trauern

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 09.11.2006, 21:04

blicke
von gegenüber
schwären in mir
acht unüberwindbare
schritte nah

hinterrücks
überfällt mich
das gestern
deine augen
der himmel darin

worte
von der zeit
die wunden heilt
ich vermag sie
nicht einzuholen

und während ich
meine tränen
zum frühstück fresse
hungert mich
nach schweigendem Du


Erstfassung:

in mir eitern
blicke von gegenüber
acht unüberwindbare
schritte nah

flügellahme worte
von der zeit
die wunden heilt
ich vermag sie
nicht einzuholen

hinterrücks
überfällt mich
das gestern
deine augen
der himmel darin

und während ich
meine tränen
zum frühstück fresse
hungert mich
nach schweigendem Du
Zuletzt geändert von leonie am 21.11.2006, 16:15, insgesamt 4-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.11.2006, 17:36

Hallo Cara,

Lach,

welches Sternzeichen bist du, Magic?



Krebs mit Aszendent Löwe, warum fragst du? :12:
gespannte Grüße
Gabriella

Cara

Beitragvon Cara » 11.11.2006, 19:56

Och,

Gabriella,

diese Frage kam nur spontan in mir hoch,
als du bzgl. des "fressens" schriebst:

"einmal: das in sich hineinfressen
und auch die Wucht und die "Menge" der Tränen, dass es Ströme von Tränen sind, da ist mir "schlucken" zu milde, zu "wenig"."

Das kam für mich so sehr temperamentvoll rüber,
dass ich mich gleich fragte, welches Feuerzeichen dahinter wohl versteckt sein mag. Na, immerhin ist es bei dir ja zumindest der Aszendent, lächle (der allerdings durch den Krebs sehr abgemildert sein dürfte , siehe " in mich hineinfressen")



LG
Cara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.11.2006, 20:50

@ Cara

;-)

Saludos
Gabriella

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leonie
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Beitragvon leonie » 12.11.2006, 22:56

Ähm, nach diesem kleinen Sternzeichen-Exkurs würde ich gern noch einmal zurück zum Text kommen.... Ich überlege, die ersten beiden Strophen zu streichen, da mir Nikos Idee nicht aus dem Kopf geht. Oder die erste zu streichen und die zweite zwischen die beiden anderen zu stellen.
Was meinen andere dazu?

Grübelnd

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 13.11.2006, 00:32

Liebe leonie,

lass dir beim Grübeln Zeit, bitte.
Ich finde, die Bilder der ersten beiden Verse sollten eigentlich nicht verloren gehen.
Letztlich kann ich mir die Variante mit Vers 2 zwischen 3 + 4 gut vorstellen... aber s. o.
Außerdem "musst" du entscheiden und ganz ehrlich, leicht finde ich das nicht, Bei mir würde das Wochen wenn nicht Monde oder Jänner dauern ;-)

Liebe Nachtgrüße
Gerda

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 13.11.2006, 11:07

Liebe Leonie,

Gerade weil Trauern in ein Gefühlschaos stürzt, in dem vieles unkontrollierbar ist, auch die Wut und manchmal die Wortwahl...

Kann ich durchaus verstehen!!!!
Und ich kann auch verstehen, dass du nicht etwas von uns Kommentatoren geglättet haben willst, was sich bei deinem Schreiben und dabei Fühlen und Denken abspielt und was du gesagt haben willst.

(Ich hab dasselbe Problem grad bei meinem Text "Komm")

Manchmal ist gerade so ein "Stolperstein" derjenige, der ein Werk interessant macht - wenn er bewusst und gekonnt eingesetzt wird.

(Wobei ich mich nicht als Könnerin verstehe, sondern als blutige Anfängerin)
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST

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leonie
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Beitragvon leonie » 13.11.2006, 12:10

Liebe Gerda, liebe Angelika,

vielleicht bin ich wirklich zu ungeduldig mit mir. Ich hatte aber auch das Gefühl, die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen für mich, deshalb mein Nachhaken. Irgendwie dachte ich, der Text ist noch nicht weit genug für die „Ruhephase“.

Liebe Grüße und danke Euch

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 13.11.2006, 15:02

Liebe leonie,

ich habe nicht alle Kommentare genau gelesen, bin aber unbedingt für das Fressen! Es ist ganz leonie-Ton hier und MUSS bleiben. Du hast manchmal so einen Ton, er ist bis zu einem gewissen Grad "unerbittlich" (ich denke an das Grün vor die Füße kotzen) und zeigt erst wirklich die "Wunde". Gepaar mit der anderen Sprache, die das Magische, das Gebannte oft physisch fühlbar macht beim Lesen ist das für mich ehrlich und "Grund" des Textes.

Was ich schwierig finde ist das "eitern". Eitern passt für mich nicht in die Bilderwelt des Restes. Eitern ist glaube ich nicht zu 100 Prozent das, was du sagen willst? Eiter führt IMMER dazu, dass irgendetwas aufplatzt, irgednwann ist es zuviel. Hier habe ich aber eher das Gefühl, dass sich für lyr. Ich trotz starker Emotion nichts mehr ändern wird, worauf es sich bezieht. Das, was in den Alltag (punktuell/phasenweise) einfällt, bleibt und trotz Druck, der daraus entsteht, wird es nie dazu kommen wie es zum beispiel bei einem Geschwür ist (was das schlimme ist, dass das nicht passieren wird). jedenfalls ist das bei meiner Lesart so.
Davon ab finde ich aber eben auch, dass es als Wort selbst nicht passt - vielleicht so etwas wie brennen? oder ruhig schmutziger, derber oder was auch immer, aber eitern trifft es für mich nicht...

Ansonsten ein sehr starkes und ehrliches Gedicht.

(Man könntee noch damit anfangen, dass du das "schweigendem Du" vielleicht noch poetisch ausarbeiten könntest, es wäre für mich noch eine weitere Strophe "wert", schweigendes Du ist noch mehr gestaucht als es vielleicht noch anders ginge...da steckt noch viel drin, aber schon so gefällt es mir sehr).

Leonie, deine Texte sind einfach vom Gefühl immer gleich bei mir...

Liebe Grüße,
Lisa
PS: Gerda fällt mir ein, vielleicht am Anfang einfach kürzen?? Das klingt gerade gut für mich (??):

blicke
von gegenüber
acht unüberwindbare
schritte nah
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 14.11.2006, 18:12

Liebe Lisa,

danke für Deinen Kommentar. Ich verstehe Deinen Einwand gegen das „eitern“. Ich könnte mir etwas vorstellen wie schwelen, schwären, gären, wobei bei manchen dieser Worte ein ähnliches Problem entsteht.
Die Sehnsucht nach dem „schweigenden Du“ sollte den Gegensatz bilden zu den Blicken und den versuchten Trostworten (Zeit, die Wunden heilt), die keinen echten Kontakt herstellen. Müsste das noch deutlicher werden?
Und mit dem Kürzen: Niko meinte, die letzten beiden Strophen könnten für sich stehen. Ich finde das auch, fände es aber schade um die ersten beiden (hüstel). Aber ich frage mich. Ob eine Kürzung die Intensität nicht doch erhöht. Und so entstand die Idee, die erste Strophe zu streichen und die zweite zwischen die dritte und viert zu schieben. Und jetzt sitze ich wieder einmal hier und weiß nicht, was ich will.
(Zudem plagt mich ein Infekt, es kann also sein, dass ich mich ein paar Tage nicht melde, da ich zur Zeit meistens das Bett hüte).

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 14.11.2006, 20:43

Liebe Leonie,

ein starker Text.
Gegenüber der Erstfassung ist der Einstieg jetzt viel stärker. Dennoch habe ich im Kopf noch daran herumgedoktort, weil ich fand, es könne noch anders. Viel ist mir noch nicht eingefallen. Lustig, dass ich anscheinend die gleichen Gedanken hatte bezüglich des Eiterns wie Lisa und lustig, dass mir wie Dir das "schwären" in den Sinn kam. Probier es mal.

Auch mit Strophe 2 probier ich noch. Was dächtest Du über

flügellahm die worte
von der zeit
die wunden heilt

ich vermag sie
nicht einzuholen


oder

flügellahm das wort
von der zeit
die wunden heilt

ich vermag es
nicht einzuholen


Strophe 3 könnte übrigens auch den Auftakt des Gedichts bilden - von da an läuft es auch vollkommen rund.

Sehr gern gelesen
Max

PS: Ach bitte: keine Sternzeichen *seufz*, keine Blüten, die man den Mitternachts pflücken muss, keinen Gesang, am 13. des Monats rückwärts zu singen - lasst uns so tun als sei es uns ernst.

scarlett

Beitragvon scarlett » 15.11.2006, 21:13

Liebe leonie,

ich habe dein Gedicht immer und immer wieder gelesen. Es ist großartig, es geht dermaßen unter die Haut, wobei auch ich die zweite Fassung noch beeindruckender finde.

Einzig das "fresse" - das wird mir auch nach 100x Lesen nicht gefallen! Sorry, es macht für mich die ansonsten so schöne Sprache irgendwie kaputt. Wie gesagt, sorry, ich kann nicht anders....

Ganz liebe Grüße,

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 16.11.2006, 21:57

Lieber Max,

danke für Deine Rückmeldung, Deine Vorschläge zur zweiten Strophe überzeugen mich! Und auch das „schwären“ habe ich „eingebaut“. Wegen der Stellung der Strophen bin ich mir immer noch völlig unsicher..

Liebe scarlett,

auch Dir vielen Dank, auch wenn Dein Votum mich natürlich noch einmal wegen des „fresse“ verunsichert.

Ich merke, dass das Gedicht jetzt doch wohl Abstand braucht und ich mit meiner verflixten Ungeduld wenig daran ausrichten kann.
Ich freue mich sehr über Eure Stimmen dazu, die vermerkt sind und einfließen werden. Vielen Dank noch mal!

Liebe Grüße
leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.11.2006, 22:57

Liebe leonie,
ich komm nur kurz vorbei um zu sagen wie gut ich das schwären finde :blumen:

(Fressen bitte lassen)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 16.11.2006, 23:12

Liebe leonie,

ich bin Lisa auf den Fersen ;-)

Ich habe schon ein paar Mal auf das "schwären" geschaut - insgesamt im Zusammenahng, natürlich. Gelernt habe ich, dass "schwären" als Verb auch zu gebrauchen ist.
Hier passt es sehr gut. Besser als "eitern", auch vom Wortklang.
Ich glaube Max gab den Tipp, der ist "goldrichtig"
Ja, und ich trau es mich kaum ein 3. Mal zu schreiben, aber ich tu's: Lass bitte "fresse".

Liebe Abengrüße
Gerda


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