Übers Jahr, vorher: ohne Titel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 03.10.2008, 21:11

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.10.2008, 19:22

Hi leonie,

ein Gedicht voller Sehnsucht nach dem LD.
Ein bisschen stolpere ich über die Whs von "träumen", dann über die vielen ', sie wirken mir zu gewollt. Aber vor allem machen mir hier die Enjambements über die Absätze hinweg Schwierigkeiten. Ich würde immer dann einen Absatz machen, wenn ein Satz zu Ende ist.
Dies mein erster Eindruck.
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 04.10.2008, 19:58

Hallo leonie,

ja, das ist wieder die Art von Texten, die ich von dir ganz besonders mag.
Da stimmt die Wortwahl, die Balance, es ist klug gesetzt, trifft ins Innerste und kann auch vor dem Kopf bestehen.

Drei Fragen hätte ich allerdings doch dazu:

brauchst du das "doch" in der 2S? Ich meine, durch das "dann" ist es eigentlich überflüssig.

ferner:
"so, wie ich niemals träumte"
würde den Rhythmus runder machen.

und schließlich denke ich, dass die Zeile "reichte der Traum" auch entbehrlich ist, da impliziert in der vorherigen.

Die Wiederholungen finde ich sehr gut, sie schaffen diese Nachdrücklichkeit bzw. Eindrücklichkeit, die ja für das LI ganz wichtig ist. Ich empfinde sie als sinntragend.

Gefällt mir äußerst gut und ich meine, dieses Träumerisch-Melancholische hätte durchaus einen Titel verdient!

Liebe Abendgrüße,
scarlett

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 04.10.2008, 20:42

Das ist schön, wie es Dir gelingt, den Traum mit der Sprache, mit dem Rhythmus einzufangen, es bleibt alles so schwebend sehnsüchtig, seltsam unwirklich und gerade deshalb berührend...
gefällt mir sehr

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leonie
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Beitragvon leonie » 05.10.2008, 12:50

Hallo, Ihr drei,

ich fange mal von hinten an:

Liebe Xanti,

mein Ziel beim Schreiben war genau das, dass sich in Sprach und Rhythmus der Traum wiederfindet. Ich freue mich, dass Du das als gelungen ansiehst!

Liebe Scarlett,

der Text spielt mit Wiederholungen und Reimen, es war ein Versuch. Das "nie" kommt ja vorher schon vor, deshalb würde ich es gerne so lassen. Und für mich selber ist es auch mit dem "doch" stimmiger, weil die Verwunderung so für mich noch stärker zum Tragen kommt.

Die Zeile, die Du anmerkst, streiche ich. Das sehe ich jetzt genau wie Du, sie ist nicht notwendig, fast zu erklärend.

Liebe Mucki,

ich glaube, wenn ich den Text so schreibe wie Du vorschlägst, geht das Schwebende, Unwirkliche ihm verloren. Deshalb möchte ich es erstmal so lassen.

Ich habe übrigens das "dunkel" noch in "dunkelnd" geändert, erschien mir noch passender...

Ich danke Euch dreien!

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 05.10.2008, 12:54

Liebe leonie,

mir gefällt der Text auch wieder - es hat seinen Reiz, wenn ein Autor kurz hintereinander zwei so verschiedene Texte einstellt :-). Ich glaube, was auch die anderen spüren, ist dass an manchen der Stil in dem Text beim Schreiben erst entstand - das ist ja immer so. Anschließend muss man dann meist die eingesetzten Stilmittel etwas reduzieren. Mir sind z.B. die häufigen "so"s aufgefallen, ich finde, mindestens eines, besser aber zwei (vor wie und vor braun) könnten noch fallen - der Klang kommt trotzdem an.

Was die Umbrüche angeht stimme ich Mucki nicht zu, obwohl ich auch gestockt habe, aber ich glaube, es gibt prinzipiell zwei Lesarten des Textes, die eine ist so, wie du ihn gesetzt hast und dann gibt es noch eine viel "flüssigere*" (hab unten mal probiert und mich jetzt so reingesteigert, das mir das doch auch gefiele .-) ) - beides hat wohl seine Idee. Ich mag, dass der Text mit versteckten (bzw. halb angedeuteten) Reimen arbeitet und so einen Rhythmus schafft, der zum Stil passt. Erst war mir das Ende noch etwas zu "aberbetont", denn eigentlich hast du ja den Kontrast schon in Nacht bzw. Traum und Wirklichkeit, warum dann in der zweiten Nacht die Hand fort ist (im Traum) fand ich erst nicht intuitiv, aber nun mag ich es. Ich würde diese Wendung allerdings durch einen Titel unterstützen.

Liebe Grüße,
Lisa



*
Zwei Nächte / Zwischen Nächten (oder so etwas)


Deine Hand war nie bei mir

doch warum träumt´ ich dann
von ihr, von Dir

wie ich nie träumte -

Da war ein Augenblick, ein Streifen
fingerspitzend

mir wurd´ so warm, so leicht

bis in den Tag
reichte der Traum:

Ich zog die Jacke aus, obwohl ein Wind
braun die Blätter von den Bäumen strich

und wollte weiterträumen,
wollt`Räume öffnen Dir und deiner Hand.

Doch in der nächsten Nacht
verschwand die Hand
und nur ein Hauch

strich dunkel mir durchs Haar.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 05.10.2008, 13:01

oh, das hat sich überschnitten. ne, ich finde dunkel viel schöner als dunkelnd, auch weniger standardlyrisch und außerdem wird sonst das fingerspitzend-partizip zu "trächtig".
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 05.10.2008, 16:35

Liebe Lisa,

danke für Deine Ideen. Ich kann mich von der Setzung noch nicht lösen. Ich speichere mir SDeine mal ab und schaue, wie es sich entwickelt.

Ich habe dunkelnd wieder umgeändert in "dunkel". Ich habe auch ein so rausgenommen und dem Wind jetzt einen bestimmten Artikel zugeordnet und den Zeitraum verändert. Da es erstmal nur eine Idee ist, stelle ich es hier und nicht oben ein. (Dann passt allerdings der von Dir vorgeschlagenen Titel "Zwei Nächte" nicht mehr, den ich eigentlich gut finde...

Was meinst Du/Ihr?



Deine Hand
war nie bei mir

doch warum träumt` ich dann
von ihr, von Dir

so, wie ich nie träumte -

Da war ein Augenblick, ein Streifen
fingerspitzend und

mir wurd` so warm, so leicht
bis in den Tag:

Ich zog die Jacke aus
obwohl der Wind schon braun
die Blätter von den Bäumen
strich und wollte

weiterträumen, wollt`
Räume öffnen Dir
und deiner Hand.

Doch übers Jahr
verschwand die Hand
und nur der Wind

strich dunkel
mir durchs Haar.


Danke auf jeden Fall und liebe Grüße

leonie

Oldy

Beitragvon Oldy » 07.10.2008, 19:51

Hallo,

schöne leise Lyrik.
Über Wort "dunkelnd" bint ich auch gestolpert, hier finde ich das einfache "dunkel" angemessener. Ich bleibe seltsamerweise immer an der doch (wie ich finde) unlyrischen "Jacke" hängen. Sie scheint nicht in den Klang des Textes zu passen. Sicherlich mein subjektiver Eindruck, aber ich stolpere immer wieder über die Jacke.
Dummerweise fällt mir auch nichts passendes ein, vielleicht ein alter Begriff wie Cape, Wams oder ähnliches.

Ansonsten sagt mir hier mir hier der rhythmische Klang sehr zu, der durch die vorgenommenen Korrekturen nun durchgängig ist. Die zwei verschiedenen Lesarten, die sich hier anbieten, lassen mir als Leser Raum für eigene Interpretationen.

Will sagen: Gefällt mir sehr.

lg
Oldy
Zuletzt geändert von Oldy am 09.10.2008, 19:53, insgesamt 1-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.10.2008, 21:10

Hallo,

Iich bleibe seltsamerweise immer an der doch (wie ich finde) unlyrischen "Jacke" hängen. Sie scheint nicht in den Klang des Textes zu passen. Sicherlich mein subjektiver Eindruck, aber ich stolpere immer wieder über die Jacke.


ja, genau! Diesen Leseeindruck hatte ich auch, dachte nur, ich merke das nicht auch noch an, zumal ich keine richtige Begründung dafür liefern kann. Aber auch bei mir kam diese "Jacke" bzw. vielleicht auch der ganze Ausdruck "Ich zog die Jacke aus" auf einmal so konkret/handlungskonkret an. Oft kann so ein Kontrast ja ein Gewinn sein, aber hier ist der Sprung mir auch einen Tick zu groß.
(Das ist aber nichts schwerwiegendes)

Liebe Grüße,
Lisa
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Maija

Beitragvon Maija » 08.10.2008, 08:08

Hallo leonie,

Einfach ein Traum! :daumen: Super! Warum aber ohne Titel? Dürfte doch nicht schwer fallen und ein Titel macht immer neugierig. ;-)
Mich stört nur das: fingerspitzend und Könnte man doch weglassen? Aber ich glaube, das dies heute so in Mode gekommen ist. Mich stört dies aber, da der Klang dadurch verloren geht und gerade in der Lyrik schade ist. Oder sehe ich das falsch? (Wird Zeit das ich mir mal ein Buch kaufe!) ;-)

LG., Maija

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.10.2008, 12:40

Lieber Uwe,

danke, ich freu mich über Deine Rückmeldung zum Text. Die Jacke ist,glaube ich, ja der Wendepunkt, der den Traum ins Leben ziehen soll. Hm, ganz weglassen möchte ich diese Wende nicht. Wäre es mit einem anderen Wort denn getan oder ist der Bruch an sich zu groß?

Liebe Lisa,

danke Dir und s.o. Was meinst Du?


Liebe Maija,

danke für Deine Rückmeldung. Hm, für mich klingt es mit "und" besser. Aber ich behaupte, dass das ncihts damit zu tun hat, ob "unds" nun modern sind oder nicht....

Liebe Grüße Euch dreien!

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.10.2008, 13:41

Hi leonie,

mir fehlt hier ein Titel. Wollen wir mal sammeln? Vielleicht ist ja etwas Passendes dabei oder anderen Mitgliedern fällt noch etwas ein?
Wie wäre: In der Nacht
oder: berührt
oder: Berührung
(diese fände ich treffend, da ja keine konkrete Berührung stattfindet, sondern eine ersehnte)
Saludos
Mucki

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 08.10.2008, 14:37

Liebe leonie,

wie wäre eine leichte Umstellung, indem du das Jacke ausziehen ans Ende der Strophe setzt? Ansonsten denke ich, wäre "Mantel" wahrscheinlich integrierter?

Übrigens habe ich deine Nachfrage ja übersehen, entschuldige - ich finde die vorgeschlagene Version von dir toll!! sowohl das "schon" bei Wind als auch das Jahr am Ende... also mir gefällt es..

Liebe Grüße,
Lisa
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