Murnau oder Münter und Kandinsky (Endfassung)

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scarlett

Beitragvon scarlett » 24.06.2006, 21:01

Lebenslust
gebrochen im Prisma
des Verrats -

Das grüne Kleid
bedeckt nicht
den Verlust.

Die Heuschober
gemalt
und der Geliebte
fern die Versprechen
versunken im Moor
hinter flächigen Bergen.

Auf Worte
kein Verlaß
dachte sie
und legte das Buch
zur Seite.


geändert auf Vorschlag von max
scarlett, 2006
Zuletzt geändert von scarlett am 01.08.2008, 21:57, insgesamt 4-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 24.06.2006, 21:59

Liebe scarlett,
mir gefällt dieser Text sehr. Nur über das Eingangsbild stolpere ich ein wenig, ein Prisma bricht ja das Licht in seine Farben, was ich eigentlich als ein positives Bild empfinde.
Beziehst Du Dich auf ein bestimmtes Bild (ich kenne mich leider in der Malerei nicht so aus)? Vielleicht könntest Du es dazu stellen.
Liebe Grüße
leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 25.06.2006, 11:37

Liebe Leonie,

ja der Text verbindet persönliches Erleben mit dem Schicksal der Malerin.
Wenn es mir gelingt, das Bild um das es auch geht (allein wegen des "grünen Kleides" wär es nicht schlecht) hier zu posten, wird wahrscheinlich einiges klarer, wobei ich das Gedicht durchaus auch ohne den konkreten HIntergrund haben wollte.
Das positive Bild soll mit Absicht "gebrochen" werden in alle Facetten des Verrates...dafür habe ich ein Bild gesucht und dann gemeint, im Prisma zu finden...

Ich danke dir für deinen Kommentar, freut mich, daß es zumindest mal bei einem Leser ankommt... :smile: (
Es wurde noch von keinem meiner sonstigen "Probeleser" gesehen- es ist zu neu dafür).

Schönen Sonntag dir und Gruß,

scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.06.2006, 11:43

Liebe scarlett,


Das Bild des Brechens von etwas im Prima finde ich gut und sehr treffend, ich glaube, wenn ein Prisma etwas bricht, ist das erst einmal (physikalisch) neutral und es kommt auf den Kontext an, in den dieses Bild eingelassen wird. Ich überlege aber noch genau, was mit Lebenslust gemeint ist (keine Kritik am Wort). Es ist ein ungewöhnlicher Konstrast (Von den Worten her, nicht vom Inhalt). Er stellt die Natur(gewalt) über das Vermögen des Menschen (das Wort). Bildlogisch müsste das also heißen, dass der Geliebte nicht nur farblich im Bild von Kandinski verschluckt wurde, sondern dass du die Geschichte des Bildes auf diese Art erzählst, oder? Also, dass du den Geliebten in diesem Text wirklich gestorben sein lässt? Oder reicht es schon, dass er einfach nur nicht da ist? Ist das schon Naturgewalt über das Wort? Aus welchen Gründen auch immer er nicht da ist? ich fände es also spannend zu wissen, welchen Weg du eingeschlagen hast:

1) Der Geliebte ist tot. Er konnte nicht Wort halten wegen der tatsächlichen Naturgewalten und ist deshalb nicht da.

2) Der Glauben des lyr. Ich an den Schwur des Wortes ist erschüttert, weil der Geliebte nicht da ist. Die Kraft des Schwurs also ist gebrochen und der lauf der Welt erfolgt weiter...

3) oder ganz was anderes?

Ich finde das spannend!


Ich habe das Gedicht jetzt ohne Bild auf mich wirken lassen und wäre gespannt wie es mit Bild wirkt. Soll ich dir beim Einstellen vielleicht helfen oder gibt es das Bild nicht im Netz? Du könntest es ja auch getrennt von dem freien Text hier unter Polyphon ein zweites Mal einstellen. Dann hättest du beide Wirkungen getrennt voneinander.


PS: Ich bin mir gerade (wegen rau(h) nicht sicher, ob du eine Verfechterin der alten oder neuen Rechtschreibung bist, wenn neu, dann: Verlass :smile: . Aber ich glaube du bist eine Alt-Schreiberin :grin: )
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

scarlett

Beitragvon scarlett » 26.06.2006, 21:55

Liebe Lisa,

hab vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar.
Du liegst mit der Interpretation/Intention Nr. 2 richtig.
Das Bild, das den Auslöser für dieses Gedicht geliefert hat (neben Persönlichem, das auch mit Murnau verbunden ist), heißt: liegende Dame in Grün, ist von Gabriele Münter , aus dem Jahr 1919.
Münter war ja lange mit Kandinsky liiert, er versprach immer wieder, sie zu heiraten, heiratete dann aber eine andere- die Umstände dieses letzten "Verrats" waren besonders fies. Es hat lange gedauert, bis sie sich davon erholt hat, ihre Lust am Leben, ihre schöpferische Schaffenskraft war für eine ganze Weile dahin.
Das geschlossene Buch auf dem Bild hat mich zu den Worten, auf die kein Verlaß ist, gebracht - die Dame liest nicht mehr, wozu noch Worte?, sie hat die Hände über den Kopf erhoben und der Blick geht ins Nirgendwo...

Das Bild:

Bild

Grüße von

scarlett

P.S. Ich schreibe "alt" :grin:

scarlett

Beitragvon scarlett » 27.06.2006, 11:32

Liebe Lisa,

hab vielen Dank für das Einstellen des Bildes.
Wie gesagt, das Gedicht ist nicht direkt zum Bild geschrieben, das war der Auslöser, mich mit Münter und Kandinsky mal wieder intensiver zu beschäftigen - dann kam Persönliches hinzu und plötzlich sah ich das Bild mit anderen Augen.
Ob es jetzt aussagekräfiger ist bzw. einiges verständlicher mit dem Bild?

Liebe Grüße,

scarlett

Cara

Beitragvon Cara » 27.06.2006, 11:51

Sehr gute Idee, das entsprechende Bild dazu einzustellen!!!!!!!

Ich habe dein Gedicht erst jetzt gelesen.....und finde es sehr gut....auch in Verbindung mit dem Bild....

eine kleine Bemerkung zum letzten Satz des Gedichtes:
Auf Worte kein Verlass........
Dieser Satz fällt für mich ab vom sonstigen Wortgebrauch. Er erscheint mir zu platt, zu deutlich, zu klar....Mein Vorschlag wäre, ihn einfach wegzulassen.

Ich habe das Gedicht gern gelesen, Scarlett..und werde es jetzt noch einmal tun...leider kann man beim Kommentieren das entsprechende Gedicht nicht mehr einsehen, auch nicht, wenn man nach unten scrollt.

Cara

scarlett

Beitragvon scarlett » 27.06.2006, 12:00

Liebe cara,

es freut mich, daß dir der Text im Zusammenhang mit dem Bild gefällt.
Bzgl. der Worte am Ende: einerseits gebe ich dir recht, andrerseits fehlt mir dann mit eine der wichtigsten Komponenten.
Mir kam beim Lesen deines Kommentars gerade der Gedanke, wie es denn wäre, die Worte stehenzulassen aber noch was dranzuhängen, etwa:
Auf Worte
kein Verlaß,
dachte sie/und schloß das Buch/legte das Buch beiseite od. so ähnlich.
Das muß ich nochmal überdenken, in und mit Ruhe.

Auf jeden Fall danke für deinen Kommentar und für die Gedankenanregung...

Schönen Tag noch,

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 27.06.2006, 12:04

Ja, das ist gut, liebe Scarlett, ich kannte das Bild nmicht und habe mich nicht getraut (so was passiert mir tatsächlich auch manchmal) etwas dazu zu sagen.
Jetzt lasse ich es noch einmal auf mich wirken.

Liebe Cara, Lisa arbeitet daran, dass sich das ändert. Zukünftig wird es eine Möglichkeit geben, den zu besprechenden Text immer präsent zu haben. Mehr sei hier noch nicht verraten.
Inzwischen musst du dich behelfen, in dem du ihn z. B. in deine Antwort kopierst und hinterher kanmnst du ihn ja löschen..

Liebe Grüße
an euch.
Gerda

scarlett

Beitragvon scarlett » 28.06.2006, 23:13

So, ich habe das Gedicht nochmal bearbeitet/geändert.
Ich denke, das ist jetzt klarer - aber ob es auch "besser" geworden ist?
Für eine letzte Rückmeldung wäre ich sehr dankbar.

Lisa, vielleicht kannst du Gedicht samt zugehörigem Bild doch in die andere Kategorie verschieben??? Falls das geht... danke.

Gruß,

scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 29.06.2006, 09:23

Liebe scarlett,
ich brauche zum vergleich noch die erste Version dazu :grin: , danke!

das verschieben ist kein Problem, ich mache das, wenn die Dikussion hier abgeschlossen ist, damit keine verwirrung entsteht :grin:
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Cara

Beitragvon Cara » 29.06.2006, 09:59

Liebe Scarlett,

ich finde diese Änderung der letzten Strophe sehr gut.
Du schreibst ja jetzt :

Auf Worte
kein Verlaß
dachte sie
und legte das Buch
zur Seite.


Überdenke bitte noch einmal, ob du das "dachte" nicht in den Präsenz setzen könntest, das würde die Aktualität verstärken und die Aussage noch "kräftiger" machen. Ich weiß aber nicht, ob dir das dann ins Konzept passen würde......

Cara

Max

Beitragvon Max » 29.06.2006, 10:24

Liebe Scarlett,

danke für das Einstellen des Bildes; ich finde, da es der Auslöser für dieses spannende Gedicht war, erhellt es dieses auch.
Im übrigen finde ich das Gedicht auch sehr gut in dem Bild wieder, oder sollte man sagen das Bild in dem Gedicht ...
Einzig an dem Kleid in Strophe 2 reibe ich mich noch etwas. Du schreibst:

Das grüne Kleid
täuscht nicht hinweg
über den Verlust.


Das finde ich ein bißchen unnatürlich und sprachlich kompliziert, denn "hinwegtäuschen" wäre ja (in meinen Männeraugen ;-) ) nicht der erste Zweck des Kleides.

Ginge nicht auch

Das grüne Kleid
bedeckt nicht
den Verlust.


bzw.

bedeckt den Verlust nicht?

Sehr gern gelesen
Max

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.06.2006, 12:33

Liebe Scarlett,

gerade habe ich Dein Gedicht noch einmal gelesen, jetzt mit dem Bild dazu. Ich finde es immer noch sehr gut. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Schluss noch wirkungsvoller ist, wenn Du das „dachte sie“ weglässt. Etwa so:

Auf Worte kein Verlass.
Sie legte das Buch
zur Seite.

Liebe Grüße
leonie


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