little sister is watching you ( Gesicht 2)

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 20.07.2010, 16:37

Dieser Text bezieht sich nicht direkt auf die Zeichnung "Gesicht 2", sondern verdankt ihr nur eine Assoziation - über Augen, deren Position usw.. Ich hoffe, das ist trotzdem in Ordnung.



little sister is watching you

gibt acht augen auf deinen monitor
während sie deine bücher bindet
bei jedem deiner zugriffe
hebt sie zu zittern an

little sister is watching you

peilt stieläugig über plastikblumen
schiebt sich seitwärts hinter die vogeltränke
während du dich gewissenhaft
in der julisonne wendest

little sister is watching you

beide augen zur selben seite durchgewachsen
nur nichts verpassen after sun
mit kräuselndem flossensaum
nimmt sie die farbe deiner laken an

little sister is watching you

hat zu viele einzelbilder gesehen
klatscht in einer pheromonnacht
in panik gegen die birne
bis du schaltest


edit: Aufgrund von Nikos Anmerkungen habe ich den Fettdruck der Refrainzeilen zurück genommen.
Zuletzt geändert von fenestra am 10.08.2010, 01:05, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 20.07.2010, 18:48

hallo fenestra!
ein sehr starkes gedicht. spürbar, nah, gekonnt im ausdruck!
was mir als einzelnem leser nicht behagt ist die wiederholung des "little sister...." ich empfinde sie eher als unterbrechung, es reißt mich aus der stimmung. mir würde es ohne oder zumindest mir streichungen zweier einschübe mehr behagen.
aber nichts desto trotz (ich habe sie auch beim mehrfachen lesen einfach ignoriert) ein toller text, der mir viel bietet und mich "berührt" (auch wenn ich das wort langsam nicht mehr hören kann, hier ist es treffend)

liebe grüße: Niko

PS: für jeden, denke ich, der ein gedicht zu den gesichtern verfasst, spielen assoziationen eine rolle. ich denke, das jeweilige gesicht soll ausgangspunkt sein für eine betrachtung im weitesten sinne.

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 22.07.2010, 11:43

Lieber Niko,

bin überrascht und erfreut über deinen Kommentar, vielen Dank für dieses Feedback!

Der Refrain ist vielleicht im Fettdruck ein bisschen zu aufdringlich, vielleicht sollte ich da die Formatierung ändern. Ansonsten finde ich den Refrain nach jeder Strophe wichtig. Es geht ja jedesmal wieder um eine andere Szene. Der Alltag geht weiter und man muss sich erneut erinnern, dass da irgendwo Augen sind ...

Beste Grüße
fenestra

Niko

Beitragvon Niko » 22.07.2010, 13:54

dann würde ich mir etwas andderes seinfallen lassen. beispiele:

nach jeder strofe das wort "schnitt"
oder
einschübe, die selbst als einheit eine aussage treffen und die jeder strofe einen prägenden titel geben. in der art wie (undurchdacht):


im sommer stehen

gibt acht augen auf deinen monitor
während sie deine bücher bindet
bei jedem deiner zugriffe
hebt sie zu zittern an

ihre augen

peilt stieläugig über plastikblumen
schiebt sich seitwärts hinter die vogeltränke
während du dich gewissenhaft
in der julisonne wendest

ohne unterbrechung

beide augen zur selben seite durchgewachsen
nur nichts verpassen after sun
mit kräuselndem flossensaum
nimmt sie die farbe deiner laken an

im regen

hat zu viele einzelbilder gesehen
klatscht in einer pheromonnacht
in panik gegen die birne
bis du schaltest


liebe grüße: Niko

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 26.07.2010, 19:02

Hallo, Niko,

die Idee mit der hindurchgeflochtenen Zeile ist an sich nicht schlecht, aber hier passt es mir nicht ins Konzept, da die einzelnen Strophen ja sozusagen verschiedene Wesen beschreiben. Wie schon gesagt, finde ich den Refrain hier wichtig, nicht nur als Unterteilung, sondern auch als wiederkehrende Erinnerung.

Danke für deine Gedanken und lg
fenestra

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leonie
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Beitragvon leonie » 09.08.2010, 22:44

Liebe fenestra,

nach Deinem Hinweis im anderen Faden (kamaskerade) bin ich hier gelandet und habe versucht herauszufinden, um welche Tiere es sich handelt.

Spinnen-Schnecken(?)-Plattfische - Nachtfalter?

Auf jeden Fall klasse gemacht, Du verbindest auch verschiedene Bereiche und Ebenen so ungewöhnlich miteinander. Mir gefällt das sehr!

"gewissenhaft in der Sonne wendest" - das ist einfach wunderbar...da habe ich gleich die Bilder vor Augen (wie an vielen andern Stellen dieses Textes auch)

Liebe Grüße

leonie

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 10.08.2010, 00:43

Liebe leonie,

genau, erst kommt die Zitterspinne mit 8 Augen.

Dann - wenn man den Seitwärtsgang bedenkt und die Strandszene: die Strandkrabbe.

Plattfisch, ja! Das war die Ausgangsidee - wegen der Zeichnung mit den beiden Pupillen in einem Auge.

Und der Nachtfalter, klar!

Aber: Wärst du auch darauf gekommen ohne diesen Hinweis von mir im anderen Faden? Na, ich schätze schon. ;-)

Ich dank dir, dass du gleich hierher gehuscht bist, deine Meinung ist immer interessant für mich!

Liebe Grüße
fenestra

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.08.2010, 09:52

Hallo fenestra,

gut, dass das nochmal aufgegriffen wurde. Mich hat das nämlich sehr verwirrt, dass ich verschiedene Tiere gesehen habe und es doch immer die "eine" kleine Schwester sein sollte und ich auch das LIch nicht an verschiedenen Orten gesehen habe, sondern durch die "eine" Schwester immer am gleichen Ort, was dann nicht recht passen wollte. In meinem Kopf enstand sozusagen ein Fenestra-Wolpertinger. .-)
Wie wäre es denn, wenn du im Titel "little sisters" schreiben würdest und sie vielleicht in der Refrainzeile durchnummerieren würdest?
little sister number one is watching you
Das würde klanglich schön passen und ich würde dann auch eher die Orte mit dem Tier wechseln.

Die Spinnen und die Plattfischstrophe finde ich am gelungensten, sie sind wirklich ganz fein gesponnen!

Die Falterstrophe hingegen ist mir zu verbraucht, das habe ich schon zu oft gelesen, auch als "Pointe". Und bei der Krabbe scheint mir das nicht gerade ihr natürlicher Lebensraum zu sein zwischen (deutschen .-)) Plastikblumen und der Vogeltränke?

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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leonie
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Beitragvon leonie » 10.08.2010, 10:27

Liebe fenestra,

beim Rüberhuschen wusste ich ja schon, wonach ich suchen musste, die Spinne habe ich gegoogelt, ich wusste noch nciht, dass es welche mit acht Augen gibt (Wieder was gelernt, und das gefällt mir an Deinen Texten auch, Du benutzt so ungewöhnliche Bilder und wenn man sich damit beschäftigt, erfährt man eine Menge Neues, für mich oft auch aus Bereichen, die ich spannend finde und die mir Spaß machen).
Auf die Strandkrabbe wäre ich auch wegen des "Lebensraumes", den Du hier nennst, nicht gekommen, die Vogeltränke hat mich verwirrt.
Mir gefällt auch der Witz in Deinem Gedicht, gerade in der letzten Strophe. Es hat so was lakonisches, man lacht und spürt angesichts dem, was hinter den Zeilen steckt doch auch den Ernst, die Kritik dahinter. Das finde ich auch an dem Gebrauch des "gewissenhaft" so witzig. Man ist auf Bräune aus und es könnte auch Hautkrebs werden. Man bräunt sich gewissenhaft, aber das Ozonloch ist einem scheißegal. So wie Du es schreibst, ruft das einfach in mir ganz viel hervor an Gedanken und Assoziationen und das finde ich toll!

Liebe Grüße

leonie

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Beitragvon fenestra » 10.08.2010, 21:49

Liebe leonie,

ja, es ist so, ich kann es immer nicht lassen, alles Mögliche, was mich fasziniert (z.B. die acht Spinnenaugen), in meinen Texten zu verstecken. Wie schön, wenn jemand es dann darin entdeckt und von meiner Faszination angesteckt wird!

Lieben Gruß
fenestra

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Beitragvon Ylvi » 11.08.2010, 07:38

*räusperräusper* Huhu fenestra, hast du meinen Wolpertinger-Kommentar übersehen? :hide:

Liebe Grüße
Flora
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Beitragvon fenestra » 11.08.2010, 13:12

Huhu fenestra, hast du meinen Wolpertinger-Kommentar übersehen?


Ja, vollkommen übersehen! :icon_redface:
Wie konnte das denn nur geschehen? ;)

Es ist wirklich nur eine little sister, liebe Flora, und die nutzt hier die fast unbegrenzten Möglichkeiten des virtuellen Raumes, um etwas zu tun, was man sonst eben nicht tun kann: Nacheinander verschiedene Gestalten annehmen, um an verschiedenen Stellen ein Auge auf jemanden zu haben.

Kennst du nicht diese Szenen aus manchen Gruselfilmen, wo Augen in Bildern plötzlich lebendig werden, mal hier mal da, und man hat das Gefühl, ständig und überall beobachtet zu werden? Hier ist das natürlich nicht als Gruselszenario gemeint, sondern mehr so, dass immer noch jemand in der Nähe ist, auch wenn man glaubt, allein zu sein. Und sei es eine Spinne in der Zimmerecke - oder jemand, der einfach nur an einen denkt. Little sister will sagen: "Sieh dich um, ich bin da, ich bin überall! Irgendwo ist immer eine Verbindung zu mir."

Die Strandkrabbe ist kein exotisches Tier, ich denke, sie kann eher auf einem Balkon überleben, als ein Plattfisch im Bett. ;) Aber diese beiden Strophen sind ohnehin bewusst absurd gehalten. Ich hatte gehofft, dass die Stielaugen und der Seitwärtsgang die Krabbe ausweisen, aber wenn jemand stattdessen eine Schnecke sieht, ist das auch okay (da fällt mir ein: ich könnte die Strandkrabbe noch Blumen schneiden lassen ... )

Mit der leichten Abgestandenheit der letzten Strophe (der Pointe) gebe ich dir Recht. Die Versuchung, diese Pointe einzubauen, war zu groß, aber sie ist wohl weniger originell, als die Bilder in den anderen Strophen. Vielleicht fällt mir in einer Pheromonnacht ja noch ein anderer Schluss ein.

Herzlichen Dank für deine Eindrücke, ich freu mich, dass hier dadurch noch ein paar Aspekte beleuchtet werden!

Liebe Grüße
fenestra


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