Schuldig

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 16.10.2012, 23:25

158 400 Augenpaare

ihre Blicke zielen auf mich
hetzen und treffen
wissen von meiner Schuld

- woher?

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 16.10.2012, 23:38

Ich finde das Kurzgedicht sehr rätselhaft - mag sein, dass ich die Zahl kennen müsste (sie aber nicht im mindesten kenne/ einordnen kann).

Woher weiß das Ich, dass diese 158 400 wissen?

Nun, das wirkt noch recht gekonnt-beklemmend auf mich.

Aber auf den zweiten Blick gefällt mir die Position des Begriffs Schuld nicht. Letztlich wird die Geschichte ja auf eine Art Schokoladenklau reduziert, denn es geht dem Ich ja nur ums Entlarvtwerden. Schuldgefühle der Sache, des Vergehens wegen scheint es ja nicht zu haben. "Man darf sich nur nicht erwischen lassen"??

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Beitragvon Anonymus » 17.10.2012, 01:13

Amanita hat geschrieben:Aber auf den zweiten Blick gefällt mir die Position des Begriffs Schuld nicht. Letztlich wird die Geschichte ja auf eine Art Schokoladenklau reduziert, denn es geht dem Ich ja nur ums Entlarvtwerden. Schuldgefühle der Sache, des Vergehens wegen scheint es ja nicht zu haben. "Man darf sich nur nicht erwischen lassen"??


Amanita, Du vermisst demnach soetwas wie Reue des Ichs in dem Text? Hm, was ist, wenn das Ich gar nicht Schuld hat, sich nur schuldig fühlt? Kann/Muss es dann trotzdem Reue zeigen?

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.10.2012, 08:02

Lieber Anonymus, diese Möglichkeit fällt m. E. aus. - durch die Formulierung wissen von meiner Schuld. Ich hätte dann wohl so was geschrieben wie "wispern von meiner Schuld". Und die Frage, woher sie es wissen, so nicht gestellt.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 21.10.2012, 00:10

Liebe Amanita,
vorweg: die Zahl "158 400" ist keine bekannte Zahl, die du kennen "müsstest" :smile: . Es ist die vermutete Mindestanzahl von Augenpaaren, die dem Ich im Laufe seines Berufslebens noch begegnen könnten. Sie schauen also nicht alle gleichzeitig auf ihn. Es ist aber jeden Tag eine größere, andere Gruppe von fremden Menschen, die in die Augen des Ichs sieht.
(Ich fand halt eine bestimmte Anzahl eindrucksvoller als eine Aussage wie: viele oder unzählige Augenpaare ...)

Das Ich fühlt sich von den Blicken verurteilt, weil es sich selbst verurteilt. Dann folgt die Frage: "Woher?" - das ist der Moment, in dem der Verstand/die Vernunft wieder die Oberhand bekommt. Es ist dieses Wechselbad zwischen Ratio und irrationalem Schuldgefühl.

Ich danke dir für deinen geäußerten Leseeindruck und deine Vorschläge. Da werde ich noch ein bisschen basteln müssen, bis der Text verständlicher wird.

pjesma

Beitragvon pjesma » 24.10.2012, 23:16

mir sind die rätselsteller immer ein bisschen suspekt. immer ist da dabei ein "ich weiß was was du nicht weißt, ätsch, ich bin clever und du bist dumm. komm, rate mal, beweiß es mir...und sowas langweilt mich. in diesem sinne, ist mir dieses rätsel das sich gedicht nennen will zu langweilig gewesen um zu reagieren. wäre die sprache wenigstens spannend.
ansonstem kann man alles mögliches variables hineinzwingen...vom harmlosen kaugummi klau kleines hänschen beim herrn müller am kiosk, bis gedanken der gesteinigten in einem stadion... für rätsel zu ungenau, für gedicht zu mangelhaft. nächste, bitte.

Nicole

Beitragvon Nicole » 25.10.2012, 14:49

Ich war irgendwie der Meinung, das der Anonymus, wie der Publicus NICHT dafür gedacht ist, das der Autor sich äußert, oder hat sich da in meiner Salonpause etwas geändert?
Oder kann ich hier jetzt als Autor als "Herr Anonymus" diskutieren?
(Dann stelle ich auch mal flott ein paar "Highlights" ein... und diskutiere die dann mit Euch...)

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Beitragvon Anonymus » 25.10.2012, 15:02

pjesma hat geschrieben:in diesem sinne, ist mir dieses rätsel das sich gedicht nennen will zu langweilig gewesen um zu reagieren.


WAS SOLL DAS???

Macht dein Frust dich blind? Wo bitte gibt der Autor den Text als RÄTSEL oder GEDICHT aus?
Es ist ein Text ist ein Text ist ein Text, der eine Situation beschreibt, und nur danach sollte er beurteilt werden. Es ist unfair, einer Schildkröte zu sagen: Du bist ein untaugliches, hässliches Rennpferd - nur, weil ich gerade gern ein Pferd sehen möchte.
Ein weiterer Leseeindruck neben Amanitas wäre für mich wertvoll und hilfreich gewesen, um den Text auf einen besseren Weg bringen zu können, aber so kann ich mit deiner Aussage nichts anfangen.

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Beitragvon Anonymus » 25.10.2012, 15:05

Als anonymer Autor kannst du so deine Texte/Werke einstellen, auf Kommentare antworten und dich auch in Diskussionen anonym zu Wort melden. Auf Kritik oder Änderungsvorschläge der Kommentatoren kannst du ebenfalls reagieren


So habe ich es FAQ entnommen.

viewtopic.php?p=184623#p184623

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Beitragvon Amanita » 25.10.2012, 15:10

Hallo Anonymus! Da hab ich wohl begonnen, den Pfad zu trampeln ... da ich von "rätselhaft" und "Kurzgedicht" sprach. Sorry.

Mir ist es aber letztlich egal, ob Gedicht oder Kurzprosa, da ich ja nichts von der Form her aufdrösele, sondern nur was zum Inhalt sage, gesagt habe. Und dieser - angesprochene - Eindruck bleibt bei mir bestehen, egal, wo Du das Stückchen einordnen magst.

Niko

Beitragvon Niko » 25.10.2012, 16:41

ich finde das gedicht nicht unspannend. die menge augenpaare standen für mich allerdings für eine stadt.

158 400 Augenpaare

ihre Blicke zielen auf mich
hetzen und treffen
wissen von meiner Schuld

- woher?

ich finde es gut umgesetzt, dieses gefühl, dass jeder von einer schuld weiß und sie spüren lässt. und dass es letztendlich aber nur das lyrich ist, dass das so empfindet. in seiner vorstellung wird er verfolgt und mit blicken hingerichtet. in seiner vorstellung ist das lyrich voller schuld. von der er meint, dass die wohl offensichtlich sein muss. - sonst würde ihn ja niemand so anstarren.

ich find´s gut. und auch das allgemein gehaltene wort "schuld" stört mich nicht. im gegenteil, es ist ein weitgefasster begriff, der mir als leser spielraum lässt.

liebe grüße: niko

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Beitragvon Amanita » 25.10.2012, 17:07

Niko, das finde ich jetzt ausgesprochen spannend, denn mir lässt der Text diesen Spielraum gerade nicht.

In letzter Konsequenz finde ich ihn nur wehleidig - das Ich hat was verbockt ("wissen von meiner Schuld"), spürt die zig-tausend Blicke auf sich gerichtet und fühlt sich denkbar unwohl. Die Quintessenz ist nur ein - wie ich finde - recht lahmes "Woher-wissen-die-das-denn". Uns wird weder mitgeteilt, dass das Ich gar keine Schuld hat, noch welche Schuld es - eventuell: warum - es auf sich geladen hat, ob es vielleicht großes Pech hatte (aus einer Unachtsamkeit wird, durch unglückliche Verkettung, ein Fall mit Todesfolge usw.) und schon gar nicht, wie es selbst zu seinem Bockmist steht.

So, wie der Text da steht, finde ich ihn am Thema vorbei geschrieben.

Niko

Beitragvon Niko » 25.10.2012, 17:25

kann man so sehen, amanita....ich sehe ihn etwas tiefenpsychologischer :pfeifen:

Nada

Beitragvon Nada » 25.10.2012, 18:05

Amanita, der Autor sprach doch von einem Schuldgefühl, das eigentlich unbegründet ist. Ich denke dabei z. B. an Kinder, die sexuellen Missbrauch erfahren haben. Diese Kinder fühlen sich schuldig. Dieses Schuldgefühl ist nicht rational, aber es ist da und es quält sie ein Leben lang.
Manchmal liest man in der Zeitung von Unglücksfällen, wie z. B. ein Vater überrollt beim Zurücksetzen mit dem Auto sein eigenes Kind mit tödlicher Folge. Ich glaube, dem Vater wird niemand seine Schuldgefühle ausreden/nehmen können.
Man muss nicht tatsächlich etwas verbrochen haben, um Schuldgefühle zu entwickeln.

Und wenn sich jemand - wie in dem Text - von 158 400 Augenpaaren verfolgt und verurteilt fühlt, dann wird es wohl kaum um ein geklautes Kaugummi gehen, sondern eher um ein traumatisches Erlebnis, das Nachwirkung zeigt.


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