Die Wand

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
galapapa

Beitragvon galapapa » 07.04.2013, 10:08

Dein scheinbar freundliches Gesicht,
es ist, ich fühle es, Fassade,
mich zu berühren sich zu schade;
ich seh dich, doch ich spür dich nicht.
Im Blick verbirgst du bloße Gnade,
dein Mitgefühl wirkt leer und fade
und deine Höflichkeit wie Pflicht.

Was war das, was uns so verband?
Hast du in jenen süßen Stunden
denn ähnlich tief wie ich empfunden?
Nun fühl ich zwischen uns die Wand,
dahinter ist so viel verschwunden.
In meiner Seele klaffen Wunden,
für die ich niemals Heilung fand.

Nie sah ich dich so fremd und kalt.
Du spiegelst mir dein Unbehagen,
lässt mich allein mit tausend Fragen;
ich fühl mich hilflos, leer und alt.
Hör auf, mich wortlos anzuklagen,
mir lächelnd ins Gesicht zu schlagen
und komm aus deinem Hinterhalt.

Niko

Beitragvon Niko » 01.05.2013, 18:14

mir gefällt dein gedicht, galapapa!
die zeile 4 der ersten strophe ist zu lang, fällt aus dem versmaß. vielleicht statt "ich sehe dich, doch ich spür dich nicht" besser: "ich sehe dich und spür dich nicht" oder "ich seh' dich, aber spür' dich nicht".
ansonsten für mich sehr sauber gereimt!

liebe grüße: niko

galapapa

Beitragvon galapapa » 30.06.2013, 17:25

Lieber Niko,
erst mal möchte ich mich entschuldigen dafür, dass ich erst heute auf Deinen Kommentar antworte. Es gab lang keine Reaktion und ich war dann eine Zeitlang nicht mehr im Forum; das ist der Grund.
Nun aber, herzlichen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob!
Deinen Hinweis bezüglich S1/V4 kann ich allerdings nicht nachvollziehen. In Strophe eins haben alle Verse vier Hebungen, jene mit männlicher Endung acht und die mit weiblicher Kadenz neun Silben, so wie in allen anderen Strophen auch.
Kann es sein, dass Du Dich verzählt hast?
Nochmals danke und herzliche Grüße!
galapapa

Rita

Beitragvon Rita » 11.08.2013, 08:37

Zwei, zwischen denen es nicht gut geht. Ganz verstehe ich aber nicht, warum es nicht gut geht, Galapapa. Das Gedicht ist sehr korrekt gereimt, das Reimschema wird eingehalten, was das Handwerkliche angeht, gibt es meines Erachtens nichts zu bemängeln. Vielleicht aber, dass du zu viele Worte machst, du verdichtest nicht genug. Deshalb hat man ein wenig das Gefühl, hier wird Kleinklein abgehandelt, dabei geht es doch um eine Liebesbeziehung, die auseinanderbricht. Es ist nicht die große Liebe, eher die kleine, aber Liebe kann man es schon nennen. Trotzdem, ich habe für mich den Eindruck, dass das Gedicht angesichts des Themas ein wenig an der Oberfläche bleibt.

Lieben Gruß, Rita

wolpertinger

Beitragvon wolpertinger » 18.11.2013, 10:50

Ich lese in jedem Vers, wie nach einem neuen Reim gesucht wurde, oder aber wie der nächste Reim sein wird:
empfunden,
verschwunden,
wunden. oder

schade,
fade,
Gnade

Warum das nur?

Dabei kommt dann nämlich so etwas, wie in diesen beiden Versen heraus:
Hast du in jenen süßen Stunden
denn ähnlich tief wie ich empfunden?


Man braucht sich hier die zweite Zeile gar nicht angesehen zu haben, um zu wissen, dass am Ende "empfunden" stehen wird. (ganz abgesehen von anderen Dingen).

Ich behaupte mal, das es eine ganze Masse von "Gedichten" gibt, in denen völlig identisch diese beiden Verse stehen.
Und wahrscheinlich hunderte in denen: "in jenen süßen Stunden" steht.

Ich habe mir vor vielen Jahren mal ein Buch über Versmaß gekauft (Der Vers, der Reim, die Zeile). Und ich kam damals schnell zu der Erkenntnis(nicht nur ich), wenn man das alles ganz genau studiert, beherzigt und bei sich immer wieder überprüft, ob auch alles stimmt, schreibt man letztendlich kaum noch ein gutes Gedicht.
Soll heißen, dass man sich ein wenig vom Reimzwang lösen sollte, denn es gibt so viel anderes, was ein gedicht ausmacht, denke ich.

Grüße
Wolf
Zuletzt geändert von wolpertinger am 18.11.2013, 11:14, insgesamt 3-mal geändert.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 18.11.2013, 11:08

Der letzte Kommentar ist ein gutes Beispiel von harter, aber konstruktiver Kritik.

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.11.2013, 16:09

ich unterschreibe jedes wort von wolpertinger, ja.

scarlett

EMO

Beitragvon EMO » 26.11.2013, 19:05

Hilfe! Mir haperts beim Deutschverstehen - ich kapiere nicht, auf was sich das "sich" in der folgenden Zeile bezieht:
galapapa hat geschrieben:mich zu berühren sich zu schade;

Kannst du mir das bitte erklären?

Mvh, EMO

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 27.11.2013, 00:09

Hallo EMO,
ich bin zwar nicht galapapa, aber vielleicht kann ich das erklären: Du kennst doch sicher die Redensart "das ist zu schade zum Wegwerfen" oder so ähnlich?
In gleicher Weise kann man auch sagen: "Dafür bin ich mir zu schade" oder auch "Der Franz ist sich zu schade zum Arbeiten" usw.

So ist es wohl hier gemeint. Das bezeichnete Gesicht ist sich zu schade, den Sprecher zu berühren.

Ein bisschen sehr um die Ecke ist das schon ...
grübelt Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

wolpertinger

Beitragvon wolpertinger » 28.11.2013, 17:18

Hallo EMO,
Du hast, wie ich Dich verstehe, ein Problem mit der Kongruenz. Auf den ersten Blick klingt das auch seltsam, aber gemeint ist: Jemand ist sich zu schade, einen anderen zu berühren.
Grüße
Wolf

Pa: Galapapa hat sich ja hier offenbar zurückgezogen, vielleicht hätte ich meine Kritik nicht ganz so hart formulieren sollen, was aber nicht so einfach ist, wenn man alles, was man für wichtig hält sagen möchte.

Grüße
Wolf

Niko

Beitragvon Niko » 07.12.2013, 10:08

das glaub ich nicht, wolf!
ein schweigen kann viele gründe haben, vor allem auch die ganzen gründe, die außerhalb eines forums liegen. vielleicht hast du ein problem mit der härte deines kommentars. ob der, den es angeht, aber deine befindlichkeit teilt, ist da eine ganz andere sache.
wer schreibt, muss einstecken können. das ist die voraussetzung für's schreiben und folglich auch die konsequenz aus dem endprodukt. das postscriptale einstecken ist logischer weise weitaus schwieriger, weil man im günstigen fall mit seinem text verwachsen ist. aber man ist eben auch normalerweise willens, sich weiter zu entwickeln.

liebe grüße und nen schönen zweiten advent: niko
PS: meine bedenken bezüglich des "holprigen verses" ziehe ich zurück. weils mist ist, was ich geschrieben hab. manchmal muss man, sollte man öfter lesen...

EMO

Beitragvon EMO » 11.12.2013, 19:15

Danke Zefira und Wolpertinger, jetzt kapiere ich, aber es hört sich doch irgendwie "fremdartig" an!

Mvh, EMO


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