scherbentanz

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.01.2010, 19:23

.

scherbentanz

barfuß über eisblumen
laufen was das zeug hält
ich halte nimmer aus

du bist einfach so kalt
geworden und alltag
steht dir nicht

blickst herzverschlossen
durchs gefrorene während
ich mit bloßer haut - endlich
mein leben freischmelze


"endlich" eingefügt. danke flora!



1. Version

scherbentanz

barfüßig über eisblumen
laufen was das zeug hält
du bist einfach so kalt
geworden und alltag
steht dir nicht

blickst herzverschlossen
durchs gefrorene während
ich mit bloßer haut
mein leben freischmelze
Zuletzt geändert von Elsa am 21.01.2010, 09:50, insgesamt 2-mal geändert.
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 20.01.2010, 22:51

Liebe Flora,

danke fürs neuerliche Betrachten.

Du meinst so:
blickst herzverschlossen
durchs gefrorene während
ich mit bloßer haut endlich
mein leben freischmelze

Ja?

Liebe Grüße
Elsa
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.01.2010, 23:28

Hallo Elsa,

ja genau, oder auch so?

blickst herzverschlossen
durchs gefrorene während
ich mit bloßer haut - endlich/endgültig (oder gäbe es da vielleicht ein passendes Wort wie das "nimmer" bei euch?)
mein leben freischmelze

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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nera
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Beitragvon nera » 21.01.2010, 01:19

ich versuchs mal, nicht böse sein:
die überschrift "scherbentanz" erklärt schon, um was es geht. aber wenn ich weiterlese von eisblumen und kälte, trifft es die situation dann doch nicht so. eisblumen sind keine scherben, sie sind schön und glatt. man rutscht auf dieser "schönheit" aus.
dann stört mich die dritte zeile, da fehlt mir eine "es" oder zumindest ein "s" am "halte". das mag regional anders empfunden werden, okay.
die vierte und fünfte zeile schmekt mir auch nicht so recht. das "einfach" ist meines erachtens überflüssig und das mit dem alltag hört sich seltsam an, durch die formulierung klingt es wie eine typische weibliche entschuldigung für (männliche) gleichgültigikeit. "du bist so kalt/fremd....weil dich der alltag langweilt".
in der letzten strophe könntest du auf "herzverschlossen" verzichten. das ist eh klar. vielleicht kann man das verb ändern?

lg nera

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 21.01.2010, 09:49

Liebe Flora,

das "endlich" gefällt mir, nachdem ich drüber geschlafen habe, etwas in der Art wie "nimmer" gibt es leider nicht für das Wort, aber ich finde so passt es gut. Danke nochmals!

Hallo nera, herzliches Willkommen!

Danke für die Einschätzung bzw. Zerlegung des Textes, allerdings, wenn ich das nun alles berücksichtigen würde,
bliebe nicht viel übrig davon und entspräche auch nicht mehr meiner Intention.

Du schreibst:
eisblumen sind keine scherben, sie sind schön und glatt. man rutscht auf dieser "schönheit" aus.
Ich meine aber nicht die am Fenster, sondern die auf den Wiesen, die vom Morgenfrost erzeugt sind. Und die sind hart wie Scherben beim drüberlaufen. Hier ein Bild aus dem Juli dazu:

eisblumen_klein.jpg


Für mich ist der Text jetzt fertig, trotzdem schönen Dank für deine Arbeit hier.

Liebe Grüße
ELsa
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leonie
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Beitragvon leonie » 21.01.2010, 10:25

Liebe Elsa,

jetzt komme ich zu spät. Ich habe erst durch das Photo verstanden, was Du mit "Eisblumen" meinst, weil der Begriff hier nur verwendet wird für Fensterscheiben, auf denen Wasser gefroren ist. Und da war es für mich schwierig, den Zusammenhang zu bekommen.

Du weißt, dass wir in dem Punkt schon öfter uneinig waren. Ich würde auch die eher "umgangssprachlichen" Teile rauslassen. Das "einfach" und das "was das zeug hält". Den "Effekt" dieses Satzes würde ich vielleicht einfach durch Wiederholung des "laufen" versuchen zu erreichen.

Trotzdem finde ich das einen schönen und interessanten Text in seiner Metaphorik. Das "Du" als Blume unter der Eisschicht - gefällt mir.

Liebe Grüße

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 21.01.2010, 10:53

Liebe leonie,

danke dennoch fürs Vorbeischauen!

Ja, ich weiß, wir haben da immer wieder mal was wegen der von mir geliebten "Alltagssprache" ;-)
aber ich mag das halt so gern, was soll ich tun?

Gut, dass durch das Bild nun die "eisblumen" deutlicher werden, es gibt eben verschiedenen Arten davon.

Und danke, dass dir der Text trotz allem gefällt.

Liebe Grüße
ELsa
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.01.2010, 11:45

Hallo Nera,

eisblumen sind keine scherben

Bevor man draufgetreten hat nicht. ;-)

die vierte und fünfte zeile schmekt mir auch nicht so recht. das "einfach" ist meines erachtens überflüssig und das mit dem alltag hört sich seltsam an, durch die formulierung klingt es wie eine typische weibliche entschuldigung für (männliche) gleichgültigikeit. "du bist so kalt/fremd....weil dich der alltag langweilt".

Für mich ist das "einfach" und das "einfach so" wichtig, weil es mir Lesearten eröffnet, mich nachdenklich macht, und nun mit dem "endlich" noch einmal mehr, weil ich das auch aufeinander beziehen kann.
Und ich erfahre doch gar nichts von seiner Sicht, wie er sich oder sie im Alltag sieht. Er ist doch für sie zum Alltag geworden und das steht ihm nicht, so "gefällt" er ihr nicht. Also so lese ich das zumindest.

in der letzten strophe könntest du auf "herzverschlossen" verzichten. das ist eh klar.

Mir nicht. LDu hat sein Herz verschlossen, warum? Das finde ich eine interessante Frage. Vielleicht, weil es zu warm ist, weil er sonst verletzbar wäre, weil alles auch immer eine andere Seite hat, die man hier durchs Eis schimmern sieht? Das finde ich auch gerade bei den Eisblumen interessant, diese mögliche Schönheit, die dann durch das Laufen auch zerstört wird.
Es ist eben alles nicht "so einfach". :o)

Liebe Grüße
Flora
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nera
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Beitragvon nera » 21.01.2010, 22:42

hi flora
klar gibts verschiedene sichtweisen oder leseeindrücke.
mit dem alltag das, habe ich anders gelesen. als hätte er durch die langeweile, den alltag die falschen kleider an, würde sich darin nicht wohlfühlen und sei deshalb so kalt geworden, dass das lyrich unter diese kälte leidet und sie freischmelzen muss. dieses ganze eisbild, die kälte beschreiben ja eigentlich die herzverschlossenheit, die von ihm ausgehen. für mich zumindest. deshalb brauchts das für mich dann gar nicht mehr.
die frage, warum er so kalt, verschlossen ist, hat sich für mich nicht gestellt, wegen dem alltag.
aber vielleicht habs einfach in den falschen hals bekommen.
für elsa ist er ja fertig und das ist dann auch gut so.
lg


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