Garten
Hier beweist Du, dass man Tiefenunschärfe sowohl im Hintergrund als auch im Vordergrund anwenden kann, und dass das vermeintliche, von Dir vorgeschlagene Gesetz, nur der Hintergrund dürfe unscharf sein, ungültig ist. In diesem Bild ist mir völlig unklar, welche der Flächen im Vordergrund stehen und welche nicht; die unscharfen, grünlichen Schlieren könnten als Grashalme nah am Auge vor den Blumen sein, als auch in der Ferne als Nebel hinter ihnen. Da Du dieses Bild sicherlich gut findest, siehst Du, anders als ich, entweder eine eindeutige Hintergrund-Zuordnung, oder, wie ich, keine und damit auch kein derartiges Gesetz.
Von Unschärfe war, glaube ich, wenn, dann nur am Rande die Rede. Ich hatte an anderer Stelle eher von der Farbperspektive gesprochen. Und die habe ich hier durchaus angewendet.
Aber natürlich muss das niemand gut finden, der es nicht gut findet ...
Aber natürlich muss das niemand gut finden, der es nicht gut findet ...
Man kann solche Seh-Gesetze natürlich jederzeit (im Bild, in der Vorstellung) aufheben.
Aber ein gesättigtes Rot wird immer in den Vordergrund treten (es sei denn, man nimmt die Farben anders wahr, ist Rot-Grün-blind oder so), abgetönte Farbgebung immer in den Hintergrund.
Was ich sagen will: Man kann alles auf den Kopf stellen und damit arbeiten, das sollte einem nur bewusst sein und nicht zufällig aus den Fingern fließen.
Aber ein gesättigtes Rot wird immer in den Vordergrund treten (es sei denn, man nimmt die Farben anders wahr, ist Rot-Grün-blind oder so), abgetönte Farbgebung immer in den Hintergrund.
Was ich sagen will: Man kann alles auf den Kopf stellen und damit arbeiten, das sollte einem nur bewusst sein und nicht zufällig aus den Fingern fließen.
Das gefällt mir sehr. Schöne Perspektive, Farbzusammenstellung und eine Verschwommenheit, die träumerisch wirkt, ohne kitschig, oder abwesend zu sein. Im Hintergrund sehe ich ein schummrig erleuchtetes Fenster, auch das gibt dem Bild für mich nochmal eine andere Tiefe.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Amanita hat geschrieben:Man kann solche Seh-Gesetze natürlich jederzeit (im Bild, in der Vorstellung) aufheben.
"Man kann die jederzeit aufheben". Notiert.
Amanita hat geschrieben:Aber ein gesättigtes Rot wird immer in den Vordergrund treten (es sei denn, man nimmt die Farben anders wahr, ist Rot-Grün-blind oder so), abgetönte Farbgebung immer in den Hintergrund.
"Aber wird immer ...". Also doch nicht aufhebbar.
Wahrscheinlich willst Du nur sagen, dass man halt achten soll auf solche Dinge, die aufhebbar sind oder auch nicht.
Amanita hat geschrieben:Was ich sagen will: Man kann alles auf den Kopf stellen und damit arbeiten, das sollte einem nur bewusst sein und nicht zufällig aus den Fingern fließen.
Diese Empfehlung gilt aber nur für Werke, die geplant sind. Es gibt Werke, die sind eher geplant, und welche, die sind eher spontan-emotional. Bei letzteren finde ich den Begriff "Zufall" als Synonym für bewusstfreie Unachtsamkeit nicht passend. Wenn hier von Zufall die Rede sein soll, dann bestenfalls als Synonym für "zugefallene" Emotion, für intuitive Improvisation. Eher geplant oder eher spontan -- die eine Tendenz ist nicht schlechter als die andere. Sowohl die eine wie auch die andere Methode kann scheitern -- oder glücklich machen. Was ich sagen will: Genre-Kritik sollte in ihrem jeweiligen Genre greifen. Ich halte es für sinnfrei, einem Planer zu empfehlen, den Plan zu verwerfen, oder einem Orgasmierenden zu empfehlen, inne zu halten.
Nochmal zu jenem Dogma an sich:
Amanita hat geschrieben:Aber ein gesättigtes Rot wird immer in den Vordergrund treten (es sei denn, man nimmt die Farben anders wahr, ist Rot-Grün-blind oder so), abgetönte Farbgebung immer in den Hintergrund.
Obwohl ich nicht rot-grün-blind bin, sehe ich dieses gesättigte Rot nicht im Vordergrund ("Vordergrund" bedeutet in diesem Gespräch wohl Raum-Vordergrund, nicht Signal-Vordergrund). Im Vordergrund sehe ich eine nebelbeschlagene Glasscheibe. Sie hat ein paar trockengewischte Stellen, die einen unverwaschenen Durchblick ermöglichen. Ich glaube, das liegt daran, dass die Scheibenschlierfahrten sich den roten Objektkonturen anpassen, und nicht umgekehrt die Objekte die Umgebung übermalen. Signaltechnisch aber sehe ich die roten Dinge durchaus vordergründig. Mir scheint die Lage also zweideutig -- oder "unklar", wie ich oben schrieb. Unklar heißt aber nicht notwendig "ungut".
Ich stimme Dir ja zu, Amanita, in gewissen Teilen. Dass unser Hirn nebelfarbene Objekte der Ferne zuordnet und sattfarbene der Nähe, ist ja unumstritten (mattblaue Berge sind erfahrungsgemäß weiter weg als sattgrüne Berge).
Wenn Objekte im Raum hintereinander strichzeichnerisch (schwarz auf weiß) angeordnet sind, kann das allein, wenns gut gezeichnet ist, eine Raumtiefe erzeugen. Werden die gezeichneten Objekte entfernungsmäßig gefärbt, verstärkt das die Tiefenwirkung der Objekte noch mehr. Die Farben unterstützen also den Effekt. Und jetzt kommts: Der Effekt funktioniert sogar ganz ohne zeichnerische Raumvorgabe, nur mit der Farbe allein. Siehe Bild 1 und 2.
Bild 1: Die Form allein sagt nichts über Vorder- oder Hintergrund-Zuordnung. Der sattfarbene Fleck scheint eine Kugel zu sein, vor dem mattgrünen Hintergrund.
Bild 2: Die Form allein sagt nichts über Vorder- oder Hintergrund-Zuordnung. Der mattgrüne Fleck scheint ein Loch zu sein in dem sattfarbenen Vordergrund.
Vorder- und Hintergrund-Zuordnungen sind -- meiner Ansicht nach -- aber sehr zerbrechlich, wenn sie allein auf den Farben basieren. Siehe Bild 3 und 4.
Bild 3: Hier bekommt die mattgrüne Fläche eine Struktur, die sich dem sattfarbenen Objekt anschmiegt. Geometrisch ist jetzt nicht mehr klar, ob die mattgrüne Fläche im Vorder- oder Hintergrund liegt. Da die verwaschene Schnittmenge der beiden berührenden Farben eher der Struktur des mattgrünen folgt als der Form des sattfarbenen, tritt das mattgrüne geometrisch in den Vordergrund, obwohl es matt ist.
Bild 4: Ähnlicher Effekt wie in Bild 3, nur umgekehrt; die waagerechte Struktur des mattgrünen dominiert vor der senkrechten des sattfarbenen. Jetzt ist das mattgrüne kein Loch mehr im sattfarbenen, sondern ein Objekt vor ihm.
Ein klein wenig Struktur hinzugefügt, und schon ist das Farbgesetz zerbrochen.
Geometrie und Farbe widersprechen sich, erzeugen Zweideutigkeit.
Wenn Objekte im Raum hintereinander strichzeichnerisch (schwarz auf weiß) angeordnet sind, kann das allein, wenns gut gezeichnet ist, eine Raumtiefe erzeugen. Werden die gezeichneten Objekte entfernungsmäßig gefärbt, verstärkt das die Tiefenwirkung der Objekte noch mehr. Die Farben unterstützen also den Effekt. Und jetzt kommts: Der Effekt funktioniert sogar ganz ohne zeichnerische Raumvorgabe, nur mit der Farbe allein. Siehe Bild 1 und 2.
Bild 1: Die Form allein sagt nichts über Vorder- oder Hintergrund-Zuordnung. Der sattfarbene Fleck scheint eine Kugel zu sein, vor dem mattgrünen Hintergrund.
Bild 2: Die Form allein sagt nichts über Vorder- oder Hintergrund-Zuordnung. Der mattgrüne Fleck scheint ein Loch zu sein in dem sattfarbenen Vordergrund.
Vorder- und Hintergrund-Zuordnungen sind -- meiner Ansicht nach -- aber sehr zerbrechlich, wenn sie allein auf den Farben basieren. Siehe Bild 3 und 4.
Bild 3: Hier bekommt die mattgrüne Fläche eine Struktur, die sich dem sattfarbenen Objekt anschmiegt. Geometrisch ist jetzt nicht mehr klar, ob die mattgrüne Fläche im Vorder- oder Hintergrund liegt. Da die verwaschene Schnittmenge der beiden berührenden Farben eher der Struktur des mattgrünen folgt als der Form des sattfarbenen, tritt das mattgrüne geometrisch in den Vordergrund, obwohl es matt ist.
Bild 4: Ähnlicher Effekt wie in Bild 3, nur umgekehrt; die waagerechte Struktur des mattgrünen dominiert vor der senkrechten des sattfarbenen. Jetzt ist das mattgrüne kein Loch mehr im sattfarbenen, sondern ein Objekt vor ihm.
Ein klein wenig Struktur hinzugefügt, und schon ist das Farbgesetz zerbrochen.
Geometrie und Farbe widersprechen sich, erzeugen Zweideutigkeit.
"Ein klein wenig Struktur hinzugefügt, und schon ist das Farbgesetz zerbrochen."
Es gehört aber auch zu den "Seh-Gesetzen" (ich füge immer im Alltagssehen hinzu, denn die Kunst kann sie, wie gesagt, ja aufheben/ damit spielen), dass man im Vordergrund mehr Details und mehr Kontraste wahrnimmt. Ist in einem Feld eine Struktur (also tatsächlich mehr scheinbare Detailliertheit und mehr Kontrast), kann das natürlich die verschiedenen Seh-Ebenen gegeneinander ausspielen!
Es gehört aber auch zu den "Seh-Gesetzen" (ich füge immer im Alltagssehen hinzu, denn die Kunst kann sie, wie gesagt, ja aufheben/ damit spielen), dass man im Vordergrund mehr Details und mehr Kontraste wahrnimmt. Ist in einem Feld eine Struktur (also tatsächlich mehr scheinbare Detailliertheit und mehr Kontrast), kann das natürlich die verschiedenen Seh-Ebenen gegeneinander ausspielen!
ich finds auch wunderschön; du hast es geschafft, ein leuchten reinzubringen, das sehr stimmungsvoll wirkt.
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