Wieder da

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 22.01.2013, 12:01

Wieder da

An solchen Tagen
die T-Shirts zuerst,
da hat man schon
eine Menge geschafft.

Notfalls können die Hemden
ja warten bis morgen,
wenn die Welt wieder Farbe
gewonnen haben wird.

Und während sie
das Eisen hin- und herschiebt
wie ihre Gedanken,
ist er wieder da:

Dieser unzähmbare Wunsch
nach der Stimme,
die einmal noch
„Mein Mädchen“
zu ihr sagt.
Zuletzt geändert von Anonymus am 23.01.2013, 08:49, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.01.2013, 14:23

Dies ist für mich die Fortsetzung von "Abend". LI kämpft sich weiter durch den Alltag. Jeder Handgriff ist mühsam. Die Welt des LI ist dunkel, von Schmerz durchflutet. Und beim monotonen Bügeln nehmen die Abschiedsgedanken wieder Überhand. Es sind traurig nachhallende Zeilen.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 22.01.2013, 23:04

Hallo,

dieser Kommentar bezieht sich auf die beiden Texte im Anonymus, „Wieder da“ und „Abend“.

Wirklich gut gefallen mir in „Wieder da“ die ersten beiden Verse, in „Abend“ die ersten 7 Zeilen. Die kann ich sozusagen unterschreiben und mit mir bestimmt viele Männer und Frauen.

Falls es sich tatsächlich um einen Wettbewerbsbeitrag handelt, möchte ich aber hinzufügen:

Sind die Texte nicht ein wenig spät dran?. Wenn man sie zu Ende liest, wird doch deutlich, dass sie von Hausfrauenarbeit handeln? Das verstehe ich doch richtig? Aber die „Frau von heute“ bügelt entweder gerne (weil es entspannt, ablenkt oder als Vorwand dient, anderen Tätigkeiten aus dem Weg gehen) oder sie lässt es bleiben (3 Oberhemden in den Feinwaschgang und die T-Shirts sind eh egal). Aber so als resignierendes, klaglos hinnehmendes Opfer sieht sich doch keine Frau mehr? Ich finde diese Form der Thematisierung nicht zeitgemäß. Aussichtsloses Diskutieren, toben, vielleicht Scheidung kann ich mir besser vorstellen. Oder auch gelassener Verzicht auf einen Tippitoppi-Haushalt.

Außerdem: Was ist mit dieser Sehnsucht: Mein Mädchen. Wem gilt die Sehnsucht? Dem Vater? Der Mutter? Ich muss an Hannes Wader denken. In einem seiner Antikriegslieder sehnt sich der sterbende junge Soldat nach seiner Mutter, wie sie „Mein Junge“ sagt. Aber hier passt das meiner Meinung nach nicht: Wenn eine Frau sich so ergeben in die Rolle der Hausarbeiterin begibt, dann ist sie entsprechend erzogen und kann bei diesem Thema kaum auf Trost oder Verständnis von den Eltern hoffen. Und ganz bestimmt nicht von einem konservativen Vater.

Für mich sind die Texte nicht stimmig. Vielleicht kannst du an der Erkenntnis noch ein wenig feilen? Wie gesagt, die ersten Zeilen bzw. Verse finde ich toll.

Liebe Grüße
Dede

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 22.01.2013, 23:57

Hallo Hetti, hallo alle,
ich habe zu dem Gedicht wenig zu sagen, aber den letzten Kommentar mag ich nicht so stehen lassen.
Es steht in dem Gedicht nirgends, dass die bügelnde Frau ein resignierendes, klaglos hinnehmendes Opfer oder auch nur eine Hausarbeiterin sei. Es ist einfach eine Frau, die bügelt. Vielleicht bügelt sie professionell? Es gibt ja Berufsbüglerinnen. Die sind nicht per se Opfer, sondern einfach berufstätige Frauen. Vielleicht bügelt sie die Haushaltswäsche und in der Woche drauf bügelt der Mann? Nichts in dem Gedicht impliziert, dass sie eine Opferrolle einnimmt.
Sie macht eine Arbeit, die sie öde und farblos findet, und bei der die Gedanken ungehindert spazieren gehen können. Auch ich glaube, dass sie beim Bügeln an den (inzwischen fehlenden) Vater denkt. Hier ist es wirklich ein wenig knapp; ich sehe die Verbindung zwischen der Bügelarbeit und der (verlorenen) liebevollen Beziehung nicht, es sei denn, man nimmt einfach die allgemeine Rahmensituation: die Frau reibt sich am Allgemeinen auf und sehnt sich dabei nach dem Besonderen.
Eine Parallele zu dem Abend-Text zu ziehen, verkneife ich mir; es geht zwar in beiden Fällen um Wäsche, aber das bedeutet ja nicht zwingend eine Verbindung.

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.01.2013, 00:06

Zefira hat geschrieben:Eine Parallele zu dem Abend-Text zu ziehen, verkneife ich mir; es geht zwar in beiden Fällen um Wäsche, aber das bedeutet ja nicht zwingend eine Verbindung.

Es gibt auch keine. Wie aus dem Kommentar vom Anonymus vom Text "Abend" zu erlesen ist, stammt dieser Text hier von einem anderen Autor.
Der Tenor war sehr ähnlich, deshalb las ich diesen Text fälschlicherweise als eine Art Fortsetzung.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 23.01.2013, 06:45

Hallo Anonymus,

ich weiß jetzt, du bist nicht identisch mit dem Autor von "Abend". Beteiligst dich wohl auch nicht an einem Wettbewerb :mrgreen: ? Sehe meinen Kommentar also einfach als Beitrag von jemandem, der sich gutwillig und interessiert mit deinem Text auseinandergesetzt hat.

Allerdings lese ich jetzt die letzten Zeilen in einem anderen Licht. Ich muss aber gerade ein bisschen "Frauenarbeit" :pfeifen: machen und kann deshalb nur darüber nachdenken nicht schreiben :smile: .

Liebe Grüße
Dede

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 23.01.2013, 07:26

Hallo Dede, ich sehe nicht - egal, ob Wettbewerb oder nicht -, wo der Text, die Texte "nicht stimmig" sind. Gabriella hat schon recht, wenn sie meint, dass beide Texte inhaltlich ähnlich sind, denn es geht ja nicht primär um Wäsche, sondern um den "Alltagsquatsch" (der, bei einer Büglerin wie Zefira das angesprochen hat, eben berufliche Tretmühle ist), aus dem das Lyrische Ich jeweils gedanklich "hinauswächst". Ich kann an den angegebenen Stellen auch keine Brüche entdecken.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 23.01.2013, 08:54

Hallo Ihr,

auch von mir jetzt noch einmal die Verwunderung darüber, dass dieser Text derselben Autorin zugeschrieben wird wie
der von "Abend". Wir sind zwei.
Ich habe eine kleine Änderung vorgenommen, die Personalpronomina von der zweiten Person Singular in die dritte gesetzt.

Danke, Zefi, für Deinen Einwand, es geht aber gar nicht darum, dass sie die Arbeit öde findet, sondern darum, dass selbst das Bügeln ihr zu schwer wird. Scheinbar kommt das, was ich als "Fokus" des Textes gedacht hatte, nicht so an wie ich es mir gewünscht hätte...

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birke
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Beitragvon birke » 23.01.2013, 09:19

Anonymus hat geschrieben:es geht aber gar nicht darum, dass sie die Arbeit öde findet, sondern darum, dass selbst das Bügeln ihr zu schwer wird. Scheinbar kommt das, was ich als "Fokus" des Textes gedacht hatte, nicht so an wie ich es mir gewünscht hätte...


oh doch, für mich kommt das sehr deutlich raus.

lg, birke
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 23.01.2013, 09:23

"Zu" schwer lese ich daraus eher nicht - bzw. doch, aber das Bügeln ist dann nur "irgendwas", was durch die Erinnerung, Sehnsucht bleischwer wird. Es könnte m. E. auch eine andere Tätigkeit sein.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.01.2013, 13:26

Anonymus hat geschrieben:sondern darum, dass selbst das Bügeln ihr zu schwer wird. Scheinbar kommt das, was ich als "Fokus" des Textes gedacht hatte, nicht so an wie ich es mir gewünscht hätte...

Anonymus hat geschrieben:Und während sie
das Eisen hin- und herschiebt
wie ihre Gedanken,

Doch, durch diesen Passus wird die Schwere, das Mühsame, deutlich, finde ich.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 23.01.2013, 13:37

Dennoch sehe ich eher, dass ihr "das Leben" zu schwer wird - aber wahrscheinlich lässt das Gedicht beide Deutungen zu, was ja auch gut ist.

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 23.01.2013, 14:21

Hallo Amanita, hallo Anonymus,

Amanita, du fragst, wo der Text nicht stimmig ist:

Eine Autorin/Autor kann mit einem Text nicht jeden Leser erreichen. Ist ja auch nicht der Anspruch. In mir hatte „Wieder da“ aber etwas berührt. Die ersten beiden Verse kamen mir unbeschwert, fast ein wenig leichtfertig vor. Weil ich selber eher gerne, wenn überhaupt, bügele, und manchmal fast eine Sehnsucht nach Alltagsroutine habe, machte es „pling“, als ich sie las. Ich hatte also völlig andere Empfindungen als die Autorin und konnte ihr deshalb im letzten Abschnitt nicht mehr folgen. Noch nicht einmal das Eisen habe ich als schwer identifiziert. Sondern als schwungvoll. Mich belasten eher andere Dinge als der „Alltagskram“ und deshalb konnte ich das schwermütige Element im letzten Vers nicht richtig einordnen. Ist aber kein Manko der Autorin, sondern hat was mit den vielfältigen Möglichkeiten unserer Leben zu tun.

Jetzt verstehe ich den Text besser! Ich muss mich ein wenig biegen, aber wenn ich mir eine trostlose, belastende Situation vor Augen halte, kann ich die Sehnsucht nach der Stimme, die „mein Mädchen“ sagt und alles was mit diesen Worten mitschwingt, sehr gut nachempfinden.

Liebe Grüße
Dede

Ich habe noch einmal in den Text reingeguckt: ich kann mir nicht helfen, die ersten beiden Verse kommen bei mir unbeschwert an. Ich sehe jetzt aber auch die andere Möglichkeit.


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