der wolf
brachte die sprache auf deine augen
(SAID: [der wolf]. Gedicht. 2007)
ich überwintere in deiner sprache
friere ich nicht
deine hand greift hinein
in das flüstern die stimmen
bewegt der mond der stille
die meere
hörst du im stadtpark
am weiher das brechen des eises
jede rinde trägt eine spur
schnee den du nicht gehört hast
durchs windland ziehen traurige gestalten
und der wind geht durch sie hindurch
mollusken sind treu
wie alte gewohnheiten oder krankheiten
pflügen schleppnetze
vers für vers in den grund des meeres
mollusken sind bekannt
für ihren sinn für schönheit
du führst zwei leben
eines für die träume
und in einem anderen lernst du lesen und schreiben
denken sprechen
durch deine verse bist du mir nah
als ob wir uns gegenübersitzen und miteinander sprechen
aus dem maulbeerbaum kommt eine stimme
dünne fäden aus einem anderen reich
alles wölbt sich auf
über die horizontlinie am ende des meeres
gedichte luftspiegelungen
in der schimmerung des nachmittags
der durst nach dichtung ist gestillt
den schlaf mohn bringe ich mit
vergiss nicht zu atmen
vergiss nicht
vergiss
die todeskraft des schreibens
Teheran, das heißt, mein Lächeln ist Wunde.
(Pegah Ahmadi: Mir war nicht kalt. Gedichte.
Aus dem Farsi von Jutta Himmelreich. Bremen, 2011)
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Der Himmel
will die Zeit vergessen haben,
da du sein Gast warst.
(SAID: Sei Nacht zu mir. Gedichte. 1998)
wenn die blätter
sich anfühlen wie liebesgedichte
beschreiten mit ihren gaukelflügen feuerfalter
die bewegungen des liebesspiels
flattern bläulinge
ins porzellanweiß des auges
legt der schmetterlingsmann
seinen trauermantel ab
steigen am östlichen himmel
aurorafalter auf
kann ich mich nicht sattessen an den feigen
nicht sattsehen an den tulpen
und mädchen
schmücken die gärten mit kräutern
Die Welt ist aufs Wasser gekippt und zerflossen.
Ich streue Erde aus, um sie hinter mir zu lassen.
(Pegah Ahmadi: Mir war nicht kalt. Gedichte.
Aus dem Farsi von Jutta Himmelreich. Bremen, 2011)
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Jeder Ort ist zufällig –
Bis auf deinen mund,
der empfängt
und sich nach einer mündung
ohne splitter sehnt.
(SAID: Aussenhaut Binnenträume. Gedichte. 2002)
nacheilen
den zerfließenden stimmen
wem würde es auffallen
wenn der dichter ein paar schritte vorausgegangen ist
und sein gedicht noch bei uns bleibt
in seiner sprache
die wir vernahmen
als er bei uns stand
kein wort kein komma
wird mehr geändert
denn das gedicht spricht weiter
und der dichter schon
mit anderer stimme
einer leiseren
geflüsterten
die auch am firmament die weißen vögel
über dem verlorenen land der kindheit vernehmen
Atme.
Wieder ist die Luft eine dünne Übersetzung.
(Pegah Ahmadi: Wucht. Gedichte.
Aus dem Persischen übertragen
von Jutta Himmelreich. Bremen, 2018)
Drei Gedichte für SAID
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Wir bemerken viele Unterschiede im Sein, aber Lyrik ist wie die Musik. Sie bietet einen Treffpunkt, festzustellen wie viele Gemeinsamkeiten in den Unterschieden bestehen. Auch in surrealen Untertönen.
Ein paar ausgewählte Werke zur Stillung weiterer Neugier:
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.
sehr gut gesagt
wunderbare gedichte für einen wunderbaren schriftsteller.
Danke Dir, liebe Birke.
Lieber Werner,
du hast wie wir alle ebenfalls einen Körper, inklusive Gehirn, das unsere Welt generiert. Vorstellbar wäre, das gänzlich andere Informationsverarbeitergehirne gänzlich anders die Welt darstellen. Der Lyriker hier nun aber zeigt mir eine Welt, von der ich klar sagen kann, dass es eine künstlich erzeugte ist, denn kein Mensch wird von sich sagen können, das er die hier dargestellte genauso erlebt. Insofern scheint richtig, das es sich um ein individuelles Hirngespinnst handelt, weshalb mich diese Art der Lyrik nichts bringt. Ich mag Lyrik, die mir einen tieferen Zugang zu der Welt vermittelt. Der Lyriker fungiert dann als Medium. Hier aber entstellt der Lyriker bewusst die Welt wie durch ein verdrehtes Kaleidoskop dar. Die Folge ist, ich lese den Text, aber am Ende ist nichts dar, an das ich mich orientieren kann. Es bleibt auch nichts verwertbares haften. Leider. Allerdings, das Lesen offenbart schöne Formulierungen.
du hast wie wir alle ebenfalls einen Körper, inklusive Gehirn, das unsere Welt generiert. Vorstellbar wäre, das gänzlich andere Informationsverarbeitergehirne gänzlich anders die Welt darstellen. Der Lyriker hier nun aber zeigt mir eine Welt, von der ich klar sagen kann, dass es eine künstlich erzeugte ist, denn kein Mensch wird von sich sagen können, das er die hier dargestellte genauso erlebt. Insofern scheint richtig, das es sich um ein individuelles Hirngespinnst handelt, weshalb mich diese Art der Lyrik nichts bringt. Ich mag Lyrik, die mir einen tieferen Zugang zu der Welt vermittelt. Der Lyriker fungiert dann als Medium. Hier aber entstellt der Lyriker bewusst die Welt wie durch ein verdrehtes Kaleidoskop dar. Die Folge ist, ich lese den Text, aber am Ende ist nichts dar, an das ich mich orientieren kann. Es bleibt auch nichts verwertbares haften. Leider. Allerdings, das Lesen offenbart schöne Formulierungen.
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Ich verweise in diesem Zusammenhang immer gern auf die bewusste Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Wahrheit. Wirklichkeit ist etwas sehr individuelles.
Ein paar ausgewählte Werke zur Stillung weiterer Neugier:
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.
das sind Hommage-gedichte für einen noch nicht lange verstorbenen, mit zitaten aus gedichten von ihm, gegenübergestellt eine etwas jüngere und weibliche stimme, ebenfalls aus teheran stammend ... wobei ich versucht habe, mich einzufühlen in orientalische, persische lyrik und die in die poesie der zizierten ... und, ein merkmal bei meinen gedichten ist immer wieder ein "magischer realismus", manchmal fast surrealismus ... und, lyrik/gedichte sollte/n immer auch etwas magisches haben, hat mal ein dichter gesagt, und, ich füge hinzu, auch etwas sinnliches. Danke für eure kommentare. für einen tieferen zugang zur welt sind tiefbohrungen, geophysikalische (seismische) messungen besonders geeignet, füge ich als studierter und immer in meinem beruf arbeitender geologe noch an. die hintergründe, die geschmäcker und die ansprüche sind verschieden.
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