zu dir

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 15.10.2012, 15:59

Einen Regenbogen rüberschicken
– zu dir –
‘ne Brücke zurück in Wind und Sonne
ich leih dir auch einen Schal

Wenn man bloß deine Schmerzen
weghexen könnte
dass deine Bettdecke dir
nicht weiter den Leib zerdrückt

Du wieder sehen kannst
in Landschaften, Lüfte ertanzen
erobern himmelhoch
uns wünschen wie früher

und unten zertreten wir den Krebs
Zuletzt geändert von Anonymus am 17.10.2012, 13:30, insgesamt 1-mal geändert.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 17.10.2012, 12:44

Hach ja ... viel gelesen und kein Kommentar, seeeehr schlechtes Zeichen. Wahrscheinlich ist hier ein schwieriges Thema zu arg banalisiert. Wahrscheinlich alltagspraktische Betroffenheitslyrik. Klar, der Anonymus hat sich ja bewusst nicht geoutet - genau aus diesen Gründen.

Aber: Er würde natürlich gern was hören. Vielleicht geht es ja doch - irgendwie. Modifiziert. Häppchenweise. Auszugsweise.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 17.10.2012, 13:15

Anonymus hat geschrieben:Wahrscheinlich alltagspraktische Betroffenheitslyrik.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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birke
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Beitragvon birke » 17.10.2012, 13:19

also, naja, für mich scheinen erste und zweite strophe nicht ganz stimmig ... in der ersten liest es sich (für mich) so, als weile das ldu nicht mehr unter den lebenden ("rüberschicken", "zurück in wind und sonne", also zurück ins leben).
in der zweiten strophe aber lese ich von einem offenbar noch lebenden ldu.
das irritiert mich etwas an diesem text.

ansonsten kommt er mir leider etwas zu direkt daher ...

lg, birke
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Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 17.10.2012, 13:29

Danke, Ferdi, deutlich wie immer. Zahn gezogen. Aber glücklicherweise hat man ja noch andere beißfähigere Zähne.

Dank auch an birke!

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.10.2012, 16:50

also ich finde, auch so ein text hat seine berechtigung, es gibt wesentliich schlechtere zum thema.
aber ist das thema denn so klar, wie es scheint?

das gewählte vokabular scheint freilich vordergründig in die richtung "unheilbare oder zumindest schreckliche krankheit" zu gehen.

dennoch muss ich sagen, dass ich diesen text auch anders lesen kann - krankhafte beziehung, die aufgefressen wurde durch etwas, das sich ausgebreitet und alles erstickt hat. ein zurück-wollen in eine zeit, die unbeschwert war, ohne schmerz, der sich ja bekanntlich nachts am heftigsten äußert ... deshalb die bettdecke.

krebs ist ja nicht nur eine krankheit, das zurück-gehen ist dem tier eigen, das zertreten wollen dessen, was die marode situation ausgelöst hat, das ungeschehen machen liegt da auf der hand.

warum ich überhaupt auf diesen gedanken gekommen bin, ist dieses lapidare "ich leih dir auch einen schal"- das mir so gar nicht zu passen scheint in den kontext. ja gut, der wind ... aber gegen den kann man sich auch durch andere kleidungsstücke schützen, vielleicht sogar effizienter, wieso ausgerechnet ein schal?

irgendetwas in mir sträubt sich dagegen, den text nur eins zu eins zu lesen, obwohl sich das natürlich aufdrängt.

na egal, ob nun völliger quatsch oder nicht, ich meine, der text an sich lässt diese andere lesart zu.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 17.10.2012, 17:35

Ich melde mich nochmal, trotz gezogenen Zahnes:

Scarlett, ja, ich hatte Folgendes im Sinn: Beim an sich eindeutigen Thema wollte ich durchaus noch andere "Töne" mitschwingen lassen. Natürlich war mir gleich klar, dass das eine ziemliche Eierei ergeben würde, die Thematik IST einfach eine heikle. Mal sehen, ob ich es - psychisch, sozusagen - schaffe, dir eine PN zu schicken.

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Beitragvon birke » 17.10.2012, 19:51

also, ganz verwerfen würd ich den text ja nun auch nicht!

ich denke mir nun, dass ja eventuell auch beide ebenen zutreffen können, die konkrete, und eben auch die von scarlett angesprochene. das würde den text ja noch mal verschärfen ...

ich frage mich auch übrigens, warum der schal nur verliehen - und nicht geschenkt wird ...

ja, ein heikles thema sicherlich.
und nicht so einfach lyrisch zu fassen.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 19.10.2012, 13:46

Ganz verwerfen würde ich den Text auch nicht.

Manchmal schreibt man auch für sich, ohne immer das kritische Publikum zu berücksichtigen. Nicht ohne Grund hat der/die VerfasserIn den Text in diesem Forum eingestellt. Ich finde, die Bilder des Regenbogens als Brücke oder des verliehenen Schals haben etwas Aufmunterndes an sich. Schließlich geht es um die Ansprache an jemand Krankes (und/oder eine kranke Beziehung).

Kann Sprache nicht auch benutzt werden, um ohne viel Tamtam und Nachdenken, Trost zu geben oder Nähe und Teilnahme darzustellen. In der Lyrik?

Ich frage mich wirklich, wie trostlos der anonyme Schreiber jetzt sein muss, nachdem er alle Zeilen durchgestrichen hat. Hoffentlich ist ihm schon etwas Neues/Besseres in den Sinn gekommen.


Viele Grüße
Dede

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Beitragvon Anonymus » 19.10.2012, 15:10

Hallo Dede!

Da sprichst du etwas Wichtiges an. Ich schreibe oft Texte zu Vergänglichkeit und Tod. Aktuell - beim Schreiben des Gedichts oben - stell(t)e ich mir allerdings die Frage, was für ein Gedicht man überhaupt jemandem schicken/ zeigen könnte, der dem Tod tatsächlich Aug' in Auge gegenüber steht. Zwar weiß ich es nicht wirklich, ich könnte mir aber vorstellen, dass die krasseren Texte nicht passen.

Ja, es IST Betroffenheitslyrik (@ ferdi). Meine Frage - 1. Kommentar - ging auch dahin, ob man etwas in diesem "Genre" insoweit optimieren kann, als es vielleicht doch hin und wieder seine (Alltags-)Berechtigung hat. Ich meine, sonst auch losgelöst von meiner eigenen Situation und Befindlichkeit schreiben zu können. Gerade deshalb habe ich aber mal versucht, es MIT bzw. IN Betroffenheit zu versuchen.

Nein, Dede, "trostlos" fühle ich mich nicht, da mir meine Position, die Genese des Gedichts klar war. Aber je mehr ich darüber nachdenke, ärgere ich mich doch über ferdis Rigorosität.

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birke
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Beitragvon birke » 19.10.2012, 15:34

Anonymus hat geschrieben:... stell(t)e ich mir allerdings die Frage, was für ein Gedicht man überhaupt jemandem schicken/ zeigen könnte, der dem Tod tatsächlich Aug' in Auge gegenüber steht.


also, mit dieser intention meine ich, dass der text absolut seine berechtigung hat.
für diesen zweck würde ein krasserer, oder vielleicht auch mehr verklausulierter text nicht gut passen, da geb ich dir recht.
und ob der text auch losgelöst vom hintergrund bestand hat, das ist eine weitere frage ... ich denke, für manch einen sicherlich schon.

alles gute!

birke
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Hetti
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Beitragvon Hetti » 20.10.2012, 16:06

..ach, schau mal hier, es scheint eine alte Diskussion zu sein!

http://blauersalon.net/online-literatur ... 7&start=98

bzw. hier:

viewtopic.php?p=42945#42945

LG Dede


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