.
hier schreib ich
(mich) gegen die wand
mit graffiti oder vielleicht
einem herzen, ganz klein,
das nur du rot siehst
ich male grell
mal in pastell
doch meine worte
schluckt die mauer
unerkannt
unerhört
der klang
fremder
selbstgefälligkeit.
leise laute –
unerwünscht.
©dj09/12
exil
Der Text liest sich rückwärts vom Ende her als Protestnote. Ein LI, das sich selbst als leise einstuft (und sich so sehr gut gefällt) kreidet der schluckenden Mauer den Hang zum Lauten an - will sagen, 'leise laute' klingt ganz gut, passt aber nicht zum Kernbild der Wand.
Der Umbruch vor Selbstgefälligkeit betont das Zielwort gut, mit dem die kritisierte Haltung auch per Druckbild bloßgestellt wird, der inhaltliche Umbruch zwei Zeilen vorher ist durch die Bindung 'unerhört/der Klang' versteckt, das ist technisch elegant gemacht.
Die Wand dient als metaphorisches Geschütz gegen die 'fremde Selbstgefälligkeit', das scheint mir eine lyrische Technik, die noch nie gut war und zu Recht diskreditiert ist. Die vom LI in Anspruck genommene Variabilität - insbesondere 'grell', aber auch graffiti - passt nicht zum Ende mit den leisen Tönen. Das 'vielleicht einem Herzen, ganz klein' appelliert an Zuneignung, nennt ein 'du' das für mich ein Fremdkörper im Text ist, es soll, so verstehe ich es, den empfindsamen wahren Adressaten der leisen Töne bezeichnen - das scheint mir keine glückliche Lösung für den angestrebten Gegenpol.
'Exil' stilisiert das im Prinzip ja harmlose Verschlucken der Worte zu einer Verfolgung, die in die Flucht treibt, das passt für mich nicht zum Inhalt des Textes.
Eine Anklageschrift, die auf mich laut, plakativ und selbstgefällig wirkt - ich zweifle, ob das die Absicht war. Das Genre ist lyrisch, glaube ich, kaum zu bedienen.
Grüße
Franz
Der Umbruch vor Selbstgefälligkeit betont das Zielwort gut, mit dem die kritisierte Haltung auch per Druckbild bloßgestellt wird, der inhaltliche Umbruch zwei Zeilen vorher ist durch die Bindung 'unerhört/der Klang' versteckt, das ist technisch elegant gemacht.
Die Wand dient als metaphorisches Geschütz gegen die 'fremde Selbstgefälligkeit', das scheint mir eine lyrische Technik, die noch nie gut war und zu Recht diskreditiert ist. Die vom LI in Anspruck genommene Variabilität - insbesondere 'grell', aber auch graffiti - passt nicht zum Ende mit den leisen Tönen. Das 'vielleicht einem Herzen, ganz klein' appelliert an Zuneignung, nennt ein 'du' das für mich ein Fremdkörper im Text ist, es soll, so verstehe ich es, den empfindsamen wahren Adressaten der leisen Töne bezeichnen - das scheint mir keine glückliche Lösung für den angestrebten Gegenpol.
'Exil' stilisiert das im Prinzip ja harmlose Verschlucken der Worte zu einer Verfolgung, die in die Flucht treibt, das passt für mich nicht zum Inhalt des Textes.
Eine Anklageschrift, die auf mich laut, plakativ und selbstgefällig wirkt - ich zweifle, ob das die Absicht war. Das Genre ist lyrisch, glaube ich, kaum zu bedienen.
Grüße
Franz
Ausgeschlossen
Das Gedicht thematisiert eine Situation des Ausgeschlossen-Seins anhand des zentralen Motivs der Wand/Mauer.
Die Wand als etwas Trennendes, teilt in ein Davor und ein Dahinter.
Die Bemühungen des LIs, dieses Trennende zu überwinden, die Mauer zu durchbrechen, scheitern an der Selbstgefälligkeit derer, die diese Mauer errichtet haben und jeden Versuch des LIs ins Leere laufen lassen/torpedieren.
Das Gedicht eröffnet mit einem unbestimmten „hier“ – hier schreibe ich … und es klingt so, als schriebe das Ich tatsächlich an ein Du, dem es im folgenden berichtet.
Hier – in Ascona, am Meer, in den Bergen, in meinem Zimmer, im Exil … schreibe ich …
Schreibe ich mich … mein Innerstes, das, was mich bewegt, was mich ausmacht. Und schreibe mich an die Wand.
Das ist eine nüchterne Feststellung.
Gegen die Wand reden oder schreiben heißt keine Aufmerksamkeit finden.
Mit dem Rücken zur Wand kämpfen, in einer aussichtslosen Lage sein.
Jemanden an die Wand spielen/reden, ihn geschickt ausschalten.
Und schließlich verzeichnet der Röhrich für etwas an die Wand schreiben, ein Warnzeichen geben, drohendes Unheil anzeigen, vergleichbar einem Menetekel.
All diese Bedeutungen schwingen in dem gewählten Ausdruck mit, das ist klug gesetzt von der Autorin, die im folgenden anhand zweier konsequent durchgehaltener Bilder die Versuche des LIs aufzeigt, jenseits der Mauer zu gelangen, wobei weder das Laute, Grelle noch das Leise, Pastellige etwas bewirkt, beides bleibt unerhört.
Der Spannungsbogen erreicht seinen höchsten Punkt in der Verszeile „Selbstgefälligkeit“, die auch optisch hervorgehoben ist.
Wie in einer klassischen Kurzgeschichte folgt diesem Höhepunkt ein knapp gehaltener Schluss, mit dem sich der Bogen zum Anfang, zum „hier“ schließt:
hier – unerwünscht.
Es greift meiner Meinung nach zu kurz, wollte man das LI in diesem Text mit dem Leisen in Verbindung setzen oder gar als das Leise sehen, das sich darüber „beklagt“ gegen das Laute nicht anzukommen- dagegen spricht der Text spätestens in der vorletzten Verszeile:
leise laute –
Die Kleinschreibung erlaubt es, die Wörter adjektivisch und substantivisch zu lesen, das ist das Naheliegende und das, was m M nach das zu kurz Greifen bewirkt.
Der Gedankenstrich nämlich eröffnet eine Leerstelle, aufgrund derer beide Wörter sehr wohl auch adjektivisch gelesen werden könnten und somit schlüssig zusammenfassen, was das Gedicht thematisiert: leise laute Töne/Wörter … völlig egal, /da/ unerwünscht.
In der Zusammenschau mit dem Anfang des Gedichtes ergibt das schließlich:
Hier schreibe ich – leise laute /Töne/ - /und das ist/ unerwünscht.
Das ist bitter, das ist hart, kompositorisch jedoch konsequent durchgeführt und weit von „Protestnote“ oder „Selbstgefälligkeit“ entfernt.
Respekt!
Das Gedicht thematisiert eine Situation des Ausgeschlossen-Seins anhand des zentralen Motivs der Wand/Mauer.
Die Wand als etwas Trennendes, teilt in ein Davor und ein Dahinter.
Die Bemühungen des LIs, dieses Trennende zu überwinden, die Mauer zu durchbrechen, scheitern an der Selbstgefälligkeit derer, die diese Mauer errichtet haben und jeden Versuch des LIs ins Leere laufen lassen/torpedieren.
Das Gedicht eröffnet mit einem unbestimmten „hier“ – hier schreibe ich … und es klingt so, als schriebe das Ich tatsächlich an ein Du, dem es im folgenden berichtet.
Hier – in Ascona, am Meer, in den Bergen, in meinem Zimmer, im Exil … schreibe ich …
Schreibe ich mich … mein Innerstes, das, was mich bewegt, was mich ausmacht. Und schreibe mich an die Wand.
Das ist eine nüchterne Feststellung.
Gegen die Wand reden oder schreiben heißt keine Aufmerksamkeit finden.
Mit dem Rücken zur Wand kämpfen, in einer aussichtslosen Lage sein.
Jemanden an die Wand spielen/reden, ihn geschickt ausschalten.
Und schließlich verzeichnet der Röhrich für etwas an die Wand schreiben, ein Warnzeichen geben, drohendes Unheil anzeigen, vergleichbar einem Menetekel.
All diese Bedeutungen schwingen in dem gewählten Ausdruck mit, das ist klug gesetzt von der Autorin, die im folgenden anhand zweier konsequent durchgehaltener Bilder die Versuche des LIs aufzeigt, jenseits der Mauer zu gelangen, wobei weder das Laute, Grelle noch das Leise, Pastellige etwas bewirkt, beides bleibt unerhört.
Der Spannungsbogen erreicht seinen höchsten Punkt in der Verszeile „Selbstgefälligkeit“, die auch optisch hervorgehoben ist.
Wie in einer klassischen Kurzgeschichte folgt diesem Höhepunkt ein knapp gehaltener Schluss, mit dem sich der Bogen zum Anfang, zum „hier“ schließt:
hier – unerwünscht.
Es greift meiner Meinung nach zu kurz, wollte man das LI in diesem Text mit dem Leisen in Verbindung setzen oder gar als das Leise sehen, das sich darüber „beklagt“ gegen das Laute nicht anzukommen- dagegen spricht der Text spätestens in der vorletzten Verszeile:
leise laute –
Die Kleinschreibung erlaubt es, die Wörter adjektivisch und substantivisch zu lesen, das ist das Naheliegende und das, was m M nach das zu kurz Greifen bewirkt.
Der Gedankenstrich nämlich eröffnet eine Leerstelle, aufgrund derer beide Wörter sehr wohl auch adjektivisch gelesen werden könnten und somit schlüssig zusammenfassen, was das Gedicht thematisiert: leise laute Töne/Wörter … völlig egal, /da/ unerwünscht.
In der Zusammenschau mit dem Anfang des Gedichtes ergibt das schließlich:
Hier schreibe ich – leise laute /Töne/ - /und das ist/ unerwünscht.
Das ist bitter, das ist hart, kompositorisch jedoch konsequent durchgeführt und weit von „Protestnote“ oder „Selbstgefälligkeit“ entfernt.
Respekt!
Durch die Überschrift exil geleitet, lese ich sogleich eine Heimatlosigkeit, ein Getrenntsein, ein Ausgeschlossensein aus dem Text. Der Weg zurück ist vermauert, das Ich versucht, in seinem "Gefängnis" wenigstens irgendetwas zu tun und schreibt, schreibt sich, sein Schicksal an die Mauer. Gegen die Mauer - da sehe ich sehr bildlich vor mir, wie es vergeblich irgendetwas hineinkratzt (das man nicht lesen kann), draufschreibt (und die Schrift verbleicht, zieht sich in den rauhen Stein) usw., verstärkt natürlich später durch doch meine worte schluckt die mauer.
Wichtig ist, und das lässt mich stutzen, ein du; das scheint weit fort. Es würde verstehen, wenn es da wäre. Gut, das untermauert meinen Begriff der Heimatlosigkeit, ist mir in einem Exil aber zu wenig - dieser eine Mensch, dieses eine Du. Ich werde nachher noch einmal darauf zurück kommen.
Auffällig sind die Gegensätze, die uns hier durchweg begegnen: (riesige) graffiti und ein ganz kleines herz, und, noch deutlicher: ich male grell/ mal in pastell, unerhört der klang und leise laute. Diese an sich unvereinbaren Gegensätze deuten für mich eine Situation an wie "ich stehe neben mir" oder "ich weiß nicht, wo ich hingehöre". Ich mache dies, mache das (im Exil) - und schaffe die Synthese nicht, die für mich heilsam wäre.
Das Du, das (allein) das kleine Herz lesen kann, reißt mich nun leider aus dem obigen Gedanken heraus. Diese Unvereinbarkeit der Gegensätze bekommen im Gefolge dieses Herz-Du eine seltsame Unentschiedenheit, das "ich stehe neben mir" beziehe ich dann plötzlich gar nicht mehr aufs Exil, sondern auf ein unglückliches Verliebtsein, eine dahingehende Trennung und so fort. Und plötzlich sehe ich ein ganz junges Mädel vor mir, das - zweifelsohne ehrlich-unglücklich - in eine Art "Gefühls-Exil" geraten ist und sich hauptsächlich auf das Du konzentriert. Und dann bekommt die selbstgefälligkeit und das leise laute -/ unerwünscht für mich einen fast wehleidigen Klang, der auf mich, sorry, pubertär wirkt, zumindest jedenfalls von einem flachen Trotz genährt, der dem Thema Exil m. E. nicht ganz gerecht wird.
Ich bin als Leserin so unentschieden wie die Aussage, dass das Ich sowohl grell als auch in Pastell malt: Einige Passagen, durchaus strukturell gemeint, finde ich gut gelöst, ich sehe sie aber auch - unnötigerweise - geschwächt.
Wichtig ist, und das lässt mich stutzen, ein du; das scheint weit fort. Es würde verstehen, wenn es da wäre. Gut, das untermauert meinen Begriff der Heimatlosigkeit, ist mir in einem Exil aber zu wenig - dieser eine Mensch, dieses eine Du. Ich werde nachher noch einmal darauf zurück kommen.
Auffällig sind die Gegensätze, die uns hier durchweg begegnen: (riesige) graffiti und ein ganz kleines herz, und, noch deutlicher: ich male grell/ mal in pastell, unerhört der klang und leise laute. Diese an sich unvereinbaren Gegensätze deuten für mich eine Situation an wie "ich stehe neben mir" oder "ich weiß nicht, wo ich hingehöre". Ich mache dies, mache das (im Exil) - und schaffe die Synthese nicht, die für mich heilsam wäre.
Das Du, das (allein) das kleine Herz lesen kann, reißt mich nun leider aus dem obigen Gedanken heraus. Diese Unvereinbarkeit der Gegensätze bekommen im Gefolge dieses Herz-Du eine seltsame Unentschiedenheit, das "ich stehe neben mir" beziehe ich dann plötzlich gar nicht mehr aufs Exil, sondern auf ein unglückliches Verliebtsein, eine dahingehende Trennung und so fort. Und plötzlich sehe ich ein ganz junges Mädel vor mir, das - zweifelsohne ehrlich-unglücklich - in eine Art "Gefühls-Exil" geraten ist und sich hauptsächlich auf das Du konzentriert. Und dann bekommt die selbstgefälligkeit und das leise laute -/ unerwünscht für mich einen fast wehleidigen Klang, der auf mich, sorry, pubertär wirkt, zumindest jedenfalls von einem flachen Trotz genährt, der dem Thema Exil m. E. nicht ganz gerecht wird.
Ich bin als Leserin so unentschieden wie die Aussage, dass das Ich sowohl grell als auch in Pastell malt: Einige Passagen, durchaus strukturell gemeint, finde ich gut gelöst, ich sehe sie aber auch - unnötigerweise - geschwächt.
nach lesung dieses gedichtes, kann ich mich dem eindruck nicht entziehen, dass sein hauptproblem in der etwas unsorfälltigen, daher irreführenden auswahl des titels liegt.
betrachten wir es sachlich, quelle wikipedia:
„Der Begriff Exil (lateinisch Exilium, zu ex(s)ul = in der Fremde weilend, verbannt) bezeichnet die Abwesenheit eines Menschen oder einer Volksgruppe aus der eigenen Heimat, die aufgrund von Ausweisung, Verbannung, Vertreibung, Ausbürgerung, Zwangsumsiedlung, religiöser oder politischer Verfolgung sowie unerträglicher Verhältnisse im Heimatland mit anschließender Auswanderung hervorgerufen wurde. Das Exil ist daher meist mit Einschränkungen der freien Entfaltung des Individuums am ursprünglichen Aufenthaltsort verbunden. Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen Staat statt „
hier dagegen, haben wir ein LI das anscheinend gegen selbstgefälligkeit zu kämpfen vergeblich versuchte und vor der selbstgefälligkeit flieht. selbstgefälligkeit der fremden erscheint mir , (nebenbeibemerkt-flüchtlings/exil erfahren), nicht grund genug für ein „exil“, nicht schwerwiegend genug und nicht existenzbedrohlich. diesbezüglich wirkt das gedicht für mich eher als geschichte einer seelischen kränkung. auch dies erscheint mir nicht grund genug, dies mit dem exil zu vergleichen (man stelle sich aufruhr in der welt vor, wen jedes verletzte gefühl einen umzug nach sich zöge!).weil- nirgendwo in dem gedicht ist von einer verbannung und verfolgung die rede .
das LI fühlt sich unerhört, schwach, „unerwünscht“ und empfindet eigene töne zu leise und zu fein, und wählt, anstatt seine stimme markanter zu machen, einen rückzug. „exil“ ist also selbstgewählt, gar kein exil.
wenn ich dem titel exil, allem zu trotz, eine „berechtigung“ gewähre, was durchaus im sinne einer (zwar etwas dickaufgetragenen dennoch denkbaren) metapher möglich ist---komme ich trotzdem nicht drumherum einen vergleichenden blick auf die definition zu werfen, und da lese ich noch mal:
„Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen ….statt „ , was mir wiederum den heiteren eindruck vermittelt: hier ist eine chance für einen neuanfang! chance,für LI, sich mit sich(nicht nur mit der welt!) auseinanderzusetzen und sich neu zu erfinden, neu zu deffinieren ,die karten neu zu mischen. aber nichts davon finde ich im text.
auch an seinem neuen ort, ergreift das LI die chance nicht, sondern dreht sich selbstmitleidig um sich und vorwurfsvoll der umwelt gegenüber. unter diesem aspekt, wird das leitwort des gedichtes, nämlich -selbstgefälligkeit, zu einem bumerang. wie schon in einer vorangegangenen rezension erwähnt---wir haben hier ein LI das sich in einer leidenden rolle ziemlich gefällt. dies benötigt einen weniger irreführenden titel , finde ich. einen, der klarstellt dass dieses gedicht keine geschichte einer bösen unterdrückung ist, sondern eine geschichte verletzter gefühle , gekränkter eitelkeiten und menschlicher differenzen.
dagegen, leider, ist für niemanden und niergendwo ein exil gewachsen.
betrachten wir es sachlich, quelle wikipedia:
„Der Begriff Exil (lateinisch Exilium, zu ex(s)ul = in der Fremde weilend, verbannt) bezeichnet die Abwesenheit eines Menschen oder einer Volksgruppe aus der eigenen Heimat, die aufgrund von Ausweisung, Verbannung, Vertreibung, Ausbürgerung, Zwangsumsiedlung, religiöser oder politischer Verfolgung sowie unerträglicher Verhältnisse im Heimatland mit anschließender Auswanderung hervorgerufen wurde. Das Exil ist daher meist mit Einschränkungen der freien Entfaltung des Individuums am ursprünglichen Aufenthaltsort verbunden. Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen Staat statt „
hier dagegen, haben wir ein LI das anscheinend gegen selbstgefälligkeit zu kämpfen vergeblich versuchte und vor der selbstgefälligkeit flieht. selbstgefälligkeit der fremden erscheint mir , (nebenbeibemerkt-flüchtlings/exil erfahren), nicht grund genug für ein „exil“, nicht schwerwiegend genug und nicht existenzbedrohlich. diesbezüglich wirkt das gedicht für mich eher als geschichte einer seelischen kränkung. auch dies erscheint mir nicht grund genug, dies mit dem exil zu vergleichen (man stelle sich aufruhr in der welt vor, wen jedes verletzte gefühl einen umzug nach sich zöge!).weil- nirgendwo in dem gedicht ist von einer verbannung und verfolgung die rede .
das LI fühlt sich unerhört, schwach, „unerwünscht“ und empfindet eigene töne zu leise und zu fein, und wählt, anstatt seine stimme markanter zu machen, einen rückzug. „exil“ ist also selbstgewählt, gar kein exil.
wenn ich dem titel exil, allem zu trotz, eine „berechtigung“ gewähre, was durchaus im sinne einer (zwar etwas dickaufgetragenen dennoch denkbaren) metapher möglich ist---komme ich trotzdem nicht drumherum einen vergleichenden blick auf die definition zu werfen, und da lese ich noch mal:
„Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen ….statt „ , was mir wiederum den heiteren eindruck vermittelt: hier ist eine chance für einen neuanfang! chance,für LI, sich mit sich(nicht nur mit der welt!) auseinanderzusetzen und sich neu zu erfinden, neu zu deffinieren ,die karten neu zu mischen. aber nichts davon finde ich im text.
auch an seinem neuen ort, ergreift das LI die chance nicht, sondern dreht sich selbstmitleidig um sich und vorwurfsvoll der umwelt gegenüber. unter diesem aspekt, wird das leitwort des gedichtes, nämlich -selbstgefälligkeit, zu einem bumerang. wie schon in einer vorangegangenen rezension erwähnt---wir haben hier ein LI das sich in einer leidenden rolle ziemlich gefällt. dies benötigt einen weniger irreführenden titel , finde ich. einen, der klarstellt dass dieses gedicht keine geschichte einer bösen unterdrückung ist, sondern eine geschichte verletzter gefühle , gekränkter eitelkeiten und menschlicher differenzen.
dagegen, leider, ist für niemanden und niergendwo ein exil gewachsen.
pjesma hat geschrieben:
hier dagegen, haben wir ein LI das anscheinend gegen selbstgefälligkeit zu kämpfen vergeblich versuchte und vor der selbstgefälligkeit flieht. selbstgefälligkeit der fremden erscheint mir , (nebenbeibemerkt-flüchtlings/exil erfahren), nicht grund genug für ein „exil“, nicht schwerwiegend genug und nicht existenzbedrohlich. diesbezüglich wirkt das gedicht für mich eher als geschichte einer seelischen kränkung. auch dies erscheint mir nicht grund genug, dies mit dem exil zu vergleichen (man stelle sich aufruhr in der welt vor, wen jedes verletzte gefühl einen umzug nach sich zöge!).weil- nirgendwo in dem gedicht ist von einer verbannung und verfolgung die rede .
das LI flieht nicht, es ist einfach außen vor- es wird gar nicht erst hinter die mauer gelassen.
das, und nur das steht im text.
by the way, ob und wie schlimm jemand etwas empfindet, ist- mit verlaub - immer noch sehr individuell und darüber zu spekulieren müßig.
und natürlich bezeichnet exil hier nicht einen aus politischen gründen erzwungenen umzug, du meine güte!
innere emigration soll es ja auch noch geben ...
pjesma hat geschrieben: das LI fühlt sich unerhört, schwach, „unerwünscht“ und empfindet eigene töne zu leise und zu fein, und wählt, anstatt seine stimme markanter zu machen, einen rückzug. „exil“ ist also selbstgewählt, gar kein exil.
auch diese aussage ist am text nicht haltbar- das LI spricht sehr wohl davon, dass weder leise noch laute töne etwas bewirkt haben, es bleibt ausgeschlossen- und dieses ausgeschlossen sein empfindet das ich als exil- als verbannung.
auch hier hülfe es, am text zu bleiben und ihm nichts von außen aufzustülpen!
pjesma hat geschrieben:
wenn ich dem titel exil, allem zu trotz, eine „berechtigung“ gewähre, was durchaus im sinne einer (zwar etwas dickaufgetragenen dennoch denkbaren) metapher möglich ist---komme ich trotzdem nicht drumherum einen vergleichenden blick auf die definition zu werfen, und da lese ich noch mal:
„Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen ….statt „ , was mir wiederum den heiteren eindruck vermittelt: hier ist eine chance für einen neuanfang! chance,für LI, sich mit sich(nicht nur mit der welt!) auseinanderzusetzen und sich neu zu erfinden, neu zu deffinieren ,die karten neu zu mischen. aber nichts davon finde ich im text.
natürlich nicht, weil das nicht thema des gedichtes ist.
pjesma hat geschrieben:
auch an seinem neuen ort, ergreift das LI die chance nicht, sondern dreht sich selbstmitleidig um sich und vorwurfsvoll der umwelt gegenüber.
selbstmitleidig? beleg am text, bitte.
vorwurfsvoll? beleg am text, bitte!
das Ich stellt sachlich fest!
pjesma hat geschrieben: wir haben hier ein LI das sich in einer leidenden rolle ziemlich gefällt.
überinterpretiert bzw. hineininterpretiert, nichts, aber auch gar nichts davon lässt sich am gewählten vokabular des gedichtes aufzeigen!
pjesma hat geschrieben:dies benötigt einen weniger irreführenden titel , finde ich. einen, der klarstellt dass dieses gedicht keine geschichte einer bösen unterdrückung ist, sondern eine geschichte verletzter gefühle , gekränkter eitelkeiten und menschlicher differenzen.
dies ist ja auch nicht die geschichte einer bösen unterdrückung, sondern die geschichte eines ausschlusses, einer verbannung, eines außen vor lassens ...
verletzte gefühle? gekränkte eitelkeiten? menschliche differenzen????
wie war das doch gleich nochmal: ein text ist ein text ist ein text ...
nur wenn es nicht passt, dann wird er einfach nicht gesehen!
des weiteren greift diese besprechung des textes nichts auf, was an weiteren inhaltlichen komponenten zu nennen wären, geschweige denn irgendwelche stilistischen merkmale- aufgrund derer klar wird, dass da jemand sein handwerk versteht und nichts auf die schnelle einfach mal so hinrotzt.
aber warum sollte man das auch erwähnen, nech? man müsste ja dann unter umständen doch ein gutes haar am gedicht lassen.
Zuletzt geändert von scarlett am 27.10.2012, 18:01, insgesamt 3-mal geändert.
achherrje.
"empfindet das ich als exil- als verbannung." mit betonung (auch)auf empfindet.
ein text ist ein text ist ein text. bitte auch bei meinem (kritik)text bleiben, und nicht aus anderen ordnern hinzudichten.
also, zitat des zitates des zitates des zitates:
ein text ist ein text ist ein text
.
und das hier ist ein text in dem jemandes würde/eitelkeit/gefühls-verletzung beschrieben worden ist, da man ihn überhört, übersehen, seiner meinung nach- nicht genug gewürdigt hat, trotz aller seiner mühe . dass der schmerz und das verletztsein des LI wahr und echt empfunden sein mögen, bezweifle ich nicht. bloß, diesen schmerz darzustellen und nur auf die "wand" und die anderen zu proizieren--- befriedigt mich als leser nicht, ist mir zu einseitig, da fehlt eine selbstreflexion im text, die das LI etwas weniger fehlerlos und mimosenhaft erscheinen lässt, verständlicher. menschlich tut mir das LI natürlich leid, das er so zartbesaitet ist (da bin ich mit dem LI dann schon zu zweit im leidtun).
aber darum geht es gar nicht, wie auch nicht darum, auf dem gedicht kein gutes haar zu lassen---(was meiner kritik auch gar nicht vorgeworfen werden kann). meine beobachtungen bezogen sich gröstenteils auf nur eine facette---nämlich, fälschlicherweiße gewählten titel. in anbetracht wirklichen, schicksalhaften,exilverursachenden katastrophen (wir wollen das jeweilige unglück jetzt nicht nach stufen abarbeiten), ist ausbleibende anerkennung (töne überhören) nun wirklich ein klacks, wenns auch kurzfristig recht weh tun kann. daher wäre das gedicht meiner meinung nach besser aufgehoben unter einem anderen, ehrlicheren, weniger übertreibenden titel als "exil". "verletzt",oder "überhört" oder ähnlich. unverstanden, vielleicht.
und eine frage gestatte ich mir, auf welche nicht beantwortet werden muss: selbstgefälligkeitvorwurf des LI den "anderen" gegenüber, impliziert das, dass es davon frei ist (so edel)? oder das es sich selbst nicht gefällt?(was können die "anderen" dafür?)
es ist ein gedicht über die mitmenschlichkeit. mit betonung auf "mit". der autor will die menschen miteinbeziehen, was ihm auch offensichtlich gelingt (vom wegen leise töne und zu wenig aufmerksamkeit- sic). es ist für mich NICHT ein exilgedicht.
mit explizit nicht galleüberschäumenden grüßen, your sincerely...
"empfindet das ich als exil- als verbannung." mit betonung (auch)auf empfindet.
ein text ist ein text ist ein text. bitte auch bei meinem (kritik)text bleiben, und nicht aus anderen ordnern hinzudichten.
also, zitat des zitates des zitates des zitates:
ein text ist ein text ist ein text
.
und das hier ist ein text in dem jemandes würde/eitelkeit/gefühls-verletzung beschrieben worden ist, da man ihn überhört, übersehen, seiner meinung nach- nicht genug gewürdigt hat, trotz aller seiner mühe . dass der schmerz und das verletztsein des LI wahr und echt empfunden sein mögen, bezweifle ich nicht. bloß, diesen schmerz darzustellen und nur auf die "wand" und die anderen zu proizieren--- befriedigt mich als leser nicht, ist mir zu einseitig, da fehlt eine selbstreflexion im text, die das LI etwas weniger fehlerlos und mimosenhaft erscheinen lässt, verständlicher. menschlich tut mir das LI natürlich leid, das er so zartbesaitet ist (da bin ich mit dem LI dann schon zu zweit im leidtun).
aber darum geht es gar nicht, wie auch nicht darum, auf dem gedicht kein gutes haar zu lassen---(was meiner kritik auch gar nicht vorgeworfen werden kann). meine beobachtungen bezogen sich gröstenteils auf nur eine facette---nämlich, fälschlicherweiße gewählten titel. in anbetracht wirklichen, schicksalhaften,exilverursachenden katastrophen (wir wollen das jeweilige unglück jetzt nicht nach stufen abarbeiten), ist ausbleibende anerkennung (töne überhören) nun wirklich ein klacks, wenns auch kurzfristig recht weh tun kann. daher wäre das gedicht meiner meinung nach besser aufgehoben unter einem anderen, ehrlicheren, weniger übertreibenden titel als "exil". "verletzt",oder "überhört" oder ähnlich. unverstanden, vielleicht.
und eine frage gestatte ich mir, auf welche nicht beantwortet werden muss: selbstgefälligkeitvorwurf des LI den "anderen" gegenüber, impliziert das, dass es davon frei ist (so edel)? oder das es sich selbst nicht gefällt?(was können die "anderen" dafür?)
es ist ein gedicht über die mitmenschlichkeit. mit betonung auf "mit". der autor will die menschen miteinbeziehen, was ihm auch offensichtlich gelingt (vom wegen leise töne und zu wenig aufmerksamkeit- sic). es ist für mich NICHT ein exilgedicht.
mit explizit nicht galleüberschäumenden grüßen, your sincerely...
Exil ist ein Wort, das mit sehr starken Assoziationen belegt ist. Verfolgung, Freiheitsbeschränkung, Verbannung ... Das kann der Text aber auch für mich nicht aufgreifen und thematisieren. Das birgt aus meiner Sicht die große Gefahr, dass der Eindruck der Dramatisierung, der Jammerei entsteht.
Da Titel und "hier" so dicht aufeinanderfolgen, frage ich mich, ob sich das LIch bereits im Exil befindet. Auch die Kommentare scheinen da in unterschiedliche Richtungen zu gehen. Am Ende sehe ich es als Drohung im Sinne: Wenn ich hier nicht gehört werde, bin ich wohl unerwünscht, ich werde vertrieben, ich gehe ins Exil.
Im Gedicht findet aus meiner Sicht von Seiten des LIch eine klare Aufteilung, Abgrenzung statt. Ich & Du und der "böse", selbstgefällige Rest der "Hier-Welt". Da es sich auch unmittelbar aufs Schreiben bezieht, ich die Worte des LIchs lese, und so unweigerlich mitangesprochen bin, drängt das Gedicht hier auch die Frage auf: Wo stehst du Leser, bist du auf meiner Seite. Für mich immer ein schwieriger Ausgangspunkt, der mich auf Distanz gehen lässt.
Ein LIch schreibt (sich) gegen die Wand, egal wie, ob laut oder leise, grell oder pastell, es geht ihm nicht um das Schreiben, sondern um das Gehörtwerden, das Erkanntwerden, um Sich. Das Du scheint da nicht ausreichend und offenbar fühlt es sich von allen anderen nicht verstanden, nicht erhört. Aus dieser gefühlten Situation heraus, klagt es (an), was am stärksten durch die herausgestellte "Selbstgefälligkeit" deutlich wird. Das LIch nimmt sich aber aus, sagt, ihm sei das Selbstgefällige fremd. Durch die Herzzeile schwingt da für mich auch der Anfang eines Kindergebetes mit hinein: Ich bin klein, mein Herz ist rein ..., das ist aber sicher nur eine Ergänzung, die sich gut einfügt, aber so nicht mitgelesen werden muss.
Schön gemacht ist die doppelte Leseweise des "unerhört". LIch bleibt unerhört, das ist ja unerhört! LIch sieht sich in der Opferrolle, die Schuldverteilung ist klar, die Gut/Böseverteilung auch. Diese Anklage, dieses Urteil, die Haltung des LIch, die darin zum Ausdruck kommt, unterstützt für mich den Eindruck, dass LIch hier fleißig selbst an seiner Mauer baut, das aber nicht sieht.
Wovon bekomme ich zu lesen ... vom Blick auf das eigene Sagen, das LIch kreist um Sich und seine Wahrnehmung. Der Blick reicht aber nicht hinaus, es sieht die Mauer, aber die Gesichter bleiben ungesehen, ich erfahre nichts von ihnen. LIch relativiert, überdenkt, hinterfragt die eigene Einschätzung in keinster Weise. Weder taucht die Frage auf, wer die Mauer errichtet hat, oder ob sie überhaupt außerhalb der Wahrnehmung des LIch existiert, noch die Frage, wie es zu diesem Eindruck des Unerwünschtseins kommt, noch wird das Urteil auch auf das eigene Verhalten und die eigene Wahrnehmung hin befragt. Der Text bietet mir als Leser keinerlei Anhaltspunkte, wie es zu dieser Wahrnehmung kommt, ob denn tatsächlich etwas stattgefunden hat, das das Wort "Exil" in irgendeiner Weise rechtfertigen würde. Natürlich könnte ich mich mit LIch "solidarisieren", seine Wahrnehmung ohne eigene Einsicht in das Geschehene als richtig und einzige Sichtweise annehmen, aber warum sollte ich das tun?
Ich kann es als Protestgedicht lesen, ich kann es als emotionales Trotzgedicht lesen, aus einer Kränkung, Verletzung des LIch heraus, als Anlassgedicht, als Aufzeigen, wie diese Mechanismen funktionieren und wie schnell man sich selbst "einmauert", die Mauer immer höher zieht, wie man, wenn man sich nicht gehört fühlt (Über-)Steigerungen einbaut, laut wird, zu große Worte verwendet, (ver)urteilt, abschätzig gegen andere wird ... Was ich aber im Text nicht finde sind diese Aspekte:
Mir persönlich fehlt dann am Ende wohl ein wenig der Blick des LIch in den Spiegel, ein kleines Schmunzeln über sich selbst, oder zumindest ein kleines Erkennen. So bleibt mir der unangenehme Eindruck, dass die Autorin sich der anderen Seiten ihrer Geschichte selbst nicht bewusst war, dass das Gedicht nicht geschrieben wurde, um eine Haltung, Mechanismen aufzuzeigen, um so ein Einhaken beim Leser hervorzurufen, dass sie kein Hinterfragen in Gang setzen wollte, sondern tatsächlich eine blinde Solidarisierung und ein Einstimmen in die (An)Klage intendierte. Dass das offensichtlich bei manchen Lesern auch so funktioniert, sie es tatsächlich mit dieser Haltung lesen, würde mich als Autorin nachdenklich machen und für mich gegen das Gedicht in seiner jetzigen Fassung sprechen.
Da Titel und "hier" so dicht aufeinanderfolgen, frage ich mich, ob sich das LIch bereits im Exil befindet. Auch die Kommentare scheinen da in unterschiedliche Richtungen zu gehen. Am Ende sehe ich es als Drohung im Sinne: Wenn ich hier nicht gehört werde, bin ich wohl unerwünscht, ich werde vertrieben, ich gehe ins Exil.
Wo steht das im Text? Und wo wäre dann die Heimat des LIch, aus der es vertrieben wird?scarlett hat geschrieben:das LI flieht nicht, es ist einfach außen vor- es wird gar nicht erst hinter die mauer gelassen.
Im Gedicht findet aus meiner Sicht von Seiten des LIch eine klare Aufteilung, Abgrenzung statt. Ich & Du und der "böse", selbstgefällige Rest der "Hier-Welt". Da es sich auch unmittelbar aufs Schreiben bezieht, ich die Worte des LIchs lese, und so unweigerlich mitangesprochen bin, drängt das Gedicht hier auch die Frage auf: Wo stehst du Leser, bist du auf meiner Seite. Für mich immer ein schwieriger Ausgangspunkt, der mich auf Distanz gehen lässt.
Ein LIch schreibt (sich) gegen die Wand, egal wie, ob laut oder leise, grell oder pastell, es geht ihm nicht um das Schreiben, sondern um das Gehörtwerden, das Erkanntwerden, um Sich. Das Du scheint da nicht ausreichend und offenbar fühlt es sich von allen anderen nicht verstanden, nicht erhört. Aus dieser gefühlten Situation heraus, klagt es (an), was am stärksten durch die herausgestellte "Selbstgefälligkeit" deutlich wird. Das LIch nimmt sich aber aus, sagt, ihm sei das Selbstgefällige fremd. Durch die Herzzeile schwingt da für mich auch der Anfang eines Kindergebetes mit hinein: Ich bin klein, mein Herz ist rein ..., das ist aber sicher nur eine Ergänzung, die sich gut einfügt, aber so nicht mitgelesen werden muss.
Schön gemacht ist die doppelte Leseweise des "unerhört". LIch bleibt unerhört, das ist ja unerhört! LIch sieht sich in der Opferrolle, die Schuldverteilung ist klar, die Gut/Böseverteilung auch. Diese Anklage, dieses Urteil, die Haltung des LIch, die darin zum Ausdruck kommt, unterstützt für mich den Eindruck, dass LIch hier fleißig selbst an seiner Mauer baut, das aber nicht sieht.
Wovon bekomme ich zu lesen ... vom Blick auf das eigene Sagen, das LIch kreist um Sich und seine Wahrnehmung. Der Blick reicht aber nicht hinaus, es sieht die Mauer, aber die Gesichter bleiben ungesehen, ich erfahre nichts von ihnen. LIch relativiert, überdenkt, hinterfragt die eigene Einschätzung in keinster Weise. Weder taucht die Frage auf, wer die Mauer errichtet hat, oder ob sie überhaupt außerhalb der Wahrnehmung des LIch existiert, noch die Frage, wie es zu diesem Eindruck des Unerwünschtseins kommt, noch wird das Urteil auch auf das eigene Verhalten und die eigene Wahrnehmung hin befragt. Der Text bietet mir als Leser keinerlei Anhaltspunkte, wie es zu dieser Wahrnehmung kommt, ob denn tatsächlich etwas stattgefunden hat, das das Wort "Exil" in irgendeiner Weise rechtfertigen würde. Natürlich könnte ich mich mit LIch "solidarisieren", seine Wahrnehmung ohne eigene Einsicht in das Geschehene als richtig und einzige Sichtweise annehmen, aber warum sollte ich das tun?
Ich kann es als Protestgedicht lesen, ich kann es als emotionales Trotzgedicht lesen, aus einer Kränkung, Verletzung des LIch heraus, als Anlassgedicht, als Aufzeigen, wie diese Mechanismen funktionieren und wie schnell man sich selbst "einmauert", die Mauer immer höher zieht, wie man, wenn man sich nicht gehört fühlt (Über-)Steigerungen einbaut, laut wird, zu große Worte verwendet, (ver)urteilt, abschätzig gegen andere wird ... Was ich aber im Text nicht finde sind diese Aspekte:
Zum Überwinden- und Durchbrechenwollen einer Mauer gehört meiner Ansicht nach erst einmal das Wahrnehmen, Betrachten des Anderen und das Hinterfragen des Eigenen, der eigenen Wahrnehmung. Beides sehe ich im Gedicht nicht.scarlett hat geschrieben:Die Bemühungen des LIs, dieses Trennende zu überwinden, die Mauer zu durchbrechen, scheitern an der Selbstgefälligkeit derer, die diese Mauer errichtet haben und jeden Versuch des LIs ins Leere laufen lassen/torpedieren.
Mir persönlich fehlt dann am Ende wohl ein wenig der Blick des LIch in den Spiegel, ein kleines Schmunzeln über sich selbst, oder zumindest ein kleines Erkennen. So bleibt mir der unangenehme Eindruck, dass die Autorin sich der anderen Seiten ihrer Geschichte selbst nicht bewusst war, dass das Gedicht nicht geschrieben wurde, um eine Haltung, Mechanismen aufzuzeigen, um so ein Einhaken beim Leser hervorzurufen, dass sie kein Hinterfragen in Gang setzen wollte, sondern tatsächlich eine blinde Solidarisierung und ein Einstimmen in die (An)Klage intendierte. Dass das offensichtlich bei manchen Lesern auch so funktioniert, sie es tatsächlich mit dieser Haltung lesen, würde mich als Autorin nachdenklich machen und für mich gegen das Gedicht in seiner jetzigen Fassung sprechen.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
@ pjesma:
ich werde mit sicherheit hier nicht weiter "diskutieren"- das ist perlen vor die säue.
und es ist mir schurzpiepegal, wie mir das ausgelegt wird.
ich habe eine interpretation zum text im sinne des publicus geschrieben, die sich am text orientiert, mit der mag konform gehen, wer will, wer nicht- not my cup of coffee. ich bin damit zufrieden.
ich weigere mich, "argumenten" zu folgen, die dem text übergestülpt werden, die auf irgendwelche "befindlichkeiten" der autorin zielen, über die man ja anscheindend genauestens bescheid weiß - die zeiten der biografisch geprägten interpretationen ist längst vorbei.
in diesem sinne- frohes weiterdiskutieren oder im kreise drehen.
ich werde mit sicherheit hier nicht weiter "diskutieren"- das ist perlen vor die säue.
und es ist mir schurzpiepegal, wie mir das ausgelegt wird.
ich habe eine interpretation zum text im sinne des publicus geschrieben, die sich am text orientiert, mit der mag konform gehen, wer will, wer nicht- not my cup of coffee. ich bin damit zufrieden.
ich weigere mich, "argumenten" zu folgen, die dem text übergestülpt werden, die auf irgendwelche "befindlichkeiten" der autorin zielen, über die man ja anscheindend genauestens bescheid weiß - die zeiten der biografisch geprägten interpretationen ist längst vorbei.
in diesem sinne- frohes weiterdiskutieren oder im kreise drehen.
Flora hat geschrieben: Ich & Du und der "böse", selbstgefällige Rest der "Hier-Welt".
Genau das ist es, was meinen Eindruck des "Pubertären", also Unreifen, hervorruft. Natürlich gibt es diese Stimmung, und sie hat auch ihre Berechtigung, dafür jedoch ist mir der Titel exil eine Nummer zu groß.
auch ich verabschiede mich hier, mit einem leisem schmunzeln gen zweierlei maß in einforderung eines netten umgangs miteinander, und werfe in sich drehendes kreiß dieser "diskussion" keine perlen, denn so schnurzpiepegal ist mir noch nie einer gewesen damit ich ihn mit säuen verwechseln könnte, in aller meiner lürische womöglich vorhandenen garstigkeit...aber was ich werfe, mit vielen lieben grüßen , ist:
http://www.betterplace.org/paperclip/00 ... Banane.jpg
unvergesslich, es bleibt. danke, amanita!
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