auf der walz [1]
jetzt trennt sich die creme in. milch und wasser. du musst sie in der hand, du musst sie reiben, bis es wieder einheit wird, einheit. es schneit unaufhörlichhörlich, und die dachziegel gegenüber sind lego, unter puderkoks. das flaschenöl flockt, die holzbriketts - zwei tage - noch. diese handtücher werden nicht trocken, muss sie vor den ofen. der boden so staubig, alles muss hängen.
der kopf langsamer als die schultern - hochviskos. öffne das fenster idiot. keine steinkohle mehr, nichts von langem brand. zu staubig - damit es nicht. und trotzdem schleift es über. jetzt die ränder überall, die ränder.
heimat ist ... zurückguckgebiet. man muss bordsteine. über tote mütter. der hand sagen, dass sie jetzt hand sein soll. hand. mach jetzt das scheiß fenster auf ...
auf der walz [1]
- Thomas Milser
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Zuletzt geändert von Thomas Milser am 07.04.2009, 00:49, insgesamt 7-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
So lieber Tom,
jetzt wurde ja inzwischen schon viel gesagt, ich möchte aber nochmal kurz ausführen was mich da vor einigen Tagen so fasziniert hat.
Zuallererst einmal finde ich es klasse wie du mit stellenweise scheinbar willkürlich zusammengewürfelten Worten eine sehr eindrückliche Atmosphäre schaffst, die mir sofort eine so stimmige und klare Szene in den Kopf malte, dass ich selbst von meinem Eindruck überrascht war.
Besonders gelungen finde ich die Creme, die wieder zur Einheit gerieben werden muss. Wunderbar!
Noch schöner ist aus meiner Sicht dieser Ausschnitt: "diese handtücher werden nicht trocken, muss sie vor den ofen. der boden so staubig, alles muss hängen.", vor allem in Verbindung mit dem Titel. Ich kann kaum erklären, was ich daran so gut finde, aber die nicht trocknenden Handtücher und die Tatsache, dass alles hängen muss, ist für mich einfach fester Bestandteil einer Reise oder Wanderung. Von daher passt das in meinem Kopf ganz wunderbar zusammen, ist stimmig und ich kann mich noch tiefer in den Text einfühlen.
Abgesehen davon gefallen mir diese (Gedanken-)sprünge und der Versuch, eine greifbare Gegenwart und Realität nicht zu verlieren ("der hand sagen, dass sie jetzt hand sein soll. hand. mach jetzt das scheiß fenster auf ..." - in Bezug auf die Hand, zum Fenster wurde schon genug gesagt). Für mich beschreibst du hier einen Zustand der Verwirrung und Veränderung, und das ist dir sowohl in Form als auch Inhalt gelungen, finde ich.
Zwar kann ich in gewissen Punkten auch Sams Kommentar nachvollziehen, bin aber von Natur aus ganz furchtbar neugierig und am Innenleben anderer Menschen interessiert. Was also für den einen "Gruppentherapie" sein mag, die nichts oder wenig literarisches an sich hat, ist für mich interessantes Studienmaterial, das ich sehr gerne auch in solcher Form sehe. Das hängt wohl von persönlichen Vorlieben ab.
Allerdings finde ich es schade, dass du das "nichts" aus dem Heimatsatz herausgenommen hast. Mir gefiel genau dieser Gegensatz von dem starken, geladenen Wort "Heimat" und dem völlig leeren "nichts", das alles, was man mit Heimat verbindet und im Zusammenhang erwartet beiseite wischt (An der Stelle erinnerte ich mich wieder an den Titel). Wenn du es weglassen möchtest würde ich mich ganz stark dafür aussprechen zumindest statt "heimat ist. zurückguckgebiet." doch "heimat ist ... zurückguckgebiet." zu schreiben.
Als letztes möchte ich noch anmerken, dass ich einzig über die Stelle "der kopf langsamer als die schultern" ein wenig gestolpert bin, denn er widerspricht meinem sonstigen Eindruck von schnellen Wechseln, Verwirrung und Unruhe, indem gesagt wird, der Körper sei schneller als der Kopf, also auch als die Gedanken, scheint es.
Alles in allem eine schöne Sache, die mich fasziniert und neugierig macht.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünsche ich dir.
jetzt wurde ja inzwischen schon viel gesagt, ich möchte aber nochmal kurz ausführen was mich da vor einigen Tagen so fasziniert hat.
Zuallererst einmal finde ich es klasse wie du mit stellenweise scheinbar willkürlich zusammengewürfelten Worten eine sehr eindrückliche Atmosphäre schaffst, die mir sofort eine so stimmige und klare Szene in den Kopf malte, dass ich selbst von meinem Eindruck überrascht war.
Besonders gelungen finde ich die Creme, die wieder zur Einheit gerieben werden muss. Wunderbar!
Noch schöner ist aus meiner Sicht dieser Ausschnitt: "diese handtücher werden nicht trocken, muss sie vor den ofen. der boden so staubig, alles muss hängen.", vor allem in Verbindung mit dem Titel. Ich kann kaum erklären, was ich daran so gut finde, aber die nicht trocknenden Handtücher und die Tatsache, dass alles hängen muss, ist für mich einfach fester Bestandteil einer Reise oder Wanderung. Von daher passt das in meinem Kopf ganz wunderbar zusammen, ist stimmig und ich kann mich noch tiefer in den Text einfühlen.
Abgesehen davon gefallen mir diese (Gedanken-)sprünge und der Versuch, eine greifbare Gegenwart und Realität nicht zu verlieren ("der hand sagen, dass sie jetzt hand sein soll. hand. mach jetzt das scheiß fenster auf ..." - in Bezug auf die Hand, zum Fenster wurde schon genug gesagt). Für mich beschreibst du hier einen Zustand der Verwirrung und Veränderung, und das ist dir sowohl in Form als auch Inhalt gelungen, finde ich.
Zwar kann ich in gewissen Punkten auch Sams Kommentar nachvollziehen, bin aber von Natur aus ganz furchtbar neugierig und am Innenleben anderer Menschen interessiert. Was also für den einen "Gruppentherapie" sein mag, die nichts oder wenig literarisches an sich hat, ist für mich interessantes Studienmaterial, das ich sehr gerne auch in solcher Form sehe. Das hängt wohl von persönlichen Vorlieben ab.
Allerdings finde ich es schade, dass du das "nichts" aus dem Heimatsatz herausgenommen hast. Mir gefiel genau dieser Gegensatz von dem starken, geladenen Wort "Heimat" und dem völlig leeren "nichts", das alles, was man mit Heimat verbindet und im Zusammenhang erwartet beiseite wischt (An der Stelle erinnerte ich mich wieder an den Titel). Wenn du es weglassen möchtest würde ich mich ganz stark dafür aussprechen zumindest statt "heimat ist. zurückguckgebiet." doch "heimat ist ... zurückguckgebiet." zu schreiben.
Als letztes möchte ich noch anmerken, dass ich einzig über die Stelle "der kopf langsamer als die schultern" ein wenig gestolpert bin, denn er widerspricht meinem sonstigen Eindruck von schnellen Wechseln, Verwirrung und Unruhe, indem gesagt wird, der Körper sei schneller als der Kopf, also auch als die Gedanken, scheint es.
Alles in allem eine schöne Sache, die mich fasziniert und neugierig macht.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünsche ich dir.
- Thomas Milser
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Hallo Lyri :o)
Erstmal vielen Dank für deinen Kommentar. Eines scheint mir immerhin gelungen: Kein Mittelmaß produziert zu haben. Unterschiedlicher könnten die Meinungen und Empfindungen der verehrten Leserschaft wohl kaum sein. (was mich nicht sonderlich wundert; allerdings hätte ich mit mehr Ablehnung gerechnet)
Mir deucht, dass ein Text noch so 'unliterarisch' sein kann, solange er ein überdurchschnittliches Maß an Seelenvoyeurismus bedient. Und 'nackte' Gedanken, die sich ihrer Bloßheit nicht schämen, zur Fleischbeschau stellt.
Deinem Vorschlag, das 'Zurückguckgebiet' nicht durch einen Punkt abzutrennen, komme ich gerne nach. Aus der Distanz betrachtet ist der letzte Absatz wirklich zu stark zerrüttet. Ich werde das ändern. Nochmal lieben Dank,
Tom.
Erstmal vielen Dank für deinen Kommentar. Eines scheint mir immerhin gelungen: Kein Mittelmaß produziert zu haben. Unterschiedlicher könnten die Meinungen und Empfindungen der verehrten Leserschaft wohl kaum sein. (was mich nicht sonderlich wundert; allerdings hätte ich mit mehr Ablehnung gerechnet)
Mir deucht, dass ein Text noch so 'unliterarisch' sein kann, solange er ein überdurchschnittliches Maß an Seelenvoyeurismus bedient. Und 'nackte' Gedanken, die sich ihrer Bloßheit nicht schämen, zur Fleischbeschau stellt.
Deinem Vorschlag, das 'Zurückguckgebiet' nicht durch einen Punkt abzutrennen, komme ich gerne nach. Aus der Distanz betrachtet ist der letzte Absatz wirklich zu stark zerrüttet. Ich werde das ändern. Nochmal lieben Dank,
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Tom,
hat nicht wirklich was mit dem Text zu tun, erwähn das nur, weil deine letzte textzeile sich für mich an einer heimatbegriffsdefinition- versucht, hab gestern zufällig eine "südländische" -variante davon gehört, sinngemäß hat die so gelautet...
heimat der platz, an dem du dich aufhängst. wenn du nicht gehst.
andererseits ist heimat auch der platz, an dem alle dann zu deiner beerdigung kommen.
Ciao,
Stefan
hat nicht wirklich was mit dem Text zu tun, erwähn das nur, weil deine letzte textzeile sich für mich an einer heimatbegriffsdefinition- versucht, hab gestern zufällig eine "südländische" -variante davon gehört, sinngemäß hat die so gelautet...
heimat der platz, an dem du dich aufhängst. wenn du nicht gehst.
andererseits ist heimat auch der platz, an dem alle dann zu deiner beerdigung kommen.
Ciao,
Stefan
- Thomas Milser
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Hi Stefan,
ja, irgendwo dazwischen isses wohl. Aber solange man nicht zum Sterben neigt, muss es da noch einen anderen Begriff geben ...
Tom
ja, irgendwo dazwischen isses wohl. Aber solange man nicht zum Sterben neigt, muss es da noch einen anderen Begriff geben ...
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hi Tom,
... diesen `dazwischenbegriff` findest du schon noch : - ) ,
deiner ist so eigen, also ich registrier ihn, ich finde, das ist eine Auszeichnung, find ihn interessant, er hat ein Gewicht, weil er so ruppig und widerborstig ist, und doch ist er schwer zu durchschauen, ich könnte jetzt keine Temperaturmessung an ihm vornehmen,
(.....der andere war von Matthias Kiefernauer, das ist ein Regisseur)
Stefan
... diesen `dazwischenbegriff` findest du schon noch : - ) ,
deiner ist so eigen, also ich registrier ihn, ich finde, das ist eine Auszeichnung, find ihn interessant, er hat ein Gewicht, weil er so ruppig und widerborstig ist, und doch ist er schwer zu durchschauen, ich könnte jetzt keine Temperaturmessung an ihm vornehmen,
(.....der andere war von Matthias Kiefernauer, das ist ein Regisseur)
Stefan
- Thomas Milser
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- Thomas Milser
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Verzeitung,
war mir für den Text doch zu albern. Aber bei Juistskizze 1 passt :o)
war mir für den Text doch zu albern. Aber bei Juistskizze 1 passt :o)
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
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