zufall

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
pandora

Beitragvon pandora » 26.10.2006, 17:54

gone
Zuletzt geändert von pandora am 15.03.2008, 16:12, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.10.2006, 23:10

Hallo pandora,

das gefällt mir soooooooo gut. Wunderbar, was du für Wortschöpfungen kreiert hast. Und die Wiederholungen passen hervorragend, lassen das Gedicht so richtig eindringlich werden. Toll!

Nur eine Anmerkung habe ich:

doch am morgen hatten zitronenfalter
starr auf der terrasse gelegen


hier würde ich schreiben:

doch am morgen lagen zitronenfalter
starr auf der terrasse


oder so ähnlich. Das "hatten ... gelegen" klingt nicht so gut.

Ein wunderschönes Gedicht.
Chapeau!
Saludos
Gabriella

selachde

Beitragvon selachde » 27.10.2006, 08:50

das "hatten" weist wohl darauf hin, dass diese zeilen sich auf den zeitraum vor dem beschriebenen moment beziehen,
der bruder/freund/erinnerung ist vor langer zeit verstorben/verloren und es gibt eine herbsterinnerung.
das li erlebt einen moment der sinnestäuschung, es erinnert sich, klänge, bilder erzeugen ein bild, doch gleichzeitig weiß es, es ist unmöglich...

so kommts bei mir an. wirklich sehr schöner text!

lg. johanna
Zuletzt geändert von selachde am 27.10.2006, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 27.10.2006, 09:40

Ja, liebe pandora, wieder ein Text voll stimmiger Bilder und ich glaube selachde hat ganz Recht mit der zeitlichen Einordnung.
Den Bezug zwischen den Zitronenfaltern und dem LyrDu, das zum Lyrich meint, es könne fliegen, finde ich sehr beeindruckend.
Auch dass es sich, um die empfindliche Spezies der Zitronenfalter handelt, die in Europäischen Breiten eher selten anzutreffen, wenn nicht vom Ausssterben bedroht ist.
Sehr schön auch die nachtworte, nachtlachen und nachtstimme.
Der Text sagt so viel über Beziehungsmuster und Jahreszeiten aus, im Verbund aus, wunderbar, einzig mit der Deutung des Tatoos unter Handflächen liege ich noch überkreuz.
In diesem Gedicht bist du um einiges deutlicher als in vielen anderen, was aber der Qualität nicht abträglich ist. :smile:

Liebe Grüße
Gerda

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.10.2006, 13:28

Liebe pandora,

ich glaube (!), dass dies ein ganz neuer Text von dir ist? Auf jeden Fall ist er trotz wie immer anziehender Dichte ganz anders...ich mag ihn sehr!

Das hatten verstehe ich auch als zeitliches Davor, Rückblick in die zeit der beiden, die vor dem treffen lag. Plusquamperfekt klingt natürlich nicht so lyrisch wie andere Zeiten, eventuell würde sich die Arbeit mit "damals" lohnen? dann könnte man eventuell auf das hatten verzichten? aber zeitlich ist es so natürlich richtig.

Was mir nicht gefällt/in den sprachlichen Kontext passt, ist das "starr" - vielleicht bekomme ich aus mangelndem Wissen auch nur nicht die Assoziation dazu - entweder die falter sitzen in der sonne und wärmen sich, dann sind sie nicht starr...sie ruhen für mich...genießen auch...oder sie sind tot...aber starr würde ich das dann bei faltern auch nicht nennen...sie sind viel zu nachgiebig und filigran...wehen zu schnell hin und her, weg...ich frage mich davon ab, ob die stelle nicht eventuell stärker wirken würde, ohne das adjektiv:

doch am morgen hatten zitronenfalter
auf der terrasse gelegen


Ein wenig kreise ich noch um das Tattoo...einerseits fügt es sich perfekt in die Sprache ein, ja, untermalt diese noch, schafft sie mit, anderderseits passt es für mich nicht ganz, "was mit ihm geschieht" ...du weißt, ich habe nichts gegen gewagte Bilder (:eusa_whistle: warum nur warum nur)....aber ich kann der Abfolge nicht ganz folgen: Lachen, das als Tattoo unter den Handflächen getragen wird (ich erkenne schon hier keinen Bezug zwischen Lachen und Tattoo dann unter den Hand)...und dann wieder wird es in die Augen zurück gerieben.
Das du mich nicht falsch verstehst...emotional kann ich voll folgen...verstehe, was erzählt wird, die ganze Stelle durch...bildlich bekomme ich die Verweise aber nicht zugeordnet...

soll heißen: die Begwegung vollziehe ich mit: lachen - tragen - reiben...aber dass das mit einem tattoo passiert verstehe ich nicht...

das mag aber an mir liegen?

Aber damit das nicht untergeht: Der Text spricht mich sehr an! (Er erinnert mich ein wenig an Pauls Gedicht, Weimar...II...glaube ich, wo es um ein ähnliches Wiedersehen geht..der Klang, die Stimmung...in einigen Passagen lehnen sich die Gedichte aneinander..)
...die englischen Zeilen als zweite Stimme, die hilft, die Stimmung aufzubauen wirkt stark...beschließt auch stark das Ende...(köntne ich mir auch als Titel vorstellen)...die sprache...die bilder, einfach wie immer sehr stark!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 27.10.2006, 13:45

hallo pandora!

es ist ein hervorragendes gedicht. um nicht zu sagen: dieses gedicht ist ein gedicht. dennoch wage ich mal ganz mutig zu sagen: die schräggeschriebene stelle "du kannst fliegen..." braucht es nicht. der text kommt ohne gut aus. in deinen wunderbaren zeilen liegt soviel schwingung, soviel gemalte stimmung in wirklich sehr gelungenen worten, das es dieses (nahezu) banale "du kannst fliegen" nicht braucht. der sinn erschließt sich auch ohne dies.
es ist immer leicht, ich weiß, an texten "rumzuspielen". es ist deines. und eines der besten, die ich von dir kenne. es ist nur diese stelle. ausnahmslos, die mir "aufstieß"

aber ich schließe mich gabriella mit dem wort *chapeau* gerne an.

lieben gruß: Niko ....-noch mal lesen geht ;-)

Nachtrag: don´t know why und oh brother - auch die scheinen mir.......wie sagt man...-obsolet?


so wäre es MIR absolut "perfekt":


ich traf dich wieder
an einem dieser abende
die nach schnee riechen
einen moment nur
dann warst du verschwunden
in der menschenmenge
dein lachen
dein lautes nachtlachen
längst vergessen
ich trug es als tattoo unter den handflächen
rieb es
fast ungläubig
in die augen zurück
mit dem laub trieb deine stimme umher
deine tiefe nachtstimme
längst vergessen
der geschmack salziger schokolade
ich zählte die worte
deine nachtworte
doch am morgen hatten zitronenfalter
starr auf der terrasse gelegen

Max

Beitragvon Max » 27.10.2006, 19:46

Liebe Pandora,

vielleicht sind die ganzen Lobhudeleien gar nicht konstruktiv ;-) .. aber auch mir gefällt der Text sehr. Ähnlich wie Niko fragte ich mich schon beim lesen nach dem Sinne der englischen Zeilen - ich vermute dahinter eine Botschaft, die nicht für mich bestimmt ist, aber wie kann ich das wissen ;-).

Ansonsten nur schönes, das Lachen, das Nachtlachen und auch die mit dem Laub umher treibende Stimme, die mich an ein Jan Skacle Gedicht denken liess, wo es u.a. heißt:

"die laubigen laubfrösche bitten laut
(der morgen stellt sich manchmal taub und blind)
mit laub auf den stimmen mit zungen betaut"

(wobei die Schlusszeile, die ich nicht zitieren darf, besonders stark ist ....)

Liebe Grüße
max

Klara
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Beitragvon Klara » 27.10.2006, 20:08

Hallo,

gekonnt!

die englischen Zeilen (ich glaube, alles Jazzstücke, die inhaltlich und stimmungsmäßig genau varriert referieren?) bräuchten für meinen Geschmack gar nicht kursiv, ist ja kein Zitat, sondern elementar. Deshalb auch auf keinen Fall raus! ;-)
Stimmt alles - außer der Titel. Den empfinde ich als gewollt, und als zu rational. stimmt schon: zu Fall klingt mit an. und die zitronenfalter, ich weiß schon, aber irgendwie...
Autumns leaves ...?

Grüße
Klara

Max

Beitragvon Max » 27.10.2006, 20:23

oder autumn's leafs?

LG
max

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 27.10.2006, 20:41

oh, ja, sorry, hab mich verschrieben.

oder autumn's leafs?


autumn leaves war natürlich gemeint.

autumn leaves wäre allerdings auch nicht übel.

oder winter left?

next winter left?

coming soon?

Nix für ungut... :confused:
Clearer - äh, Klara ;-)

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 27.10.2006, 21:33

Liebe Frau Pandora,

es wird Sie nicht überraschen, dass mir dieses Gedicht sehr gut gefällt. Über die englischen Einwürfe kann man natürlich geteilter Meinung sein. Aber das Tatoo befindet sich an der richtigen Stelle und das bekannte Lachen - Max hat es bereits erwähnt - wirkt ebenfalls sympathisch.

Zwei Bilder erscheinen mir noch ein wenig zu zuckrig: die salzige Schokolade und die Zitronenfalter. Wobei es letztere natürlich gibt. Bei ersterer bin ich mir nicht ganz so sicher.

Und bitte ändern Sie den Titel nicht! Überlassen wir die Welt dem Zufall, sonst müssten wir noch an einen göttlichen Plan glauben.

Jazz-Standards-summend

Paul Ost

pandora

Beitragvon pandora » 28.10.2006, 19:55

@magic: ich weiß, plusquamperfekt ist lyrikfeindlich. ich komme dennoch kaum umhin, diese tempusform zu benutzen, um den moment vor dem moment, das UNMÖGLICHE, zu beschreiben, glaube ich.

@gerda: deutlicher bin ich in diesem gedicht? vielleicht, und das werde ich gleich versuchen, in einer antwort an lisa noch präziser zu erklären, drückt sich in dem text einfach eine veränderung aus.

@lisa: wie ich eben magic schrieb, bin ich mir der tatsache bewusst, dass "hatten ...gelegen" den textfluss behindert. "damals" aber schreibt mir das geschehen zu sehr in die vergangenheit zurück.
zu weit. dafür ist dem lyrICH das alles noch zu gegenwärtig...
schmetterlinge erfrieren an kalten herbstabenden, wenn sie sich nicht vorher vorsorglich verpuppt haben. sie bieten einen jämmerlichen anblick. die fühler sind zerknickt, die flügel zerfleddert und die körper sind ... nun ja, starr eben. totenstarr. mir fällt kein anderes adjektiv für diesen zustand ein.
das tattoo soll für etwas stehen, dass sich dem lyrICH tief eingeprägt hat, aber das bewusst verdrängt wird. (daher: unter den handflächen) dinge, die man verdrängt, in die zweite reihe verschiebt, kommen zuweilen völlig überraschend wieder zum vorschein.

@niko: danke für dein lob. du weißt, wie sehr ich deine meinung schätze.
lies mein gedicht ohne die kursiv gedruckten zeilen, der inhalt wird der gleiche bleiben. für mich allerdings stellen die einschübe (allesamt anfangszeilen aus songs) verbindungen her, verbindungen, die möglicherweise nur ich dechiffrieren kann. (nein. falsch eigentlich. natürlich kann sie auch noch eine andere person entschlüsseln bzw wiedererkennen)

@max: ich würde gern die schlusszeile lesen!!!!
mit den geheimen botschaften hast du recht. ich hoffe trotzdem, dass sie sich harmonisch in den textzusammenhang einfügen. wenn man die titel kennt (nicht alles jazz übrigens), müsste das klappen.

@klara: der titel, ich weiß... nicht so der brüller. ich überlege noch. bis jetzt geht mir zu: fall - zu: fall - fall ... nicht aus dem kopf.

@ paul: herr ost! kennen sie die firma leysieffer? (pralinenmacher seit 1909) in deren regalen finden sie eine schokolade mit grobem meersalz aus der bretagne!
also, was ich eigentlich sagen will, ist, salzige schokolade gibt es wirklich. und die ist kein bisschen zuckrig.
meinen sie, es würde mir helfen die "zitronenfalter"in "falter" zu verwandeln, um nicht in die nähe von hedwig courts-mahler gerückt zu werden?

p.

Gast

Beitragvon Gast » 28.10.2006, 21:04

Merkwürdig, liebe pandora, die Zitronenfalter, haben für mich eben die ganz besondere Bedeutung.... s. o. weil sie selten sind.
Ansonsten danke auch für die hinweise zum Tatoo.
Obwohl ich jmanchmal auch mit Englischen Textteilen arbeite, kann ich mir hier keinen Englischen Titel vorstellen, vielleicht weil schon Teile in Englisch enthalten sind.
Du scheinst ohnehin in eine andere Rchtung gehen zu wollen, denn wenn du am..fall "klebst", hat es wahrscheinlich kaum Sinn das Engliche zu bemühen...

Liebe Grüße
Gerda

wie wäre übrigens fall - end
oder trenn - end

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 28.10.2006, 21:43

Liebe Frau Pandora,

ich wurde schon von Arwen (ganz diskret per PN) über die Hintergründe der Salzschokolade belehrt. Ihr schrieb ich, dass ich gerne auch in der Öffentlichkeit ob meines Unwissens "gedisst" werden möchte.

Gegen Zitronenfalter habe ich nichts, außer dass es sich dabei (vielleicht) um Schmetterlinge handelt, oder?

Aber das ist alles pingeliger Kleinkram. Ihr Gedicht gefällt mir ja.

Grüße

Paul Ost


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