Glücksgedichte I

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 02.10.2010, 10:51

Dazu: Diese Gedichte haben glaube ich keinen besonderen Reiz, keine sonderlich großartige Metaphorik und sollen nichts als das Gefühl der beseelten Zufriedenheit hervorrufen - so wie ein gutes Frühstück in etwa. Ich möchte diese Reihe gerne starten, weil ich denke, dass es zu wenig glückliche Liebesgedichte gibt :smile: ... Ich hoffe es gefällt euch das eine oder andere. Schönen Tag!

"Ich folge dir." sprach ich und ging ihm nach
in die Cuisine, wo er zwei Nektarinen nahm.
"Und wieso tust du das?" - ich schwieg und lief
ihm nach über den Korridor ins Bad,

heraus und durch den Flur ins Schlafgemach -
wo er die Früchte auf sein Laken warf,
sich wandte und zurück in Richtung Küche
rannte - ich ihm nach.

Wir flanierten grundlos hin und her, endlich
bis zur Wohnungstür, er drehte um,
ich kam ihm nach.

"Ich folge dir." - Er fragte nicht wieso, er schwieg.
"Du, das Schweigen ist nur Lügen
ohne Fantasie."
rief ich; er lief
(mir nach).

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.10.2010, 11:05

Liebe Louisa,

das finde ich eine gute Reihe und wenn das einer reizvoll gestalten kann, dann du bestimmt! (So auch hier). Aber eine Frage: Hast Du dir die Endzeilen "Schweigen ist nur Lügen mit wenig Phantasie" selbst ausgedacht ("ohne" passt vielleicht besser)? Das ist ja eine geniale Unterstellung im Zusammenhang mit der Liebe :-)

Gefällt mir!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Louisa

Beitragvon Louisa » 02.10.2010, 11:18

Hallo Frauchen!

Oh, ich freue mich, dass du es magst!!! Sehr!

Ja, das habe ich mir selber im berauschten Zustand ausgedacht vor zwei Wochen, haha :smile: ! An jenem Abend hielt ich das für die größte Weisheit der Menschheitsgeschichte.

"ohne" ist besser, ja.

Schönen Tag!
l

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 02.10.2010, 11:51

Schweigen ist Lügen ohne Fantasie

you made my day
Renée

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leonie
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Beitragvon leonie » 02.10.2010, 12:03

Ach, so ein richtiges "Louisa-Gedicht". Ich freue mich, dass es eine Reihe wird! Ein tolles Anliegen, finde ich, her mit den glücklichen Louisa-Gedichten! Ich lese mit Vergnügen mehr davon.

Liebe Grüße

leonie

Louisa

Beitragvon Louisa » 02.10.2010, 14:02

haha...es scheint euch ja tatsächlich ebenso glücklich zu machen! Ich stelle mir schon vor daraus ein richtiges kleines Glücks-Buch zu machen....vielleicht kann ich meinen derzeitigen Verleger so viel Wein einflößen bis er zustimmt :smile: ... Es müsste dann bunt und voller Papier-Früchte sein! *grübel* und alles in einer fröhlichen Schrift!

Dumdidum...

Schönen HErbsttag!
l

PS: Vergesst bei euren Herbstgedichten bitte nicht, dass es draußen sehr kalt ist! Ich finde es furchtbar kalt! Brr!

Quoth
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Beitragvon Quoth » 02.10.2010, 14:21

Hallo, Louisa, klar über Liebesglück wird seltener gedichtet, weil es sich lyrisch leichter jammert als jubelt. Deshalb werde auch ich Deine Versuche mit Interesse verfolgen! Dein erster Text scheint die Ereignisarmut der glücklichen Liebe zu bestätigen: Ein einziges Nachgehen, Nachlaufen, Nachrennen, Nachkommen erfüllt den Text. Das Wörtchen "nach" hast Du wohl fünfmal strapaziert, und dabei bist Du doch eine unserer wortreichsten! Die Begeisterung für "Schweigen ist nur Lügen ohne Phantasie" kann ich nicht teilen. Für mich ist Schweigen (in den meisten Fällen) die Wahrheit sagen ohne Worte.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Louisa

Beitragvon Louisa » 02.10.2010, 14:27

Typisch Mann :mrgreen: !

("nach" ist ja auch ein schönes Wort :smile: ....)

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 02.10.2010, 14:56

Hallo Louisa,

Du, das Schweigen ist nur Lügen
ohne Fantasie



Schweigen heißt also, sich keine Euphemismen ausdenken zu müssen für ihre klumpigen Plateausohlen oder seinen Dreitagebart?
Solche Situationen kann ich wohl nachvollziehen, verbinde das allerdings nicht mit "Glück".

Wieso ist glückliche Liebe eigentlich ereignisarm?

Man kann schon beim Kennenlernen ansetzen, oder beim ersten Kuss, überhaupt der ganze Bereich der Erotik,beim ersten deutlichen Bekenntnis zueinander, bei der Entscheidung zusammenzuziehen, bei einer überstandenen Krise ect. Der ereignislose Alltag wäre nicht meine erste Idee um Glücksmomente zu suchen auch wenn es die dort (hoffentlich) auch gibt.


LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 02.10.2010, 16:18

ihr seid so ernst (ihr letzten kommentatoren) . nehmt doch das glück nicht so ernst, menno.
ich mag das kleine vor "nach" strotzende gedicht. mehr davon. mir ist danach

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 02.10.2010, 18:39

Hallo, Louisa,

auch ich mag den leichten Ton dieses Gedichts und mehr noch - wie immer - deinen Rhythmus, das Binnengereimte, der Schwung, der da einfach drin ist!

Zaunkönig verweist auf die Ereignisse, die "Meilensteine" einer Beziehung, klar, über die wird reichlich geschrieben, aber gerade diese Momente, in denen eigentlich nichts passiert und man trotzdem glücklich ist, zeigen am besten den Zustand, in dem sich Liebende befinden.

Deshalb finde ich diesen plötzlich so tiefschürfenden Satz "Schweigen ist Lügen ohne Fantasie" eher seltsam in dem Zusammenhang. Beide Schweigen ja in dem Gedicht auch mal. Lügen sie da denn? Finde ich nicht. Sie denken einfach gar nicht und laufen sich einfach hinterher, weil dieses Lebensgefühl sie gerade dazu verleitet. Oder schweigen sie etwa, um zu verbergen, dass es mit der "Liebe" gar nicht so weit her ist, sondern man sich das schöne Gefühl nur noch ein bisschen einbilden möchte? Dann wäre es mit der Leichtigkeit des Gedichts aber vorbei.

Im Übrigen finde ich Schweigen eine ganz ausgezeichnete Haltung, um nicht nur Lügen, sondern auch Floskeln, hohle Phrasen, aufgeblasenes Geschwätz und vieles mehr zu vermeiden. "Man soll keine Gelegenheit zum Schweigen auslassen" heißt es bei Uwe Tellkamp in seinem Roman "Der Turm". Dem kann ich nur zustimmen. Daher bin ich jetzt mal still ...

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.10.2010, 21:52

Hallo,

also ich habe nicht vorausgesetzt, dass der "Schweigensatz" immer anwendbar ist und eine eindeutige Wahrheit vermittelt. Aber ich finde im Kontext des Textes trifft er einen Punkt. Natürlich gibt es auch "anderes" Schweigen oder sagen wir die Schönheit des Schweigens oder dass Schweigen "besser" ist, aber ich finde es durchaus fein, dass in einem "Liebesglücksgedicht" auch einmal amüsant-gewieft darauf hingewiesen wird, dass sich die Liebe manchmal ihre Räume sucht, die bewusst erschwiegen sind. Und dass es vielleicht einiges an Phantasie brauchen würde, wenn den gleichen Zustand "sprechend" erreichen wollte. Das ist meines Erachtens krampflösend .-).

(was jetzt auch gar nicht die Diskussion zu der Zeile infrage stellen soll, bitte weitermachen!)

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Renée Lomris

Beitragvon Renée Lomris » 02.10.2010, 21:58

Louisas leichte heitere Texte tragen Wackersteine ... das Lügen-Schweigen ist einer dqvon. Zaunkönigs Gedanken dazu hatte ich auch und gleichzeitig, das Gefühl-das ist es- die eigenen Lügen ertragen und die des andern, das eigene und des andern Schweigen, die eigene und des anderen Fantasielosigkeit.

geht auf, löst sich im Suchen und Fangen ... es sind die schönsten Momente

Schweigen ist nicht immer gut. Es gab schon fürchterliches Schweigen.

las eben Lisas Beitrag: ja, so ähnlich meinte ich es auch

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 02.10.2010, 23:25

Die Lüge kann erst durch das Wort entstehen, das Schweigen ist rein, insofern bin ich - wie Qouth - offensichtlich ein Mann :o)

Aber das Gedicht ist sehr süß ...

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)


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