man lebt so klein

Der Anonymus bietet Mitgliedern die Möglichkeit, ein Werk sowohl anonym einzustellen, als auch anonym (auf die Rückmeldungen) zu antworten. Bitte lest euch die FAQs gut durch, bevor ihr etwas in diese Rubrik einstellt.)
Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 13.07.2013, 12:44

worte auf meinen weg
geschüttet
fußfesseln mich

sterbende liebe
ist ein gefängnis

man lebt so klein
im riesigen tag

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 13.07.2013, 13:43

.
Zuletzt geändert von Rosebud am 26.06.2015, 14:22, insgesamt 1-mal geändert.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 13.07.2013, 14:13

genau! In dieser Situation stimmt fast nichts.

Winzig geredet; in diese Worte kleide ich mich. Stülpe mein Leid anderen über, ich werde zum "man". Und das Du ist auch da: Es kränkt.

scarlett

Beitragvon scarlett » 13.07.2013, 22:28

"man" ist ein verkapptes "ich".
ein gängiger kunstgriff in der lyrik, nicht der mühe wert, darüber zu debattieren.

für mich ist das gedicht stimmig von a - z.

minimaler einsatz /auf wortebene/, maximale wirkung /auf hirn und gefühl/
eng und doch offen.

well done!

Nifl
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Beitragvon Nifl » 14.07.2013, 09:22

Ich stimme Rosebütts Ausführungen zu, kann aber auch in Punkto man der anonymen Entgegnung folgen. Trotzdem würde ein Ich auf mich dichter und intensiver wirken. Die beiden Zeilen tragen für mich den ganzen Text (und ich finde sie so oder so sehr berührend)
Das Gefängnis erschließt sich mir auch nicht. Und "sterbende Liebe" ist Tellpalaver. Der ersten Strophe kann ich gut folgen.
Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 14.07.2013, 09:46

Wat is "Tellpalaver"? Kaputte Liebe, könnte das hinkommen?

Das "ich lebe so klein" gefällt mir nun überhaupt nicht... gleich bedacht, aber nicht benutzt.

Lustig, dass ihr Zwei erst meint, da stimmt nix - und dann stimmt doch was.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 14.07.2013, 10:46

Drei Strophen, drei Aussagen, drei Volltreffer.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 14.07.2013, 11:44

Tellpalaver ist eine an den Kopf geworfene Behauptung, die nicht aus sich heraus besteht. Was ist denn eine sterbende Liebe?
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.07.2013, 12:10

Hallo

Rosebud hat geschrieben:Aus meiner Sicht stimmt an diesem Gedicht fast nichts.

Anonymus hat geschrieben:genau! In dieser Situation stimmt fast nichts.
Das finde ich als Antwort interessant. Dass in der Situation nichts stimmt, müsste aus meiner Sicht dann eben stimmig im Gedicht vermittelt werden?
Anonymus hat geschrieben:Winzig geredet; in diese Worte kleide ich mich. Stülpe mein Leid anderen über, ich werde zum "man". Und das Du ist auch da: Es kränkt.
Diese Begründung für das "man" kann ich gut nachvollziehen. (Finde es übrigens auch der Mühe wert, darüber zu diskutieren, scarlett. .-)) Wobei dieses "man" sich dann für mich eben auch auf das LDu ausweitet, was ich im Text, aus der Haltung des LIch heraus, so aber nicht angelegt sehe. Ein weiterer blinder Fleck des LIch. Das "Kränkende" des LDu ist im Text für mich nicht sichtbar. Das "geschüttet" ist mir dafür zu wenig und zu sehr von der Empfindung und Interpretation des LIch gefärbt, als dass ich das so einfach an- und übernehmen würde, zumal ich nicht erfahre, wer hier schüttet.

Die erste Strophe zeigt für mich, wie LIch sich seine Situtation zurechtinterpretiert, die Schuldfrage für sich längst geklärt hat, bzw. welche Rollen es zugewiesen hat.
Die zweite Strophe verschärft diesen Eindruck, die Dramatik wird hochgeschraubt. Rosebuds Anmerkungen zum Gefängnis fand ich spannend, weil sie die Bildebene wirklich ernst nehmen und ich daran merke, dass ich mich gar nicht wirklich darauf eingelassen habe, dass ich es mehr als etwas theatralisch "in die Luft Geworfenes" empfunden habe, wie auch die "sterbende Liebe". Aber letztlich passt es für mich darin gut zu meinem bisherigen Eindruck.
Die dritte Strophe ist auch für mich die stärkste. Ohne diesen dramatischen Vorbau könnte sie aber für mich berührender wirken und mich auch eher in das "man" einbinden. So wie es jetzt da steht, ist sie für mich das stimmige Resultat aus der gezeigten Seite des LIch und der Situation, in der es sich sieht und keine für sich (be)stehende Aussage.

Stimmig und konsequent ist das Gedicht für mich, auch wenn ich dieses versuchte Überstülpen des Leids als unangenehm empfinde und das Gedicht und die Haltung des LIch nicht "mag".

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

pjesma

Beitragvon pjesma » 16.07.2013, 15:43

ich schleiche hier schon lange. ich denke, dass "man" hier ganz gut passt. es eröffnet die möglichkeit das lyrische ich aber auch das l.du damit zu erfassen, daher finde ich es geschickt eingesetzt. klein ist der nicht verlassen kann, aber auch der ist klein der nicht los lässt und fussfesselt mit den wörten...keiner ist "würdig"...ja, so ein tag kann sehr groß und lang sein :-(...für mich ein stimmiges gedicht, obzwar sehr bedrückend.
lg, pjesma

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 16.07.2013, 18:05

Als man-Allergiker erlaube ich mir dieses Wort nur bei eindeutigen Fällen, wie beispielsweise "ohne Wasser stirbt man", aber davon abgesehen empfinde ich den Satz "man lebt so klein" hier in diesem ästhetischen Zusammenhang als Stilbruch.

Er klingt wie reingeschmissen, ohne Sorgfaltsliebe, unnachgedacht. Wie ein Asi-Zwischenruf in der Oper, wie ein Zwiebelschnitz aufm Nutellabrot, wie ein Bildzeitungskommentar im Föjetä des Spiegels. Ich glaube nicht, dass dieses "man" hier einer intellektuellen Absicht entsprungen ist, eher einer Schlamperei. Hinterher ist es leicht, all möglichen Hurz als Clou zu verkaufen.

Dieses "man" hat keine Kleider an!


P.


Edit: Nur ein bisschen mehr Mühe, und es hätten sich Möglichkeiten wie diese aufgetan:

sterbende liebe
ist ein gefängnis

kleines leben
im riesigen tag



Edit 2: Dieses "man" ist ja keine Ausdehnung auf die zwei Leute des ehemaligen Liebespaares, sondern eine Ausdehnung auf die gesamte Menschheit. Wer benutzt denn "man" im Kontext eines lieblichen Duos? Also, das kann nicht gemeint sein. Jetzt soll mir keiner erzählen, dies sei ein sozialpolitischer, gesamtmenschheitlicher Text mit Blick auf die Genfer Konventionen oder auf die Grundlagen des Humanismus oder so.

Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 16.07.2013, 18:24

Oh, da klingt aber wirklich eine multiple Allergie durch! Schlampig? Nein. Vielleicht wirklich keiner ausgesprochen intellektuellen Absicht entsprungen, aber schlampig... da stehen dem Anonymus die anonymen Haare zu Berge. Asi, oh Gott.

"kleines leben" würde ich so nie schreiben. Das klingt mir entweder zu abschätzig oder aber zu nett. Es mag Geschmackssache sein; aber ich empfinde es hier fehl am Platz. Und es verletzt schon ein bisschen, die andere Geschmacksrichtung der zu wenigen Mühe (beim Würzen oder so) zu bezichtigen... aber ach, ein Anonymus hat keine Nerven, der ist kontur- und gefühllos. Seh'n wir es mal so.

Danke für deine allergischen Zeilen. Irgendwie werden sie mich schon weiterbringen.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 16.07.2013, 18:27

Lautete der Titel von Anfang an "man lebt so klein"? Oder wurde das editiert?

Der Anonymus ist zwar auch ein Mensch, aber er ist derjenige in der Arena, der einen Schild trägt, da finde ich es nicht verwerflich, wenn die Haue der Kommentatoren ein bisschen fester ausfällt. Ist doch nur ein Spiel. Der Oberbegriff lautet "Schlegel", klingt auch sehr nach Haue, ngahaha.

Niko

Beitragvon Niko » 16.07.2013, 22:41

ein gedicht, dass man meiner meinung nach nicht erklären kann seine worte nicht erörtern. es ist ein sehr starkes stimmungsbild. so wie ich es lese. es beschreibt zwar mitunter ein wenig pathetisch, aber mal ehrlich - wenn die liebe stirbt....-wie ist einem da zumute???!!!

wie scarlett schrieb: stimmig von a-z (für mich)

liebe grüße: niko
übrigens finde ich den titel ganz wundervoll!!!


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