfeder gewesen.
doch nun im einzelnen:
Es sind diese Tage aus Kupfer gemacht
vom Sommer gehämmert so dünn
wie Pergament


"gemacht" ist mir zuviel. "so dünn" hätte ich in die letzte zeile gerückt. "es sind diese kupfernen tage" hätte mir noch mehr gefallen. es böte einen weitaus sinnlicheren einstieg.
Silbenfüllend
bis zum Rand schreibt sich
in Spiegelschrift das Jahr

silbenfüllend schreibt sich...spiegelschrift....das empfinde ich als zuviel des guten. zumindest die silben wären streichwürdig. für mich.

Was bleibt
wenn auch der Wald jetzt stirbt
vor seiner Zeit ist dieses Wort nur

Dankbarkeit


warum nicht: "wenn auch der wald stirbt / vor der zeit"? der metrik zuliebe füllen und umstellen ist nicht wirklich kunstvoll, finde ich.

der rote faden, das pergament zum, wald ist zwar erkennbar, aber wie ich finde doch etwas sehr bemüht und nicht gut genug erkennbar. da ist das kupfer anfangs wieder zu störend. (oder ich hab was nicht kapiert).
dazu kommt meine ganz persönliche allergie auf muttergedichte, die dann auch noch in vorbehaltloser dankbarkeit münden.
liebe monika....das klingt jetzt vielleicht alles ziemlich deftig. aber das resultiert aus einer verwunderung heraus, weil ich von dir gewohnt bin, immer sehr gehaltvolle texte zu lesen. hier bin ich etwas enttäuscht...

lieben gruß: Niko


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