sieben wilde tage hab ich dir geschenkt

Der Publicus ist die Präsentationsplattform des Salons. Hier können Texte eingestellt werden, bei denen es den Autoren nicht um Textarbeit geht. Entsprechend sind hier besonders Kommentare und Diskussionen erwünscht, die über bloßes Lob oder reine Ablehnungsbekundung hinausgehen. Das Schildern von Leseeindrücken, Aufzeigen von Interpretationsansätzen, kurz Kommentare mit Rezensionscharakter verleihen dem Publicus erst seinen Gehalt
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.07.2009, 19:56

sieben wilde tage
hab ich dir geschenkt


show us the way
to the next whiskybar
oh don’t ask why


wir soffen und prügelten uns
tanzten durch unbekannte
strassen und vögelten wie köter
in hauseinfahrten zwischen müll

niemals fragte ich nach
ob du mich liebst
das wäre lächerlich gewesen

meine freunde sagten:
ein freak ist das und trotzdem
war da eine mächtigkeit in deinem lachen
ungeheuer die schatten im augenblau

als ich dann ging tobtest du
weiter durch dein leben meine
abwesenheit fiel dir gar nicht auf


by ELsa
Schreiben ist atmen

jondoy
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Beitragvon jondoy » 15.07.2009, 23:46

Ein lärmender Text. In roten Augen.


you are my accident.
seven days of temperature
fieber manometer

an der whiskasbar
lecken unsere zungen
mich vögel mich köter


meine freunde sagten.
Und trotzdem

wäre für mich eine Überschrift -

war da eine mächtigkeit.

die ich nicht überhörte.
meine abwesenheit fiel mir gar nicht auf.

deren mund resümiert im titel.

oh don`t ask me why.

Die Sprachrhytmik ist in dem Text meinem Empfinden nach eindeutig auf die Akustik hin konzipiert.

Eigentlich könnte der text in meinen Augen von der Aussage her noch reiner lauten.

Wenn dem gefolgt würde, würde die Überschrift um eine Haarlänge gekürzt ("sieben wilde tage") und das Ende.
Der Weltschmerz im Schlussakkord gouillotiniert irgendwie den Rest.
Sie sahen Larmoyant Memories.





Ich könnte genauso einen gegenteiligen schreiben.
Der würde dann beginnen mit:

Die Stille hielt mich im Arm.

Das war mein erste Gedanke, als ich den Text hörte.

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.07.2009, 07:34

"und weil es nichts gibt, woran man sich halten kann" oder: von Brecht über die Doors zur magischen Sieben

Ein wilder Text, ein Text, der das Gefühl einer ganzen Generation heraufbeschwört, exzessiv, kompromisslos, drastisch. Ein Mahagonny, in dem geregeltes Laster und zeitloses Vergnügen herrschen.
Ein Bruch mit Konventionen, LI gibt sich angepasst in diesem Spiel um Sex&Drugs&Rock&Roll. Selbstverständlich ist da die Frage nach "Liebe" lächerlich ... Allerdings auch entlarvend ... weil allein daran zu denken, das Loch im Netz offenbart. Oder das Licht am Ende der sieben schwarzen Tage. Das Jenseits der sieben Berge. Das Erwachen aus erstarrten Klischees.

Es gibt vielleicht doch etwas, woran man sich halten kann - auch wenn das LD in Elsas gut durchkomponiertem Text nicht danach handeln kann, so macht der geschickt eingesetzte Zeilensprung der letzten Strophe doch deutlich, dass zumindest eine Ahnung davon bestehen bleibt.
"als ich dann ging tobtest du" -

Illusionslos bleibt nur das LI zurück, illusionslos aber realistisch. Und ohne Weltschmerz.
Was hätte Brecht sich Besseres wünschen können?

scarlett

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noel
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Registriert: 04.08.2006

Beitragvon noel » 17.07.2009, 15:30

ich mag den text ganz arg
das sag ich hier & dort
& an jedem ort
an dem er mir zum lide kommt
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel


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