Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 21.01.2019, 08:19

.

nein sagen, nein
ich bin
kompliziert nicht
blumig mit violetten
schatten tanz ich
um die wette oder du
stehst heimlich
vor der tür
und flüsterst
(nicht vom sterben wollen wir reden)
ich lese von deinen lippen
los geh
los!
(ja)

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Klara
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Beitragvon Klara » 21.01.2019, 11:57

Nein
Sage ich nur vorläufig
Um das Ja hinauszuzögern
(Manchmal klappt das)

Auf der S-Bahntreppe trifft mich ein Schwindel
direkt ins Mark, sendet sekundenbrüchige Kaskaden
von Folgen und Ursachen (was wird aus mir?)
„Hast du das auch gespürt?“, fragt die Touristin ihre Begleitung.
„Die Stufen zittern! Merkt das sonst keiner?“
Das Kopfschütteln, das ich im Rücken spüre, bringt mich in Versuchung:
„Doch ich!“, will ich rufen. „Ich auch!“
Meine schwitzige Seele beruhigt sich, verwundert:
Entwarnung kann seltsam enttäuschend sein

Du hast recht, vielleicht
ist dies nichts als Prosa mit Umbrüchen
wie jedes Leben
Ein bisschen Fake
Ein bisschen echt
und immer in der falschen Rubrik

Was habe ich vor? (ohne noch!)
So viel, dass mir schwindlig wird, wenn ich nicht achtgebe
Und ich gebe zu langsam acht

Mein Besen zittert nur für Hypochonder

Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.01.2019, 19:24

Rubrikatorische Zusammenfassungen
(Stoffreiche Luft)

Ich habe gelogen
da ist gar kein Loshaufen im Innenhof
da ist eine Felsenstadt

Du sagst der Ausgang wäre
weder noch
oder kommt darauf an

Dabei liegt er direkt neben dem Ausweg
Sie könnten rüberwinken
Shalom Ausgang Shalom Ausweg

Ich habe vergessen zum Mond zu schauen
beim Tanzen
treten mir
Zäsuren
auf die Füße
(die sind schwerer als du denkst auch lila)
(langsame Achterinnen fallen unendlich oft um)

von wegen Hypo!
(breitbeinig auf der Goldwaage stehen)

Ich würde gerne zum Herbst zurückfinden
die Felsenstadt in weichen Nebel legen
flüstern
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 22.01.2019, 11:12

Die Wirklichkeit ist unhöflich, man sollte ihr aus dem Weg gehen. (A. L. Kennedy)

Reingefallen
auf ein Kosten-Los
Klickklick, nun starre ich
auf Zahlen (Rubrik: Gier)
und warte auf Spam

Deine Lüge glaube ich wie alle Lügen
wie die Felsenstadt
Du steigst auf ihre Barrikaden und winkst
bis du fliegst

Ich habe vergessen zu tanzen –
ein neurologischer Befund? könnte dir
auf den Fuß treten
Ganz leicht nur, kurz vor dem
Fall, so gern

würde ich Schluss machen mit der Sorge
das Richtige falsch zu sagen (oder umgekehrt)
und einfach
deinen Mund halten
Zuletzt geändert von Klara am 22.01.2019, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 22.01.2019, 12:52

.

hülle die felsenstadt in gnädigen dunst
nicht schweigend, nur flüsternd
tanze darüber hinweg
(ja, ja, du kannst es!)
schaue nach oben
lass dich (ver)leiten
von fragezeichen und zeilen-
sprüngen! von der (umarmung)
der sprache, der worte
die nur im nebel
flüstern, manchmal
singen, denke dir
nichts ist zauberei
und du bist
der zauberer

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 22.01.2019, 16:33

ein tanzend herz
verfolgt
gebannt
dem schlag der dunklen schwingen
wattepanzer schützen nicht

es sinkt hinab

in tonlose tiefen

und lauscht vergangenen melodien

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birke
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Beitragvon birke » 25.01.2019, 18:52

.

das schwingen der eulen-
flügel, dieser dunkelhelle
ton sinkt dir ins herz
taumelt bewegt
worte, warm
an deiner wange

.
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 25.01.2019, 19:58

Sprache ist eine reine Äußerlichkeit
(haubentauchen)

Runtergeschliffen von der Woche
Barrikaden verjubelt
versilbt die Gier
langsam durch den Korridor geschlichen
erschwinglich wäre ich
selbstgrenzwertig
der Zauberstab schmutzig (konnotiert)
(klingt nach Oma)
mein Mund hat jeden Halt verloren
ist stillgelegt
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 26.01.2019, 15:25

Meine Oma ist lange tot, die deine kenne ich nie
Und wie glatt du bist!
Legst du dir zum Ausgleich
was Raues auf die Haut
oder atmest du tief und brüchig?

Sag, hast du gewusst, dass im Norden das Licht schmilzt?
Das steht so und stimmt so
im Internet und passiert nur im Januar, wenn alles vorbei ist,
was jemals begonnen.

Der Hals legt sich in Falten, wo die Schilddrüse ist
(Sie schwächelt, alles fällt, doch innen bleiben
die Augen.)
Mein Mund wird mir trocken davon, ich denke
an irgendeine DNA, angeblich deine oder meine, an einen Speichel, der stockt
vor unerschwinglichem
Erbarmen

Nifl
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Beitragvon Nifl » 28.01.2019, 19:41

Aus einer Lichtquelle schöpfen

Manchmal reibe ich mich mit Norden ein
schaue wie einer von Fosse
sehe nur noch das Gesamte
ein Heimkommgefühl
die Melancholie darf bleiben
und ich tröste mich
obwohl es gut ist
von außen
dann mit dir in Falten liegen
glatt und rau und ruhig
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 29.01.2019, 13:27

Wie Licht schmeckt
würde ich fragen
(mein Begehren bleibt im Konjunktiv daheim
sich selbst fremd)
und was dein erschöpfter Mund
dazu tut – schlürft er? Neckt er? Lacht er?
Vielleicht ist der unberufene
der nötigste Trost
für eine in Flimmerpapier
gefaltete Weile

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birke
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Beitragvon birke » 20.02.2019, 13:34

.

gelicht

es gibt so viele
lichtquellen, gedichtquellen
und jedes licht schmeckt
anders als ein gedicht
am liebsten mag ich
den vanille-sound
deiner worte

.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Klara
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Beitragvon Klara » 03.03.2019, 12:00

Während ich diesen Moment
und diesen und diesen und diesen
als Nichtmoment mit jedem
Buchstaben erschaffe und sogleich verlasse
Gestern, Morgen, Heute in eins bringe
in ein nicht existentes
und doch anwesendes JETZT
diese Lücke zwischen Nie und Immer
schmerzt mein Daumen, mahnt mich
demütig nehme ich den Schmerz
hin und versuche doch trotzig
ihn zu entziffern: Er war
vor dem Schreiben

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birke
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Beitragvon birke » 03.03.2019, 12:40

.

in diesem moment
in diesem
und diesem
wohnt das jetzt
seltsamerweise
immer
wieder
in diesem moment

.
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