Komm Mädchen!

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Sam

Beitragvon Sam » 29.09.2008, 15:34

Komm Mädchen!


Komm Mädchen, lass uns ficken!
Einsam bist du noch lang genug,
wenn du auf U-Bahnhöfen stehst,
zwischen Zeitungen von gestern.

Komm Mädchen, zeig mir deine Haut!
Das schwarze Kleid trägst du noch oft genug,
wenn du Blumen
an graue Steine legst.

Komm Mädchen, dreh dich um!
Steif bist du noch lang genug,
wenn du in deiner letzten Wohnung
die Möbel stellst.

Komm Mädchen, schrei so laut es geht!
Schweigen kannst du schon bald genug,
wenn deine Kinder
dein letztes Wort geerbt haben.

Komm Mädchen, greif richtig zu!
Streicheln kannst du noch oft genug,
wenn aus deinem Mann
ein Hund geworden ist.


Komm Mädchen, lass uns ficken!
Einsam bin ich schon lang genug,
auf U-Bahnhöfen
zwischen Zeitungen von gestern.

Komm Mädchen!
Leg deine Blumen
an meinen grauen Stein!

Sam

Beitragvon Sam » 08.10.2008, 16:43

Hallo Xanthippe,

ich empfinde nicht, dass die Forderung zurückgenommen wird. Im Gegenteil. Es ist ein Aufruf zur Bedenkenlosigkeit, im scheinbaren Wissen, um das, was das Mädchen am Ende schließlich erwartet. Wobei natürlich eine Projektion vom LyrI aufs LyrDu stattfindet.
So jedenfalls lese ich es. Aber natürlich hat da ein jeder ein anderes Empfinden. Und das ist auch gut so.

Hallo Maja,

Nicole hat eigentlich schon alles gesagt bzw. gefragt, was es deinen Kommentar angeht. Jedenfalls sehe ich keine Notwendigkeit, irgendein "Gegenüber" mit einzubeziehen, weil dies hier überhaupt nicht das Thema ist. Und was die Vulgarität angeht..... So kann ich nur sagen: Ja, es ist vulgär. Mich persönlich stören weder das Wort Ficken, noch andere vulgäre Ausdrücke in einem Gedicht, solange ich hinter dem ganzen einen (aus einem künstlerischen Konzept heraus nachvollziehbaren) Sinn erkennen kann. Und ich hoffe, dieser ist auch in diesem Gedicht zu entdecken.

Hallo Oldy,

wenn du das "ficken" als aufdringlich empfindest, dann hat das Wort ja seinen Zweck (!) erfüllt. Ich glaube, man kann dieses Gedicht gar nicht anders lesen, als aufdringlich und laut.
Als plakativ oder Effekthascherei würde ich es nicht bezeichnen. Das wäre dann der Fall, wenn sich dahinter kein Sinn verbergen würde, der aus dem Gedicht selber nicht ersichtlich ist. Der ist aber, so hoffe ich, schon zu erkennen. Aber ich bin da natürlich voreingenommen.

Sprache darf hart sein, gerade in der Lyrik. Wenn sie allerdings nur noch Zweck ist, hat sie ihre Wirkung verfehlt.


Das ist eine interessante Aussage. Die allerdings einige Fragen aufwirft. Wann wird Sprache zu reinem Zweck und ist dies grundsätzlich verkehrt? Was heißt das überhaupt - Sprache ist nur Zweck? Muss sie gleichzeitig "schön" sein, um ihren Zweck auch lyrisch oder literarisch zu rechtfertigen? Oder ist mit "Zweck" eben nur gemeint, dass die Aufmerksamkeit des Lesers geweckt werden soll, ohne dass die Sprache im Rahmen des Gedichtes selber zum sinntragenden/ausdrückenden Element wird?
Ich glaube, letzteres kommt dem, was du sagen wolltest am nächsten. Und wenn dem so ist, dann stimme ich dir gerne zu.


Euch Dreien vielen Dank für eure Meinung. Und dir liebe Nicole, für deine Anmerkungen zu Majas Kommentar.

Liebe Grüße

Sam


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