Konrad
Verfasst: 09.12.2007, 19:42
Konrad
Konrad erwacht und der Tag beginnt wie jeder andere:
Aufstehen, Waschen, Zähneputzen, Kämmen, halbe Tasse Kaffee, Weißbrot im Toast, darauf Marmelade.
Zwei Minuten Zeitung, Kuss, durch die Tür, 6 Minuten Fußweg, 12 Minuten U-Bahn, Büro.
Schreibtischarbeit.
Konrad ist glücklich!
Konrad liebt die Exaktheit, Präzision, ja die Gleichförmigkeit.
Auf dieses Leben ist Verlass, und auf ihn ist Verlass. Immer.
Klingel, Stifte weg, Tasche zu, Rückweg:
12 Minuten U-Bahn, 6 Minuten Fußweg. Kuss, zwei Minuten Zeitung, darauf Marmelade, Weißbrot...
Nein! Umgekehrt.
Kurzes Unwohlsein bei Konrad, dann ist wieder alles in Reihe.
Kämmen... nun gut, Zähne putzen, Waschen, ... ja, Hinlegen, Decke über den Kopf, Schlafen.
Konrad lächelt, geschafft.
---
Conrad erwachte. Immer wieder das gleiche trostlose Bild. Wenn er geglaubt hätte, etwas Besseres zu sehen, er wäre wie immer enttäuscht worden. Was er sah, war die Realität:
Ein 3 mal 3 Meter großer Raum, klappbares Pritschenbrett, Metallklo, Metallwaschbecken, Metallspind. Kleines Gitterfenster, gegenüber Stahltür mit Luke.
Eine Zelle. Seine Zelle. Seine letzte Zelle.
Sein letzter Tag.
Seine letzten Stunden.
Er hatte alles hinter sich:
Bestätigung des Urteils, Pfarrer, mahnende letzte Worte.
Gefülltes Schnitzel, Kartoffelgratin, Pudding.
So eine Henkersmahlzeit füllt ab und beruhigt.
Conrad war nur noch auf Abruf auf dieser Welt.
Dreifachmord, die Sache war klar, der Endpunkt eines wirren Lebens, seines Lebens. Er konnte sich nicht beschweren.
Der Brei im Bauch passte zu dem Stumpfsinn, der sich wie ein Nebel auf seine Wahrnehmung gelegt hatte, seine Empfindungen waren heruntergedimmt wie das Licht nachts im Laufgang vor seiner Zelle. Darunter eine Mischung aus Angst und letzter wahnwitziger Hoffnung.
Conrad starrte auf die Decke. Eine große Stechmücke waberte dort und wartete auf eine Gelegenheit. „Nun gut,“ dachte er, „ich geb dir ne Chance,“ und schlief wieder ein.
---
Konrad erwacht, irgendwie anders als sonst.
Oh, so spät!
Aufstehen, Waschen, Zähne ..., jetzt aber schnell!
Halbe Tasse Kaffee, Toast dauert zu lange, Zeitung: Dreifachmord, schrecklich!
Durch die Tür ...nein, zurück, Kuss, jetzt aber schnell.
Konrad läuft, rennt, schweißiger Hemdkragen, U-Bahn gerade noch geschafft!
Verpusten. Was hatte er nur geträumt?
Egal, jetzt ist wieder alles in Reihe. Ein gewisses Unwohlsein will aber nicht verschwinden. Die Fahrt dauert länger als sonst, er spürt es genau.13 Minuten sind doch zuviel!
Wieder rennt Konrad, er erreicht das Büro, die Tür schließt knapp hinter ihm, Glück gehabt.
‚Es muss an diesem Traum liegen,’ denkt er sich. Egal, jetzt ist das Leben wieder so, wie er es liebt: Die geregelte Arbeit liegt stapelweise vor ihm.
Aber Konrad ist müde. Der Kopf fällt auf den Schreibtisch, er schläft ein.
---
Conrad erwachte von einem Stich auf der Stirn. Klatsch, verdammt, das Vieh war schon weg.
Was hatte er geträumt? Er bekam es nicht mehr zusammen, aber es war angenehm gewesen. Er schmeckte noch den Kuss. Dann schmeckte er seinen abgestandenen Speichel, spuckte aus.
Die Luke war auf, dahinter ein Grinsen. „ Na Conrad, brauchst du noch die Bibel?“
Dann wich das Grinsen, fast ein Flehen. „He, Conrad, bitte, gib mir ein Autogramm, am besten vorn, bei Kain und Abel, wenn du verstehst, was ich meine.“ Wieder das Grinsen.
„Leck mich,“ entfuhr es Conrad. Und da der Wärter weiter aufreizend grinste, furzte Conrad.
„Sau!“, und die Luke knallte wieder zu. ‚Na endlich,’ dachte Conrad. Er legte sich zurück, schloss die Augen, schlief wieder ein.
---
Konrad erwacht. Oh Gott, es ist dunkel, nichts geschafft, und es stinkt widerlich in seinem Büro! Das muss das Unwohlsein in seinen Bauch sein.
Konrad stürzt aus dem Büro, die Tür ist zu! Er muss durchs Fenster, springt, kommt etwas komisch auf, aua, Knöchel verstaucht, er rennt und humpelt abwechselnd, keine U-Bahn mehr.
Jetzt fröstelt er, die Kühle der Nacht leckt ihn ab. Er erreicht das Haus, kein Kuss, kein Brot, Zeitung im Mülleimer.
Schnell ins Bett. Morgen wird alles besser!
Konrad fällt in tiefen Schlaf.
---
Conrad erwachte, da die Stahltür mit einem Knarren aufging. „Conrad, es ist Zeit.“ Der Anstaltsleiter stand in der Tür. Handschellen und Fußfesseln, es ging los, Conrad humpelte, der Knöchel schmerzte wie wild.
Ein rhythmisches Schlagen begann, gegen die Metalltüren der Zellen, ein Art Abschiedschor der anderen Jungs. Ein wahnsinniger Stuhldrang überkam Conrad. Haltung bewahren! Egal.
Viele kleine Schritte mit voller Hose. Scheißegal.
Der letzte Raum war erreicht. Eine Menge ernster Gesichter, er erkannte niemanden mehr. Jemand bekreuzigte sich. Worte, viele Worte, er verstand nichts. Plötzlich hob man ihn wie bei einer Prozession, schon lag er, wurde angeschnallt. Er wollte fliehen, war aber ganz steif. Der Kopf völlig klar, er hört aber nichts mehr, nur ein Rauschen.
Die Braunüle wurde gelegt, das System angeschlossen, am Fußende erkannte er die vier Infusionsflaschen, eine weiß, drei blau. Erst kommt der Schlaf, dann das blaue Wunder, ging es Conrad durch den Kopf.
Die weiße lief, die Augen wurden schwer. Sein letzter Gedanke: Dies kann nur ein Albtraum sein.
Konrad, wo bist du? Hilf mir!
---
Konrad erwacht und stürzt zur Toilette. Glück gehabt!
Was hatte er nur für seltsame Träume, das war früher aber anders. Na ja, dieser schreckliche Mensch war ja nun nicht mehr, er würde endlich wieder Ruhe finden, das Leben seinen gewohnten, guten Gang finden.
Konrad wäscht sich, Zähne putzen, Kämmen geht schlecht, der Spiegel wirkt blind.
Heute kein Kaffee. Das Brot schmeckt nicht. Zeitung, nein, bitte keine schlechten Nachrichten.
Er will zur Tür, die Beine so steif.
Jetzt schon müde?
Er schaut an sich herab und sieht, wie sein Körper blau wird.
Conrad, ich bin da, ich bin bei dir, in dir.
Konrad erwacht und der Tag beginnt wie jeder andere:
Aufstehen, Waschen, Zähneputzen, Kämmen, halbe Tasse Kaffee, Weißbrot im Toast, darauf Marmelade.
Zwei Minuten Zeitung, Kuss, durch die Tür, 6 Minuten Fußweg, 12 Minuten U-Bahn, Büro.
Schreibtischarbeit.
Konrad ist glücklich!
Konrad liebt die Exaktheit, Präzision, ja die Gleichförmigkeit.
Auf dieses Leben ist Verlass, und auf ihn ist Verlass. Immer.
Klingel, Stifte weg, Tasche zu, Rückweg:
12 Minuten U-Bahn, 6 Minuten Fußweg. Kuss, zwei Minuten Zeitung, darauf Marmelade, Weißbrot...
Nein! Umgekehrt.
Kurzes Unwohlsein bei Konrad, dann ist wieder alles in Reihe.
Kämmen... nun gut, Zähne putzen, Waschen, ... ja, Hinlegen, Decke über den Kopf, Schlafen.
Konrad lächelt, geschafft.
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Conrad erwachte. Immer wieder das gleiche trostlose Bild. Wenn er geglaubt hätte, etwas Besseres zu sehen, er wäre wie immer enttäuscht worden. Was er sah, war die Realität:
Ein 3 mal 3 Meter großer Raum, klappbares Pritschenbrett, Metallklo, Metallwaschbecken, Metallspind. Kleines Gitterfenster, gegenüber Stahltür mit Luke.
Eine Zelle. Seine Zelle. Seine letzte Zelle.
Sein letzter Tag.
Seine letzten Stunden.
Er hatte alles hinter sich:
Bestätigung des Urteils, Pfarrer, mahnende letzte Worte.
Gefülltes Schnitzel, Kartoffelgratin, Pudding.
So eine Henkersmahlzeit füllt ab und beruhigt.
Conrad war nur noch auf Abruf auf dieser Welt.
Dreifachmord, die Sache war klar, der Endpunkt eines wirren Lebens, seines Lebens. Er konnte sich nicht beschweren.
Der Brei im Bauch passte zu dem Stumpfsinn, der sich wie ein Nebel auf seine Wahrnehmung gelegt hatte, seine Empfindungen waren heruntergedimmt wie das Licht nachts im Laufgang vor seiner Zelle. Darunter eine Mischung aus Angst und letzter wahnwitziger Hoffnung.
Conrad starrte auf die Decke. Eine große Stechmücke waberte dort und wartete auf eine Gelegenheit. „Nun gut,“ dachte er, „ich geb dir ne Chance,“ und schlief wieder ein.
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Konrad erwacht, irgendwie anders als sonst.
Oh, so spät!
Aufstehen, Waschen, Zähne ..., jetzt aber schnell!
Halbe Tasse Kaffee, Toast dauert zu lange, Zeitung: Dreifachmord, schrecklich!
Durch die Tür ...nein, zurück, Kuss, jetzt aber schnell.
Konrad läuft, rennt, schweißiger Hemdkragen, U-Bahn gerade noch geschafft!
Verpusten. Was hatte er nur geträumt?
Egal, jetzt ist wieder alles in Reihe. Ein gewisses Unwohlsein will aber nicht verschwinden. Die Fahrt dauert länger als sonst, er spürt es genau.13 Minuten sind doch zuviel!
Wieder rennt Konrad, er erreicht das Büro, die Tür schließt knapp hinter ihm, Glück gehabt.
‚Es muss an diesem Traum liegen,’ denkt er sich. Egal, jetzt ist das Leben wieder so, wie er es liebt: Die geregelte Arbeit liegt stapelweise vor ihm.
Aber Konrad ist müde. Der Kopf fällt auf den Schreibtisch, er schläft ein.
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Conrad erwachte von einem Stich auf der Stirn. Klatsch, verdammt, das Vieh war schon weg.
Was hatte er geträumt? Er bekam es nicht mehr zusammen, aber es war angenehm gewesen. Er schmeckte noch den Kuss. Dann schmeckte er seinen abgestandenen Speichel, spuckte aus.
Die Luke war auf, dahinter ein Grinsen. „ Na Conrad, brauchst du noch die Bibel?“
Dann wich das Grinsen, fast ein Flehen. „He, Conrad, bitte, gib mir ein Autogramm, am besten vorn, bei Kain und Abel, wenn du verstehst, was ich meine.“ Wieder das Grinsen.
„Leck mich,“ entfuhr es Conrad. Und da der Wärter weiter aufreizend grinste, furzte Conrad.
„Sau!“, und die Luke knallte wieder zu. ‚Na endlich,’ dachte Conrad. Er legte sich zurück, schloss die Augen, schlief wieder ein.
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Konrad erwacht. Oh Gott, es ist dunkel, nichts geschafft, und es stinkt widerlich in seinem Büro! Das muss das Unwohlsein in seinen Bauch sein.
Konrad stürzt aus dem Büro, die Tür ist zu! Er muss durchs Fenster, springt, kommt etwas komisch auf, aua, Knöchel verstaucht, er rennt und humpelt abwechselnd, keine U-Bahn mehr.
Jetzt fröstelt er, die Kühle der Nacht leckt ihn ab. Er erreicht das Haus, kein Kuss, kein Brot, Zeitung im Mülleimer.
Schnell ins Bett. Morgen wird alles besser!
Konrad fällt in tiefen Schlaf.
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Conrad erwachte, da die Stahltür mit einem Knarren aufging. „Conrad, es ist Zeit.“ Der Anstaltsleiter stand in der Tür. Handschellen und Fußfesseln, es ging los, Conrad humpelte, der Knöchel schmerzte wie wild.
Ein rhythmisches Schlagen begann, gegen die Metalltüren der Zellen, ein Art Abschiedschor der anderen Jungs. Ein wahnsinniger Stuhldrang überkam Conrad. Haltung bewahren! Egal.
Viele kleine Schritte mit voller Hose. Scheißegal.
Der letzte Raum war erreicht. Eine Menge ernster Gesichter, er erkannte niemanden mehr. Jemand bekreuzigte sich. Worte, viele Worte, er verstand nichts. Plötzlich hob man ihn wie bei einer Prozession, schon lag er, wurde angeschnallt. Er wollte fliehen, war aber ganz steif. Der Kopf völlig klar, er hört aber nichts mehr, nur ein Rauschen.
Die Braunüle wurde gelegt, das System angeschlossen, am Fußende erkannte er die vier Infusionsflaschen, eine weiß, drei blau. Erst kommt der Schlaf, dann das blaue Wunder, ging es Conrad durch den Kopf.
Die weiße lief, die Augen wurden schwer. Sein letzter Gedanke: Dies kann nur ein Albtraum sein.
Konrad, wo bist du? Hilf mir!
---
Konrad erwacht und stürzt zur Toilette. Glück gehabt!
Was hatte er nur für seltsame Träume, das war früher aber anders. Na ja, dieser schreckliche Mensch war ja nun nicht mehr, er würde endlich wieder Ruhe finden, das Leben seinen gewohnten, guten Gang finden.
Konrad wäscht sich, Zähne putzen, Kämmen geht schlecht, der Spiegel wirkt blind.
Heute kein Kaffee. Das Brot schmeckt nicht. Zeitung, nein, bitte keine schlechten Nachrichten.
Er will zur Tür, die Beine so steif.
Jetzt schon müde?
Er schaut an sich herab und sieht, wie sein Körper blau wird.
Conrad, ich bin da, ich bin bei dir, in dir.