Geht nicht

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.12.2019, 14:50

Der Wunsch etwas zu besitzen gehört nicht zum Besitz, auch nicht zum geistigen.
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birke
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Beitragvon birke » 30.12.2019, 18:00

hm, aber der wunsch an sich ist doch schon eine art "besitz", wenn auch ideeller art?
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 30.12.2019, 19:19

Hm. Gehen wir es zunächst mal rein materiell an, dann ist klar, ein Wunsch ist keine Materie. Wissen etwa ist auch keine Materie, aber das Zuwissende könnte ich auf einen Zettel schreiben (materiell) oder es mir einprägen (immateriell), und sagen, ich besäße es nun. Beim Wunsch funktioniert es nicht. Ich könnte das Wort Wunsch auf einen Zettel schreiben oder es mir einprägen, den Wunsch selber aber nicht, nur was ich mir wünsche.

LG E.
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birke
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Beitragvon birke » 30.12.2019, 23:28

aber besitz ist ja nicht nur materiell?

"... im (voll)besitz seiner geistigen kräfte sein"
jemand besitzt gewisse fähigkeiten usw

insofern besitze ich auch wünsche (bin sogar reich an wünschen :))

... und wünsche dir einen guten start ins neue!

lg
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 31.12.2019, 00:05

Ja, es ist schwer begreiflich zu machen, weil man ja wie selbstverständlich sagt, ich habe einen Wunsch. Das hat sich eingeschliffen. Es gibt ein schönes Gemälde von Rene Margeritte, wo drauf eine Pfeife abgebildet ist, darunter aber steht, dass es keine Pfeife sei. Könnte für manchen Betrachter rätselhaft sein.
Ich habe noch ein Beispiel: „Ich habe SEIN.“ Ich meine, Sein im Sinne von Erich Fromm, kann man ebenfalls nicht besitzen, oder wie du sagst, in dir tragen. Sein ist ein aktiver Vorgang, den man einfrieren müsste, um ihn besitzen zu können. Geht natürlich nicht. Was du reich in dir trägst, sind die Begriffe von Wünsche. Vergegenwärtige dir die besagte Pfeife. :D:

LG und ebenfalls Guten Rutsch.

Kurt
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Beitragvon birke » 31.12.2019, 00:32

ja, das bild von der pfeife kenne und verstehe ich. :)
aber: der begriff "wunsch" ist ja eh schon abstrakt. klar, wenn ich mir ein ... hm, fahrrad wünsche, (was ich nicht tue, lach, ist nur ein materielles beispiel) und mir das fahrrad aufmale, besitze ich natürlich noch kein fahrrad. aber den wunsch danach besitze ich durchaus. "wunsch" ist ja schon wie gesagt abstrakt.
"sein" besitzen, nee, da gebe ich dir recht. man ist. da ist kein besitz-begriff enthalten, weil man selbst "ist".
:) ?

ps: außerdem besitze ich gerade ein sofa und werde gleich mein bett beliegen, lach!
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Beitragvon Kurt » 31.12.2019, 00:49

Ein Wunsch nach einem Fahrrad ist ja noch kein Besitz. Erst wenn sich der Wunsch erfüllt hat, und du das Fahrrad hast.
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Beitragvon birke » 31.12.2019, 01:10

nee, das sehe ich anders.. der wunsch nach einem fahrrad ist mein besitz. das fahrrad selbst wäre ein neuer besitz. :)
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Beitragvon Kurt » 31.12.2019, 06:21

Das Wissen um deine Wünsche besitzt du, würde ich akzeptieren, jedoch nicht die Wünsche selbst.

Wunsch ist gleichzusetzen mit Begehren, Verlangen, und ist ebenso wie obiges Sein nicht zu besitzen.

LG Kurt
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Beitragvon Pjotr » 31.12.2019, 09:04

Was bedeutet denn Besitz (im Sinn von Haben) genau? Es ist nichts weiter als eine abstrakte Verbindung zwischen zwei Sachen: Dem Besitzer und dem Besetzten. Aber wirklich sitzen darauf tut der Besitzer nicht, er malt nur eine Verbindungslinie an die Tafel. Vielleicht noch mit einer Pfeilspitze dran. Nur ein gedachter Machtpfeil, nichts weiter. Keine wirklichen Fesseln.

Ich gehe jetzt frühstücken, denn ich besitze Hunger.

Dabei fesselt der Hunger doch mich!

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Beitragvon Kurt » 31.12.2019, 11:23

Ja, so wie man ein Haus etwa besitzt. Es ist nicht wie die angewachsene Nase, auch verleibt man es sich nicht ein. „Verbindungslinie“, wie du sagst, bin ich mit einverstanden. Auch abstrakt, denn letztlich macht sich mein Gehirn ein Bild von dem Haus und dieses könnte ich auch innerlich mit mir herumtragen als Besitz. Könnte man so betrachten. Aber ein Wunsch ist ein Begehren, ein Verlangen oder Streben nach einer Sache oder Fähigkeit. Und diesen aktiven Antrieb kann ich nicht in Besitz nehmen wie ein Haus. Ich müsste jenes Erleben, jenen Vorgang einfrieren, um ihn besitzen zu können. Das ist aber nicht möglich.

LG Kurt

P.S.: Ich besitze einen lebenden Bonsai, sein Wachsen besitze ich nicht.
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Beitragvon Kurt » 02.01.2020, 07:15

Birke, wir haben ja nun mal a bisserl philosophiert. Karl Popper forderte eine exakte Sprache für die Wissenschaft. Also wir können uns nicht der Umgangssprache bedienen, um deren Fehler aufzudecken. Wenn du nun sagst, man sagt ja so und so und du beziehts dann deine Schlüsse daraus, ja hmmm.

Aber wir können der Sache mit „dem Wunsch, ein Fahrrad zu bekommen“, auch allein mit Logik begegnen. Du behauptest, der Wunsch wäre bereits Besitz, der dem Besitz des Fahrrads vorausginge. Dem widerspreche ich, denn, wenn sich der Wunsch nach dem Fahrrad erfüllt und du das Fahrrad besitzt, müsstest du ja auch noch im Besitz des Wunsches sein. Der hat sich aber aufgelöst. Es müsste also korrekt sprachlich heißen, das Wünschen und nicht der Wunsch. Solange der Wunsch nicht erfüllt ist befindet er sich ja noch im Stadium des Begehrens, Verlangens.

LG Kurt
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Beitragvon Pjotr » 02.01.2020, 08:19

Ich denke, wenn man von den beiden Begriffen "Wunsch" und "besitzen" spricht -- philosophisch genau spricht --, dann muss man zunächst diese beiden Begriffe exakt definieren, damit man weiß, über welches mentale Phänomen man spricht. Und dann kann man weitergehende Hypothesen zur Sache entwickeln und zur Diskussion stellen.

Zum Beispiel der Satz: "Ich besitze Lungenluft, ihre Naturgesetze besitze ich nicht". -- Im ersten Halbsatz könnte man "besitzen" als "umklammern" definieren, im zweiten Halbsatz als "beeinflussen". -- Bezogen auf "Wunschbesitzen" könnte man vielleicht sagen, man habe keinen Einfluss darauf, was für Wunschgefühle man wann bekommt? Ich kann beispielsweise auch nicht die Tatsache besitzen (beeinflussen), dass mir Farbe A besser gefällt als Farbe B.

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Beitragvon birke » 02.01.2020, 10:20

Kurt hat geschrieben:Du behauptest, der Wunsch wäre bereits Besitz, der dem Besitz des Fahrrads vorausginge. Dem widerspreche ich, denn, wenn sich der Wunsch nach dem Fahrrad erfüllt und du das Fahrrad besitzt, müsstest du ja auch noch im Besitz des Wunsches sein. Der hat sich aber aufgelöst.


lieber kurt,
aber wenn ich mein fahrrad verschenke oder verkaufe, dann besitze ich es ja auch nicht mehr? besitz kann sich auflösen, vernichtet werden, auf einen anderen menschen übergehen oder wie auch immer. insofern kann ich das argument, dass der wunsch sich noch in meinem besitz befinden müsse, wenn ich ihn erfüllt (bekommen?!) habe oder selbst erfüllt habe, nicht zustimmen :)

was den begriff des besitzen angeht: besitzen - haben, innehaben, zu eigen nennen...?
und ich denke, einen wunsch - wie auch immer man nun den definiert... - kann ich haben oder mein eigen nennen? ich sehe das jedenfalls so. :) (das "wünschen"wiederum eher nicht, weil es ein vorgang ist.)

lg, birke
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