Ein Rückblick, ein Dankgedicht. Vor allem ein Text, der mich auf den ersten Blick durch seine Bilder zu halten vermag, ihre Kraft ruft Freude und Staunen hervor. 'Kupfertage, die gehämmert werden', das ist schön und fordert dazu auf dem Bild in die Tiefe zu folgen. Ein Jahr, das sich in Spiegelschrift schreibt, auch hier fasziniert das Rätselhafte.
Bei längerem Nachdenken stellt sich aber ein gewisses Unbehagen ein. Dieses Unbehagen betrifft weniger die Einzelbilder - auch wenn das Gedicht vielleicht ein wenig leichter, beschwingter daherkäme, wenn die erste Strophe nicht gleich mit einem weitausholenden "Es sind" eröffnete - also etwa
"Kupfertage sommergehämmert
dünn wie Pergament"
Die hauptsächliche Kritik bezieht sich aber vielmehr auf die Aussage der Bilder und ihren Bezug zur Aussage des Textes. Was bedeutet es, dass Tage aus Kupfer sind, frage ich mich als Leser, was geschieht mit ihnen. Die Antwort des Textes ist erstaunlich: Es gibt sie,
Es sind diese Tage aus Kupfer
Strophe 1 bricht ab, ohne diesen Satz inhaltlich zu ergänzen, das Gedicht fährt aber umso
rätselhafter mit der zweiten Strophe fort.
Silbenfüllend
schreibt sich das Jahr. Aber was bedeutet das? Sind die Silben vorher leer gewesen und nun füllt sie das Jahr mit Inhalt. Aber es füllt sie in Spiegelschrift - also verkehrt? Unverständlich? Und was hat das mit den Kupfertagen zu tun? Weder schreibt man in Kupfer, noch füllt man damit. Das Gedichts schreibt sich von nun an in Spiegelschrift.
In Strophe 3 vollzieht der Text einen noch spannderen Wechsel: Es scheint ums Waldsterben zu gehen. Der Wald stirbt
vor seiner Zeit
und das lyr. Ich fragt sich (vergessen sind die Tage aus Kupfer, vergessen das Jahr in Spiegelschrift), was dann noch bleibt. Die Antwort in Strophe 4 ist eben so verblüffend wie unverständlich:
Dankbarkeit
Wäre da nicht die Widmung "Meiner Mutter" (die übrigens im Text nicht auftaucht, nur in der Forenüberschrift), von der man freilich nicht erfährt, was sie mit dem Text zu tun hat, man könnte das lyr. Ich für eine militante Waldgegnerin halten.
Was bleibt ist das Gefühl, dass da Möglichkeiten vergeben wurden, aus ein paar sehr originellen Bildern einen abgeschlossenen Text zu komponieren.