Der andere Stammgast
Regelmäßig und pünktlich ist er, betritt die Kneipe jeden Abend um viertel nach Acht, hängt seinen Mantel an die Garderobe im Flur, nickt dem Wirt zu, setzt sich an den Tresen, steht wieder auf, holt einen Stapel Zeitungen, setzt sich wieder hin, schiebt sich das Teelicht im Glasschälchen heran und studiert dann die Zeitungen mit Hilfe einer Lupe, indem er seinen Kopf noch tiefer neigt, als er es ohnehin tut: Stets hält er seinen Körper ein wenig vorgebeugt. Meistens hat er karierte Hemden an, darüber eine Steppweste. Heute ist sein Hemd weiß-gemustert, an den Füßen trägt er Socken und Sandalen, obwohl es kalt draußen ist, vermutlich hat er es nicht weit, wohnt gleich nebenan, die Kneipe ist sein verlängertes Wohnzimmer. Sein schütter werdendes mittellanges weißblondes oder blondgraues Haar („fliehende Stirn“) ist sorgsam hinter die Ohren gekämmt, die Stimme wirkt belegt, ein wenig gequetscht, als müsse er das Gesagte herauspressen, als hätte er lange nichts gesagt, als hätte ihm niemand erlaubt zu sprechen, und er erhöbe sie trotzdem. Der Bauch vom Bier wölbt das Hemd über die Hose. Der Wirt stellt ihm sein goldfarbenes Bier im Henkelglas hin, das er langsam, sehr langsam leert, denn es ist, mit den Zeitungen, Grund, sich an diesen Ort begeben zu haben, ist sozusagen die einzige Rechtfertigung, hier zu sitzen, vertraut unter Fremden, mit trotzigen Sandalen und einem Hemd, das er vielleicht festlich findet, das ihn aber unter der Steppweste so aussehen lässt wie immer.
Zuletzt geändert von Klara am 26.01.2020, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.
Hej Nifl,
mindestens die Hälfte, wenn nicht alles, ist "erfunden", und alles im Text ist Text. (Was nun "Literatur" sei, sollen andere beurteilen, die so erpicht auf dieses Urteilen sind.)
Meine Wirklichkeits-Sätze bezogen sich auf deine Wirklichkeitssätze, weil du von einer realen Eckkneipe sprachst, nicht auf meinen Text, waren sozusagen off topic.
Und offenbar kam wieder missverständlich rüber: von einem Drama ist sowohl dessen Verfasserin als auch der Text weit entfernt
Wenn es nicht so abgedroschen und unlogisch klänge (und auch wieder missverständlich würde), schriebe ich (und tu's nun doch): ALLES GUT.
Klara
mindestens die Hälfte, wenn nicht alles, ist "erfunden", und alles im Text ist Text. (Was nun "Literatur" sei, sollen andere beurteilen, die so erpicht auf dieses Urteilen sind.)
Meine Wirklichkeits-Sätze bezogen sich auf deine Wirklichkeitssätze, weil du von einer realen Eckkneipe sprachst, nicht auf meinen Text, waren sozusagen off topic.
Und offenbar kam wieder missverständlich rüber: von einem Drama ist sowohl dessen Verfasserin als auch der Text weit entfernt
Wenn es nicht so abgedroschen und unlogisch klänge (und auch wieder missverständlich würde), schriebe ich (und tu's nun doch): ALLES GUT.
Klara
- allerleirauh
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liebe klara, ich mag die miniatur. schön! erinnerte mich an einen typen, der in portsmouth jeden abend zur gleichen zeit erschien und genau eine stunde lang den spielautomaten malträtierte, dann egal, ob er gewonnen hatte oder nicht, wieder verschwand, um am nächsten tag wieder aufzutauchen. irgendwie ... und ich finde, das kann man ganz schlecht beschreiben, haben solche beobachtungen etwas. nur was? ist es die vorhersehbarkeit dieses erscheinens? die möglichkeit, jemanden über einen längeren zeitraum beobachten zu können?
herzliche grüße!
herzliche grüße!
Na gut, das Literarische ist wohl nicht Absicht gewesen. Der Mann sitzt abba garantiert nicht am Tresen, wenn Tresen gleich Theke ist, wie ich sie kenne. Wäre eine schlechte Wahl, um Zeitungen zu studieren. An die Theke setzt man sich um Unterhaltung zu haben, bzw. kann man ihr nicht entgehen. Der Mann säße also eher an einem Tisch. Und wieso schütter werdendes Haar. Entweder er hat schütteres Haar oder nicht.
LG Kurt
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so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)
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