Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.07.2011, 23:52


die unruhe rastet nicht
wie das herz nie ruht
rastete das herz
ruht die unruhe
kern des lebens

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Eule
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Beitragvon Eule » 29.07.2011, 23:17

Der Kern des Lebens
Offen in unseren Händen
Bereit für die alten
Wunder und Fragen
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 30.07.2011, 00:05

tastende fragen allerwegen
sinnsuche antworten selten
die richtung glatt hin zur mitte
geradeaus eher kurvenreich
herauf und hernieder führen
geheime pfade möglicherweise
gelangt man zum kern mit geduld

Nifl
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Beitragvon Nifl » 30.07.2011, 09:51

Ich verlege mich

Umzweit bleiben wir in Julinächten

Zur Krümmung (der besonderen)

Eine Brise wie alte Haut

Dein Lippenkleid

Am Überbein ist mein Zuhause

Dort baue ich

Nenne dich Landunter
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.07.2011, 12:44


durch diese julinächte
gestört entzweit
rufe ich durchwacht nach herbst

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.07.2011, 15:50



In diesen Nächten schienen unsere Stimmen wie verlassene Leuchttürme.
Schroffe Felsen empfingen das Schiff. Wir sahen in die Ferne.
Eilten nicht hinaus; aus Angst: Das falsche Leben zu bergen.



Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 31.07.2011, 14:05



sie zählt fuß für fuß

maßeinheiten eines anderen

kontinents - eine gefühlssache

könnte man wegwischen

durch leerzeilen ersetzen

bis sie den ganzen bildschirm füllen





[ nur wer es weiß
würde sie sehen ]





ihr wird das blut bewusst

wie es kreist und darauf pocht

bis sie den gruß

in den mund nehmen kann

wie ein karamellbonbon

weil sie in alle himmelsrichtungen

aufwacht in die leere

schaut als wäre wer da


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

pjesma

Beitragvon pjesma » 03.08.2011, 13:25

frankfurt


gruß schon mal
aber erstmal die briefe
und die häckeldeckchen
nicht
die erinnerungen
gruß aber
schon mal
ein zettel
an den schwanz der bahn
festpappen
die kartondeckel
deckel! deckel!
ich kehre dir zurück
wenn auch auf den deckel
erstmal,
mon amour,
schon mal
im mund
der gruß
und in der hand
ein schraubenzieher,
ein korkenzieher:

die vorfreude
entkorkt das herz

pjesma

Beitragvon pjesma » 07.08.2011, 11:22

Los
zu den barden
Hol du dir
Das mittelalter
Metwein
Und spanferkel
Sehen
Und gesehen werden
Jung bist du
Frisch
Gespannt
Das leder
Deiner wangen
Dein lächeln
Hängt nicht
Über der feuerstelle
Los
Es tanzt der bär
Es rollt der rubel
Lebe
Ich hole mir bloß
Ein brötchen
Vom markt
Voller gedichte

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 07.08.2011, 12:27

marktbunt beginnt der samstag:
brot- und blumengerüche würzen
die farben alter markisen
zaghaftes flötenspiel mischt sich
in aal! heute salat!
billigwäsche, geflügel
rüben und speckige schuhe
zum treten und trippeln auf pflastergestein
treffen sich lachend die stimmen

zwölf uhr wischt über den platz -
plörrende meeresreste, fetzengefieder
leere gebinde, schales gebräu

buchstaben reißen und flattern

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noel
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Beitragvon noel » 07.08.2011, 13:13

buchstaben reiszen,
flattern spotlights mir zu aug
verzerren angebliche
realität, die ruht
in mir, wie auch du
& unser uns
anrisse, nICHt mehr
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Max

Beitragvon Max » 11.08.2011, 23:34

Riss
Spinnenfuss in meinem Gebälk
der teilt was zusammengedacht
war
kitten kann ich dich
(und wer denkt dabei an junge Katzen)
übertünchen
aber dich weg
denken
ist wie vergessen
was du
fest
weißt

Nichts wehr ewig

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.08.2011, 01:09


sie dachte ihn sich ewig
wünschte es sich so
doch der riss
wurde zum graben
dennoch kann sie nicht vergessen

pjesma

Beitragvon pjesma » 12.08.2011, 01:14

er hat sich den backfisch geholt
isst ihn im stehen
reißt ihn mit den lippen
die zum lippenreißen gemacht sind
oder um die lippen
jedenfalls
hingebungsvoll
zu begegnen
ein tröpfchen öl läuft ihm das kinnrunter
er lacht mit verschlossenem mund
und dicken backen
(ein schöner frosch)
seine augen grünfunkeln
über die serviette
er versucht etwas zu sagen
(gern hätt ich ihn geküsst)
aber der fisch hindert ihn
also wedelt er mit der freien hand
gibt zeichen
dass gleich die wichtigen worte kommen
sobald der fisch
untergetaucht ist
was machen wir aber
mit fünfzehn jahren
dazwischen
denke ich
eine ewigkeit
sage
„ich darfs probieren“
stehle mit dem daumen
ein klecks remoulade
aus der brötchenspalte
und lecke mir den finger ab
„gut schmeckts“
sag ich
„frisch ,vor allem“


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