Die Zahlenfolgen sind schön (zur Diskussion)

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 31.10.2020, 17:52

Zwischen Bettpfosten
reiten auf `nem Higgs-Teilchen
ins Bodenlose


Die Zahlenfolgen sind schön

… sagst du
betrachtest eine Sonnenblume
findest die Reihen von Fibonacci
in der Struktur jener Blüte
Du sagst, die Mathematik herrschte
bereits in der Welt vor dem Menschen
Und ich sage dir sie ist eine
Erfindung von uns
durch sie bringen wir Ordnung
in das Chaos der verschiedenen
Dinge in der Welt …sage ich
und schaue aus dem Fenster…
dort drüben …… ist ein Haus
… wir befinden uns ebenfalls in
einem Haus…
wie kann ich aber gleichzeitig
in einem Haus sein und es
aus dem Fenster sehen…
weil wir Ähnlichem dieselben
Begriffe verpassen

In Wirklichkeit ist jedes Ding eigen
wir könnten jedem Ding jedem Atom
im Universum eine individuelle Ziffer
verpassen (es gibt ja unendlich viele)

wir fassen aber lieber zusammen
in Oberbegriffliches um besser zu
begreifen geben dem was nach
unserer Vorstellung gleich ist
ein Gleichheitszeichen
in Wirklichkeit ist aber kein Ding
gleich dem anderen überließen
wir allen ihren eigenen
natürlichen „Unordnungszahlen“

Und schon gäbe es keine Häuser
keine Bäume keine Fibonaccizahlen
denn die entstehen erst wenn wir
eingreifen mit unserem Denken
uns Beete anlegen im Dschungel

unsere Reihen das Chaos forsten

die Mathematiker würden aber
entgegnen was du da vorträgst
ist Physik und empiristisch
Mathe ist jedoch abstrakt
eine reine Sache des Geistes
ist eine Geisteswissenschaft

ich antworte ja warum wohl
weil unser Gehirn unsere Welt
konstruiert sich seine relevanten
Daten herausfiltert übrigens
verlaufen ein Großteil der
“Sinnesleitungen” vom Gehirn
zum Auge es wird vorgegeben
was das Auge aufnehmen wird
bevor es etwas aufnimmt

so erscheint es dem Mathematiker
von dem Empirischen dem
Erfahrbaren losgelöst

Schön sind für uns Muster
die wir entdeckt haben
allerdings in einer Art
Selbstbespiegelung

Wir bewegen uns auf
einem schmalen Lichtstrahl
umgeben von dunkler Materie

Wenn wir sie beleuchten
könnten wir die Geister der
Dunkelheit wecken ;):
Zuletzt geändert von Kurt am 08.11.2020, 08:44, insgesamt 5-mal geändert.
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so, als hätten wir alles im Blick." (Kurt)

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 09.11.2020, 00:14

Kurt hat geschrieben:Pjotr, du kannst jedem Affen zwei Haufen vorlegen, den einen, sagen wir, mit vier Weintrauben, den anderen mit drei. Wen nimmt er wohl?

Er nimmt wahrscheinlich den größeren Haufen.

Worauf will Deine Frage hinaus?

Weintrauben-Bilder sind keine Zahlen. Bilder sind sinnlich. Zahlen sind nicht sinnlich.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 09.11.2020, 01:48

Ja, ein Bild ist sinnlich, Gut. Und was drauf ist auch. Und wenn eine Anzahl von Objekten drauf ist, wird dies auch sinnlich wahrgenommen ohne genau zu zählen. Das nennt man Zahlensinn bzw. Zählsinn. Erst wenn sehr viele Punkte dein Bild zieren musst du zählen. Der Autist im Film Rain Man hat sich kurz ein Bild gemacht von dem Haufen Streichhölzer, die aus der Schachtel auf den Boden gefallen waren und er konnte sofort sagen welche Anzahl. Es waren sehr viele. Wir würden wohl auf einen Blick nur eine kleine Menge genau erfassen.

LG Kurt
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Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 23.11.2020, 21:24

Tunnelblick /als Beispiel

Du blickst eine bebaute Straße entlang, wie in einen Trichter, der zum Ende hin immer
enger wird. Blickst du zurück vom anderen Ende hinein, erhältst du das gleiche
Bild. Es soll Menschen geben, denen verwundert so etwas. Ich kann das Bild auch
übertragen auf ein zweidimensionales Blatt Papier, kann die Straße auch aus
der Vogelperspektive aufzeichnen, wie auf einem Stadtplan. Wie ist es aber in
Wirklichkeit mit einer möglichen vierten oder fünften Dimension? Auf unseren
Blick können wir uns da nicht verlassen. Der zeigt uns immer nur jenes, welches wir
für unser Leben brauchen. Ist schon merkwürdig, dass man die Straße als Trichter
gezeigt bekommt. Daran merkt man, dass unser Gehirn die Realität erbaut.

E.

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birke
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Beitragvon birke » 24.11.2020, 09:14

ja, nach den gesetzen der optik sehen wir ja auch die welt auf dem kopf stehend ... sehen ist ja eigentlich eine reflektion von licht. und unser gehirn baut sich die welt daraus. schon seltsam...!

ps - was ist denn da schief gelaufen mit deiner anmeldung als "kurt"? nun also epiklord, liebe grüße!
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 25.11.2020, 11:53

Ach, herje Gesetze, die aus der Beobachtung heraus abgeleitet sind.
Birke, du schreibst Kinderszenen. Mach mal Anekdoten draus, also literarisch aufpeppen wie Goethes Tagebücher, die für eine Leserschaft bereitet wurden.

Mir fällt folgendes ein zu unserem Thema hier:

Der kleine Jürgen, der gerne Forscher sein will, legt sein gerade entstandenes Gesetz vor:
„Die Sonne geht immer im Osten auf und im Westen unter; niemals umgekehrt.“
Ein anderer Junge antwortet darauf:
„Ja, das tut die Sonne doch nicht erst seitdem du das Gesetz …
Es ist also ein Naturgesetz.“
Der kleine Jürgen meldet sich:
„Ich hab es aber entdeckt.“
Ein drittes Kind mischt sich ein. Es ist in der Schule schon weiter:
„In Wirklichkeit geht die Sonne weder auf noch unter.“

Also doch kein Naturgesetz, sondern „Menschengesetz“?

LG Kurt

P.S.: Ja irgendwie bin ich auf eine schwarze Spamerliste geraten, und so etwas hasse ich, der Tadellose.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 25.11.2020, 14:06

Seriöse Wissenschaftler werden "Naturgesetze" niemals als letzte Wahrheit ansehen. Wissenschaftliche Theorien, die auf Beobachtungen basieren, sind immer nur vorläufige Lösungen. Eine Theorie ist so lange von Nutzen, bis man in ihr einen Fehler entdeckt. Dann wird die Theorie verfeinert oder verworfen. Das ist die moderne, wissenschaftliche Methode. Das Wort "Gesetz" hat in der Wissenschaft eine andere Bedeutung als vor Gericht. Also selbstverständlich sind Theorien von Menschen gemacht. Ebenso die darin enthaltenen "Naturgesetze". Kein Wissenschaftler bestreitet das. Das ist der Unterschied zur Esoterik; da wird einfach nur eine "Wahrheit" behauptet und so formuliert, dass man sie nicht überprüfen kann. In der Wissenschaft hingegen muss eine Theorie überprüfbar sein, weil man weiß, es könnten Fehler drinstecken.

Irrtum ist in der Wissenschaft kein Versagen, sondern ein Fortschritt. Man lernt dazu. Es gibt Leute, die lachen höhnisch, wenn sich eine wissenschaftliche These als falsch erweist. Wer da lacht, hat die wissenschaftliche Methode nicht verstanden. Man wird die letzte Wahrheit nie herausfinden, man kann nur versuchen, sich ihr anzunähern, durch Irrtümer. Daher muss eine Theorie überprüfbar sein, damit man sie immer wieder auf Irrtümer abklopfen kann.

Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 25.11.2020, 15:17

Ja, die seriöse Wissenschaft, die bedient sich ja der Mathematik. Und so entstehen Modelle und Theorien, die sich unabhängig vom Empiristischen erschließen sollten.

Ich glaube aber, dass der Mensch nicht neutral von sich ermittelt. Immer ist seine Perspektive mit drin. Viele Mathematiker behaupten, dass ihre Erkenntnisse sich nicht auf Daten aus der erfahrbaren Realität beziehen.

Vor gar nicht so langer Zeit hatte man ja das Kübelmodell vom Menschen. Demnach war der Kübel leer und musste von Geburt an aufgefüllt werden mit Wissen. Später folgte man dem Scheinwerfermodell, was besagt, dass der Mensch schon alles Wissen vorinstalliert mitbringt. Es muss nur noch ausdifferenziert werden.

Und dass der Mensch die Welt neutral beurteilen kann, fällt ihm doch zumindest sehr schwer. Früher hatte man den Tieren kein Denken und Bewusstsein zugeschrieben. Heute sieht man es anders. Aber dass Tiere sich nicht mit Menschen verständigen können auf hohem Niveau, scheint uns klar zu sein.

Wenn Tiere jetzt aber über so primitive Sprache/Körpersprache verfügen und Dr. Eckhardt Hirschhausen Wellensittiche als blöde bezeichnet, indem sie zweimal um ihren Käfig kreisen, sich Bewegung verschaffen. Ein Witzemacher ist natürlich schlau.

Nur wenn ich ihn fragen würde, ob er die Laute der Tiere versteht und ihre „Sprache“ mir übersetzen kann, würde er elendig scheitern. Nur das Zetern vielleicht könnte er deuten, weil es dem menschlichen gleicht. Vielleicht drückt es auch das gleiche aus und zeigt deren adäquate Befindlichkeit. Vielleicht aber auch nicht. Ja, die seriösen Wissenschaftler würden aufwendige Versuche mit den Tieren anstellen, bevor sie die Vögel als blöd abtun. Dennoch glaube ich, es ist immer die menschliche Perspektive mit drin, auch in der mathematischen Anordnung. Denn das Mathematische hat ihren Ursprung im Empiristischen, im Erfahrbaren und hat sich im Laufe der Evolution im Menschen manifestiert. Und wie gesagt, man kommt ja schon mit einem Zahlensinn auf die Welt, was die seriöse Wissenschaft ja ermittelt hat.

LG EKurt

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Beitragvon Pjotr » 25.11.2020, 18:23

Epiklord hat geschrieben:Ja, die seriöse Wissenschaft, die bedient sich ja der Mathematik. Und so entstehen Modelle und Theorien, die sich unabhängig vom Empiristischen erschließen sollten.

Warum unabhängig? Die Naturwissenschaft arbeitet doch mit beidem: Mathematik und Beobachtung (Empirie). Mathematische Konstrukte sollen die Beobachtung erklären. Ohne Empirie hat die Mathematik keine Äpfel zum Zählen.


Epiklord hat geschrieben:Ich glaube aber, dass der Mensch nicht neutral von sich ermittelt.

Das sehe ich auch so. Die meisten Philosophen der letzten vier Jahrhunderte sehen das so. Alles, was der Mensch erkennt, könnte eine Illusion sein.


Epiklord hat geschrieben:... und Dr. Eckhardt Hirschhausen Wellensittiche als blöde bezeichnet, indem sie zweimal um ihren Käfig kreisen, sich Bewegung verschaffen.

Ich liebe Wellensittiche. Wo, in welchem Zusammenhang, hat der Hirschhausen meine lieben Kerlchen als blöd bezeichnet?


Tschirp

P.

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Beitragvon Pjotr » 26.11.2020, 06:16

Guten Morgen nochmal,

mir scheint, die Diskussion vermischt zu sehr Mathematik und Sinnlichkeit. Das führt zu Missverständnissen an Stellen, wo vielleicht alle im Grund dasselbe meinen.

Ich lese die Begriffe folgendermaßen. Beispiel "Gravitation":

Die menschlichen Sinne merken, dass bestimmte Schwerkräfte unter verschiedenen Bedingungen gewisse Regelmäßigkeiten aufweisen. Der Mensch vergleicht diese Kräfte sinnlich mit Hilfe von Stahlfedern und Zahlen-Skalen und notiert die Werte.

Nun kommt die Mathematik ins Spiel, und die Sinnlichkeit macht Pause. Man probiert Formeln aus, die erklären sollen, warum die gemessenen Werte so sind, wie sie sind. Die Formeln erlauben, die Bewegung der Himmelskörper vorauszuberechnen. Man spielt mit Formeln, und wenn eine funktioniert, dann ist das eben die Entdeckung, dass sie funktioniert. Wie beim Klimpern auf dem Klavier. Plötzlich klingt da eine gute Melodie. Was ist passiert? Man kann sagen, dieser Mensch habe soeben eine Melodie "erfunden", aber man kann auch sagen, er habe sie "entdeckt". "Erfunden", weil er die Absicht hatte, durch Herumprobieren eine Melodie zu "finden" -- oder "entdeckt", weil er diese Melodie nicht geplant hatte (hätte er sie geplant, so wäre sie ja schon in seinem Kopf gewesen und würde nicht neu sein).

Ob entdeckt oder erfunden -- die Frage ist letztendlich eine Begrifflichkeitsfrage. An dieser Stelle. Denn die Kernfrage kommt erst noch:

Die Gravitation mittels Mathematik zu beschreiben, ist eine Angelegenheit, in der die Sinnlichkeit immer noch eingewoben ist. All die Variablen (Distanz, Kraft, Winkel etc.) sind sinnliche Variablen. Auch die empirische Überprüfung der Formel geht nicht ohne die Sinne.

Also die Kernfrage um das Wesen der Mathematik beginnt erst da, wo sie völlig unabhängig von den Sinnen ist. Damit komme ich zu folgendem Beispiel. Nehmen wir mal den Satz des Pythagoras. Denken wir uns ein perfektes Rechteck.

Wir können uns nicht sicher sein, ob in natürlichen Gegenständen Rechtecke vorkommen. Man kann zwar Kristalle und dergleichen unter die Lupe nehmen und so weiter. Aber unsere Sinne können nicht klarstellen, ob diese und jene Kanten absolut parallel sind.

Deshalb müssen wir uns das perfekte Rechteck im Geist vorstellen. Dazu brauchen wir kein Licht. -- Oder wir lassen das Licht an und kritzeln das Rechteck auf ein Papier, und nehmen an, die Tintenstriche seien absolut parallel. Sind sie nicht. Wir stellen uns das lediglich vor, im Geist.

So, jetzt ist da also ein Rechteck, das nichts mit der Sinneswelt zu tun hat. Kein Schuhkarton, kein Kristall ist so perfekt wie unser gedachtes Rechteck. Es ist völlig unabhängig von natürlichen Gegenständen.

Nun spielt Herr Pythagoras mit seinen Rechteck-Gedanken und mit einer Diagonalen, und entdeckt, dass a²+b²=c².
Jetzt reden wir nur noch über reine Mathematik -- frei von Sinnlichkeiten. Ich würde sagen, Pythagoras hat diesen Zusammenhang a²+b²=c² nicht "erfunden", sondern "entdeckt".

In diesen reinen Mathematik-Sachen ist die Frage ob "entdeckt" oder "erfunden" ja durchaus umstritten unter Philosophen. Die Frage fasziniert nach wie vor. Ich möchte mich da auch nicht endgültig festlegen. Wenn man in die Problematik tiefer hineinbohrt, merkt man: Das ist der absolute Wahnsinn. Da gibt es etwas, das seine Gesetze selber festgelegt hat -- objektiv --, getrennt von der subjektiven Sinneswelt der Lebewesen.


P.


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