Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.09.2008, 21:43

Lasst mich schlafen, schenke meine augen fort.

Obacht Obacht,
das gefühl der anderen leben
zu gut drin zu sein
um ..-



Und ein Mann weint, er hat die Seife vergessen.

Wenn wir wahr sind, dann sind wir es in der Nacht.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 02.09.2008, 23:42

Wahrhaftig sein

Ein Brot nehmen
Appetit spüren
und hineinbeißen

Und nicht denken

Jetzt beiße ich in ein Brot

Und nicht mehr wollen

Nicht mehr Brot
und nicht mehr Leben

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.09.2008, 22:58

Brot ist real
und nicht teuer.
Ein Gemälde von Dalí
ist surreal
und kostet ein Vermögen.

Warum spricht man
von brotloser Kunst?

Nifl
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Beitragvon Nifl » 06.09.2008, 11:59

Der alte Apfelbaum
im großen Garten
ist überwuchert
und die Feige trägt schwer
ich sehe schon den rostigen Pavillon
zum Dichten
die Fensterläden werde ich
himmelblau streichen
und Zimmerdecken öffnen
später einen Rotwein trinken
in der Abendsonne
dazu trockenes Baguette
und ein Kuss
… schöner Kitsch
das Gebälk ist verwurmt
die Rohre verbleit
die Böden verfault
das Bad lindgrün
die Haut so dünn
der Rücken krumm
die Nägel blau

mir ist es gleich
ich bin verliebt
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Rala

Beitragvon Rala » 06.09.2008, 22:33

Bei einigen
ist der Lack ab.

Bei anderen
ist er alles,
was noch übrig ist.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.09.2008, 10:03

Gar jetzt / Ersatzgottesdienst für das, was noch übrig ist

Gar jetzt läuten die Glocken!,
das Gedicht wäre Betrug,
täten sie es nicht

Klopf klopf

Mir müssen schon sehr die Bilder ausgehen,
dass ich auf sowas Wert lege,
wie ja auch bekannt ist,
weshalb man schwere Steine auf die Gräber legt

Und wie nun die Glocken verhallen, da..
aber da muss ich ja schweigen..

Klopf, klopf,
Adrenalines Herz macht klopf, klopf,
denn sonst passiert nichts, denn sonst fällt kein Wort
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 07.09.2008, 10:45

Im Mittelalter sind Glocken lauter
Reichtage und Betrug... doch weiter
würde ich nichts, nichts, nichts
umgehen als sei es ein Geheimnis

Die Trennwand vom Beichtstuhl
ist immer löchrig

Ich steckte einst die Hoffnung durch
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.09.2008, 23:03

warum einem fremden beichten
traue mir doch selbst nicht
zu viele schwarze nebel
auf der lebensreise
nein
kann alles gar nicht sein
der pfarrer
würde rot sehen
und ich
in ein loch fallen
das hoffnung nicht
schließen kann

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 12.09.2008, 10:38

 
maulwürfe im nebel


deine lippen auf einer fotografie. meine finger
traumwandeln darüber. sie versprechen sich nicht
aber wenn... flammt es auf, wie sambuca
und falling in love. das gibt es bei uns nicht
so lange... wir wissen nicht, wo es endet

ich laufe dir voraus. verschwinde
im nebel werd ich umrissen. von dir getauft
zeichne entlang dieser ränder. male mich aus
holst mich ein. wir gehen in gedanken
einen schritt weiter. zusammen verloren

was nur in den höhlen dieser worte wächst
die sich durch die tage graben
erscheint mir so nah. versprechend
dass ich die hand danach strecke

schließt du sie
schickst mich nach haus
mit einer wurzel

 

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.09.2008, 15:36

 
piano


leg mir ruhig steine in den weg. ich sammle sie alle auf
fühle den leisen rest deiner wärme auf meiner haut
von bergen sprechen wir. wenn der morgen uns erreicht
werden dort schon bäume gewachsen sein
und in ihren zweigen leere nester. noch flaumgefüllt
die sätze. wir legen uns hinein

kühlen unsere stirn. rechnen zwei weniger eins
nur um uns sicher zu sein. erklär mir die logik von grenzfunktionen
(wusstest du, dass man die verhuschten schritte von eichhörnchen hört
wenn man sein ohr ganz dicht an den stamm hält)
streifen dennoch unsere mäntel ab. stellen eine bank in aussicht
murmelgrün werden wir sie lachen

im mondschatten sind wir dunkler. liebkosen
was wir wissen. wissen wir was
ich frage mich. säen wir die nacht
verstecken wir nicht heimlich lichter
tanzen blues mit glühwürmchengesichtern

 

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.09.2008, 22:05

sag kein wort mehr
jede silbe zersplittert
wir zum bruch

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.09.2008, 12:20

Kein Wort mehr sag / lausch den geschlachteten Schafen

Verlauf dich im Sommer,
dass du nicht mehr in den Winter findest,
denk an all die geschlachteten Schafe,
wie frei sie sind und dabei doch so weiß.
Wenn sie träumen über den Gräsern und dem Blut,
ganz sacht bleib dann dort, wo du bist.
Das heißt sterben. Das heißt bleiben.
Zuletzt geändert von Lisa am 19.09.2008, 23:48, insgesamt 1-mal geändert.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 19.09.2008, 18:30

Wenn Du im Winter mit dem Rudel heulst
wenn Dir die Kälte im Mark sitzt
Eis auch das dichte Fell durchdringt
Gedenke in Deinen Träumen der Schafe
ihres warmen Bluts
ihres letzten ungläubigen Blicks
ihr Leben rinnt nun auch durch Deine Adern
Zuletzt geändert von Max am 21.09.2008, 23:42, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.09.2008, 19:42

Wenn du im Sommer
wie im Winter frierst,
solltest du dir ein
dickes Fell zulegen,
jedoch keinen Schafspelz.


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