Die weisse Schlange

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Anonymus
Beiträge: 434
Registriert: 28.09.2007

Beitragvon Anonymus » 06.02.2012, 16:28

die wandernden schatten unter den kastanien tanzten und der duft von bienenhonig waberte über den büschen unten stahlblau der fluss die strasse entlang
die süßen drops im milchladen unten an der ecke das vertraute viereck der kindheit der dunkle spielzeugladen gegenüber der post mit den ausschneidebögen bilder von mädchen hübsch aufgemalt im buch aber war die zuckerhexe im verwunschenen haus mit ihrem giftzahn weiße schlangemilch im schüsselchen unten in der weißdornhecke am fluss

luftträume himmelblau schritte auf gespannten seilen ohne absturz schaumwaffeln im lechbad
wassertaucher spritzten geschrei blind in der sonne der duft von feuchtem nieder getretenem gras der heimweg über die lechbrücke voll brausender autos ein rückzug in gleißender hitze
im grastal am fluss die pfeile der jungen bedrohung im rücken erstarren in den zertrampelten gewitterblumen der himmel hallt weitet sich freier fall
der schulweg war mit glasmurmeln bestreut wir liefen mit kakaotüten immer im viereck immer im viereck
wir merkten die zeit nicht petra christiane und ich mit butterbroten im schulranzen wilden löwenzahn unter den fußsohlen und stichelnden zungen
so eine leerspannung ohne gemocht zu werden ohne wirklich bescheid zu wissen
und doch war die welt eine fahrt mit dem roller mit fliegenden haaren still lachend im wind

christiane hatte pechschwarze haare und ein schneewittchengesicht mit rotem mund vielleicht auch eine japanerin in die kirschblüte gefallen petra war die haselnußbraune unauffällig biegsam ein flüchtiges lachen singt „zwei kleine italiener aus napoli“ ich blondborstig rückwärtsgängerin (heyoka, heyoka)

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 20.02.2012, 12:42

beitrag nummer hundert dieser rubrik gewinnt für mich mit dem lesen - wirkt der erste absatz noch etwas bemüht, nicht frei von klischeehaften kombinationen (schatten-tanzen, stahl-blau, vertraut-kindheit, hübsch-aufgemalt) und unruhig/verwirrend durch die doppelung in unterschiedlichem kontext jeweils als "unten" bezeichteter stellen der abtastbewegung straße-fluss(unten)-laden-post-buch-märchenhafterealität-fluss(unten), nimmt der text ab dem zweiten absatz mit; rhythmisch, inhaltlich dicht, in schönen wortfolgen ('... seilen ohne absturz schaumwaffeln ...', 'wassertaucher spritzten geschrei blind in der sonne', 'stichelnden zungen'), kulminiert im (für mich sehr schönen) 'so eine leerspannung ohne gemocht zu werden ohne wirklich bescheid zu wissen' (wobei die anschließende metaphorische aussage an erklärlichkeit in klischeenahen bildern leider nicht vorbeikommt), um im schließenden absatz nochmal protagonistinnen und ich zu berühren/bezeichnen (gleichzeitig abspannartig und ausführend; schöne dichte!).

duktus, anschaulichkeit (ausnahme erster absatz), wortfiguren und die balance zwischen schilderung und reflexion sprechen mich an; die interpunktionsfreie setzung finde ich hier passend/angenehm; die absatzstruktur überzeugt mich nicht ganz (die zäsur zwischen 'fall' und 'der schulweg' empfinde ich nicht weniger ausgeprägt als zwischen 'wind' und 'christiane')

insgesamt für mich ein feiner, lebendiger text, mit dem ich mich gerne beschäftigt habe.

Benutzeravatar
Eule
Beiträge: 2055
Registriert: 16.04.2010

Beitragvon Eule » 20.02.2012, 19:57

Mein erster Leseeindruck war farbig und emotionell, mit Schwächen in Form und Struktur. Zuviele Adjektive, und vor allem die Doppelnennungen (Lech- , Gras-, Viereck) stören beim genaueren Lesen.
Der letzte Abschnitt wirkt aufgesetzt, im Nachhinein grellbunt koloriert und auch in der Erzählperspektive (als Dritte der Freundinnen) unglaubwürdig.
Ein Klang zum Sprachspiel.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste