WORT DER WOCHE
- jede Woche ein neues Wort als Musenkuss -
Lyrik, Prosa, Polyphones, Spontanes, Fragmente, Schnipsel, Lockeres, Assoziatives, Experimentelles
- alles zu diesem Wort - keine Kommentare - alles in einem Faden - 7 Tage Zeit -
~ blau ~
WORT DER WOCHE ~ blau ~
bläue es mir ein (wie der himmel
du hast nichts
zu sagen gäbe es
den wind
einlassen
und dann
an stränden stehen
oder vor dem ausgefransten rand eines teppichs
es macht einen unterschied
warum
kannst du nicht erklären
in solchen zeilen
hörst du
das seufzen grüner türen
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Auf der Suche
nach dem perfekten Blau befand ich mich jahrelang. Es war dieses Kolonialblau, so lebensfroh, voller Kraft und bunt, ja bunt, wie nur dieses Blau es sein konnte. Nur etwas fehlte diesem bunten Kolonialblau: das Magische. Und dieses Magische bestand aus einem inneren Leuchten. Dieses Leuchten repräsentierte für mich das perfekte Blau. Ich mischte unendlich viele Blautöne miteinander. Manchmal gab ich auch ein paar Tropfen Grün hinein, doch dies ergab zu viel Türkis. Und Türkis hat mit Kolonialblau nichts zu tun, schon gar nicht mit meinem Magischen Kolonialblau. Viele Leinwände gingen drauf. Lieblos angebrochene Tuben lagen herum. Ich wollte schon aufgeben, ich würde mein Magisches Kolonialblau niemals erschaffen. Ich musste es selbst erschaffen, weil es dieses Blau nicht aus der Tube gab. Und mir war klar, dass ich es nur einmal schaffen würde, diese ganz besondere Mischung zu zaubern. Resignierend saß ich vor der feuchten Leinwand. Eine Mischung aus sechs Blautönen befand sich drauf und glänzte mich an, als würde es mich auffordern. Tu es! Aber was? Was ich da sah, gefiel mir nicht. Wütend schnappte ich mir die erstbeste große Tube, die am nächsten in meinem Farbschrank stand und spritzte die gesamte Tube auf die Leinwand. Es war Blei. Mit einem großen Pinsel mischte ich alles durcheinander, bis die Fläche einheitlich aus einer Farbe bestand.
Es war mein letztes Bild. Ich hatte mein Magisches Kolonialblau gefunden.
nach dem perfekten Blau befand ich mich jahrelang. Es war dieses Kolonialblau, so lebensfroh, voller Kraft und bunt, ja bunt, wie nur dieses Blau es sein konnte. Nur etwas fehlte diesem bunten Kolonialblau: das Magische. Und dieses Magische bestand aus einem inneren Leuchten. Dieses Leuchten repräsentierte für mich das perfekte Blau. Ich mischte unendlich viele Blautöne miteinander. Manchmal gab ich auch ein paar Tropfen Grün hinein, doch dies ergab zu viel Türkis. Und Türkis hat mit Kolonialblau nichts zu tun, schon gar nicht mit meinem Magischen Kolonialblau. Viele Leinwände gingen drauf. Lieblos angebrochene Tuben lagen herum. Ich wollte schon aufgeben, ich würde mein Magisches Kolonialblau niemals erschaffen. Ich musste es selbst erschaffen, weil es dieses Blau nicht aus der Tube gab. Und mir war klar, dass ich es nur einmal schaffen würde, diese ganz besondere Mischung zu zaubern. Resignierend saß ich vor der feuchten Leinwand. Eine Mischung aus sechs Blautönen befand sich drauf und glänzte mich an, als würde es mich auffordern. Tu es! Aber was? Was ich da sah, gefiel mir nicht. Wütend schnappte ich mir die erstbeste große Tube, die am nächsten in meinem Farbschrank stand und spritzte die gesamte Tube auf die Leinwand. Es war Blei. Mit einem großen Pinsel mischte ich alles durcheinander, bis die Fläche einheitlich aus einer Farbe bestand.
Es war mein letztes Bild. Ich hatte mein Magisches Kolonialblau gefunden.
Dunkelblaue Briefe
In der Schulzeit zitterte ich mich von einer Versetzung zur nächsten. Am Schluss des ersten Halbjahres wies mein Zeugnis grundsätzlich sehr viele hohe Zahlen auf, begleitet von einem Blauen Brief, der, zum Glück für mich, sehr pünktlich zwei Wochen vorher in unserem Briefkasten landete. Schnell hatte ich herausgefunden, wann dieser Drohbrief eintrudelte, so dass ich ihn abfangen konnte. Er bedurfte der Unterschrift meines Vaters. Von Natur aus war ich sehr faul. Doch beim Lernen der Unterschrift meines Vaters wies ich einen erstaunlichen Ehrgeiz auf. Sein Wilhelm war kein kurzer Kringel, sondern ein ziemlich langes Gebilde mit vielen Zacken, Schnörkeln und völlig unleserlich. Ich übte wie besessen, bis ich sie perfekt beherrschte. Wenn der blaue Brief in meinen Händen lag, rannte ich in mein Zimmer. Ich hatte nur einen Versuch. Luft anhalten und in einem Schwung seine krakelige Unterschrift druntergesetzt.
Viele meiner Mitschüler beklagten sich, dass ihre Eltern sich nie auf den Eltern-Sprechtagen blicken ließen. Ich hingegen begrüßte dies sehr.
Durch eine Freundin, die mit mir im zweiten Halbjahr lernte, vor allem Mathe, schaffte ich den Bogen immer gerade so, dass ich am Ende des Schuljahres eine Durchschnittsnote von 3 - 4 schaffte.
Irgendwann passierte es. Ich weiß nicht, welcher Teufel ihn geritten hatte. Mein Vater ging zu einem Eltern-Sprechtag. Noch heute erinnere ich mich, wie ich nägelkauend durch das Haus tigerte. Die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Dann hörte ich das Knallen der Haustüre. Auweia, jetzt gibt es ein Donnerwetter, dachte ich und hörte sofort: "Gabi! Komm sofort runter!" Alle möglichen Ausreden hatte ich mir überlegt. Aber es half ja alles nichts. Da musste ich jetzt durch. So ging ich ziemlich langsam die Treppe runter, um die Schelte zu kassieren. Unten angekommen, sah ich meinen Vater. Er saß in seinem Ledersessel, hatte mehrere Briefe in der Hand, die mir verdammt bekannt vorkamen. Er hatte sich eine Pfeife angesteckt. Eigentlich ein gutes Zeichen. Ich blieb im Türrahmen stehen.
"Was ist das hier?", fragte er. Seine Tonlage war schwer zu deuten. War er sauer oder doch nicht? Sein Gesicht: Pokerface. Ich näherte mich und sah mir die Briefe an, die er mir entgegenhielt, seine Augenbrauen auffordernd nach oben gerichtet. Da waren sie, alle von mir unterschriebenen Blauen Briefe. Plötzlich war es mir egal.
"Das sind meine Meisterwerke!", erwiderte ich stolz und streckte die Schultern.
"Zeig mir einen, der deine verrückte Unterschrift derart perfekt imitieren kann!", legte ich provozierend nach.
Schweigen. Er sah mich an. Er sah mich ziemlich lange an. Ich hielt seinem Blick stand.
Er legte die Pfeife beiseite, stand auf und fing schallend an zu lachen.
"Ja, das sind wirklich Meisterwerke! Niemand kann meine Unterschrift fälschen! Für diese Leistung hätten sie dir eine 1 geben müssen!" Er lachte noch immer, ging zur Bar, schenkte sich einen Cognak ein und lud mich zu einer Partie Schach ein.
In der Schulzeit zitterte ich mich von einer Versetzung zur nächsten. Am Schluss des ersten Halbjahres wies mein Zeugnis grundsätzlich sehr viele hohe Zahlen auf, begleitet von einem Blauen Brief, der, zum Glück für mich, sehr pünktlich zwei Wochen vorher in unserem Briefkasten landete. Schnell hatte ich herausgefunden, wann dieser Drohbrief eintrudelte, so dass ich ihn abfangen konnte. Er bedurfte der Unterschrift meines Vaters. Von Natur aus war ich sehr faul. Doch beim Lernen der Unterschrift meines Vaters wies ich einen erstaunlichen Ehrgeiz auf. Sein Wilhelm war kein kurzer Kringel, sondern ein ziemlich langes Gebilde mit vielen Zacken, Schnörkeln und völlig unleserlich. Ich übte wie besessen, bis ich sie perfekt beherrschte. Wenn der blaue Brief in meinen Händen lag, rannte ich in mein Zimmer. Ich hatte nur einen Versuch. Luft anhalten und in einem Schwung seine krakelige Unterschrift druntergesetzt.
Viele meiner Mitschüler beklagten sich, dass ihre Eltern sich nie auf den Eltern-Sprechtagen blicken ließen. Ich hingegen begrüßte dies sehr.
Durch eine Freundin, die mit mir im zweiten Halbjahr lernte, vor allem Mathe, schaffte ich den Bogen immer gerade so, dass ich am Ende des Schuljahres eine Durchschnittsnote von 3 - 4 schaffte.
Irgendwann passierte es. Ich weiß nicht, welcher Teufel ihn geritten hatte. Mein Vater ging zu einem Eltern-Sprechtag. Noch heute erinnere ich mich, wie ich nägelkauend durch das Haus tigerte. Die Zeit wollte einfach nicht vergehen. Dann hörte ich das Knallen der Haustüre. Auweia, jetzt gibt es ein Donnerwetter, dachte ich und hörte sofort: "Gabi! Komm sofort runter!" Alle möglichen Ausreden hatte ich mir überlegt. Aber es half ja alles nichts. Da musste ich jetzt durch. So ging ich ziemlich langsam die Treppe runter, um die Schelte zu kassieren. Unten angekommen, sah ich meinen Vater. Er saß in seinem Ledersessel, hatte mehrere Briefe in der Hand, die mir verdammt bekannt vorkamen. Er hatte sich eine Pfeife angesteckt. Eigentlich ein gutes Zeichen. Ich blieb im Türrahmen stehen.
"Was ist das hier?", fragte er. Seine Tonlage war schwer zu deuten. War er sauer oder doch nicht? Sein Gesicht: Pokerface. Ich näherte mich und sah mir die Briefe an, die er mir entgegenhielt, seine Augenbrauen auffordernd nach oben gerichtet. Da waren sie, alle von mir unterschriebenen Blauen Briefe. Plötzlich war es mir egal.
"Das sind meine Meisterwerke!", erwiderte ich stolz und streckte die Schultern.
"Zeig mir einen, der deine verrückte Unterschrift derart perfekt imitieren kann!", legte ich provozierend nach.
Schweigen. Er sah mich an. Er sah mich ziemlich lange an. Ich hielt seinem Blick stand.
Er legte die Pfeife beiseite, stand auf und fing schallend an zu lachen.
"Ja, das sind wirklich Meisterwerke! Niemand kann meine Unterschrift fälschen! Für diese Leistung hätten sie dir eine 1 geben müssen!" Er lachte noch immer, ging zur Bar, schenkte sich einen Cognak ein und lud mich zu einer Partie Schach ein.
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