Küchentipp Folge Neun

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MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 04.12.2006, 11:09

Küchentipp Folge Neun

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Ja, meine Damen und Herren, es ist mal wieder soweit. Das Christkind ist im Anmarsch, liebe Gäste laufen ihm voraus – und die Frage: Was koche ich zum Wiegenfest des Herrn?
Elchbraten, was sonst!

Besorgen Sie sich ein weit ausladendes Geweih und nageln es an die Haustüre. Darunter stellen Sie einen Eimer Met. Die Elche aus den benachbarten Wäldern wittern den Duft und werden unwiderstehlich von ihm angezogen. Das Geweih an der Haustüre signalisiert dem Wild, dass hier eine Elchkneipe aufgemacht hat und es heute Freimet gibt. Die einladend geöffnete Türe sorgt für den Rest. Und schon ist der Braten im Haus.
Sie müssen jetzt nur noch Ihr Handy klingen lassen. „Alle Jahre wieder“ als polyphoner Klingelton verwandelt auch das zäheste Fleisch in den zartesten Braten. Sie müssen nur noch enthäuten, portionieren und entbeinen. Schneller und bequemer geht’s wirklich nicht.

Semmelnknödeln nach Weihnachtsmannart sind die ideale Sättigungsbeilage. Mischen Sie unter die Knödelmasse eine üppige Handvoll frischer Tannennadeln und die Hälfte eines klein gehackten Zapfens. Schalten Sie den Fernseher ein und stellen den Topf so, dass die Teigmasse freie Sicht hat auf die Werbespots für Allzweckreiniger und Kompressionsstrümpfe. Wie von Zauberhand werden aus dem blassen Etwas herrliche Semmelnknödeln. Vorbei die Zeiten, in denen man sich stundenlang mit dem Papps rumärgern musste. Genießen Sie den feinen Tannennadelduft!

Rosenkohl ist preiswert, nahrhaft und bequem in der Zubereitung. Wickeln Sie jedes Rosenkohlröschen in buntes Geschenkpapier, weichen die kleinen Paketchen in Punsch ein und wenden diese in den Schuppen, die Sie aus der übrig gebliebenen Zapfenhälfte gewonnen haben. Fünf Minuten frittieren. Und dann einfach nur genießen. Reichen Sie bei rotem Geschenkpapier Rotwein zum Essen, ansonsten empfehle ich trockenen Weißwein. Frittierte Rosenkohlröschen sind ideal auch als kleine Zwischenmahlzeit oder für Brunch. Reste sorgfältig auf Küchenkrepp trocknen lassen und schockgefrieren. Auf Gehwege oder Schlinderbahnen gestreut, ein interessantes Geschicklichkeitsspiel. Und völlig umweltfreundlich!

Gönnen Sie Ihren Lieben ein ausgefallenes Dessert: schottischen Jägerpudding. Nehmen Sie hierzu einen Quadratmeter von der Elchhaut und schneiden alles in feine Streifen. Diese mischen Sie mit einem Viertelliter Kamillentee, sieben rohen, geriebenen Kartoffeln, fünfhundert Gramm gehackter Schokolade (sehr zu empfehlen sind hier die Reste von den diversen Weihnachtsfeiern der letzten Wochen) und nicht zu vergessen – ein Gläschen Frostschutzmittel auf Glykolbasis. Findet sich in der Scheibenwaschanlage Ihres Autos. Ist die Masse noch flüssig, geben Sie einfach eine Tasse Birchermüsli hinzu. Alles in eine gut gebutterte Puddingform geben und im vorgeheizten Backofen bei 175 Grad sechzig Minuten garen. Flambiert wird mit schottischem Whisky. Einem gelungenen Weihnachtsessen steht nun nichts mehr im Wege.

Haben sich vor Ihrer Haustüre statt stattlicher Elche nur Busladungen angesäuselter Touristen eingefunden, die zudem noch ellenlange Wunschzettel abgeben wollen, müssen Sie sich das Geweih etwas genauer ansehen. Plastikgeweihe, womöglich mit rot blinkender Nase, deuten in Nord- und Südamerika auf Andenkenläden mit Alkoholausschank und Emailverbindung zum Nordpol hin. Nehmen Sie einfach den Meteimer fort, dann trollen sich auch die Touris.
Einheimische Jugendliche dagegen fassen Plüschgeweihe an der Haustüre als Einladung auf, die Speisekammer zu plündern. Als Dankeschön singen die lieben Kleinen hinterher ein schönes Weihnachtslied. Aber nur, wenn kein Schnaps in der Speisekammer war! In dem Fall rollen sie sich in eine stille Ecke und schlafen ihren Rausch aus. Mein Tipp: nach vier bis fünf Stunden per Telefonkette die Eltern bitten, die Kinderchen abzuholen. Diese revanchieren sich für das zuvorkommende Kinderhüten bestimmt mit etwas Gutem aus dem Weinkeller. Silvester kommt schneller als man denkt!

Wollen die Semmelnknödeln einfach nicht in Form kommen? Kontrollieren Sie das Fernsehprogramm. Bei Weihnachtsmärchen und Tierdokus kann auch die beste Knödelmasse nicht gelingen. Notfalls umschalten auf den Teleshoppingkanal.

Ist die Schwiegermutter beim Genuss des Rosenkohls im wahrsten Sinne des Wortes geplatzt? Dann haben Sie vermutlich Sekt oder Most statt Wein zum Essen serviert. Kohlensäure in Verbindung mit frittiertem Geschenkpapier kann zu unkontrollierten chemischen Reaktionen im Verdauungstrakt führen! Erbstreitigkeiten schon vor der Bescherung – das muss nicht sein!

Mögen Sie das Dessert nicht so süß, geben Sie statt des Glykols ein Viertelchen Apfelessig in die Puddingmasse. Das feinsäuerliche Aroma verleiht ihrem Weihnachtsessen einen besonderen Pfiff.

Einen köstlichen Weihnachtsabend und einen fröhlichen Rutsch ins Neue Jahr wünscht Ihnen

Frau Marlene

Herby

Beitragvon Herby » 05.12.2006, 21:12

Liebe Marlene,

angesichts Deiner Rezepte bleiben mir Reim und Vers im Halse stecken, daher erstmal ein prosaisches, deswegen aber nicht minder herzliches Danke für diese neue Folge. Habe mich köstlich amüsiert!

Eine Frage an die Expertin zu den Semmelknödeln: Ich frage mich allerdings, ob durch freien Teigblick auf KOMPRESSIONSSTRÜMPFE (ich stelle es mir gerade bildlich und in Farbe vor … herrlich!) nicht eher Serviettenknödel daraus werden.

Liebe Grüße
Herby

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 06.12.2006, 09:35

Hallo Herby,

danke. Das habe ich eigentlich auch gedacht, als ich das Rezpet zum ersten Mal ausprobiert habe. Aber es werden immer wieder klassische Semmelnknödeln draus. Ich müsste mal den Nikolausstrumpf nehmen und ihn vor die Teigmasse hängen. :icon_rendeer:

Liebe Grüße
Marlene

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leonie
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Beitragvon leonie » 06.12.2006, 14:34

Liebe Marlene,

hmmmm, mit Deinem Rezept muss Weihnachten gelingen, da kann nichts mehr schiefgehen. Vielen Dank für diesen köstlichen Küchentipp!

Liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.12.2006, 14:58

Hallo Marlene,

wie gut, dass ich zu Weihnachten nicht koche :spin2:, es gibt nur kalte Küche bei uns, dito bei Sylvester :mrgreen:
Saludos
Magic

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 07.12.2006, 11:26

Hallo Leonie,
Hallo Magic,

schön, dass euch mein Aberwitz so gefällt. Bei mir gibt's übrigens Heringssalat.

Liebe Grüße
Marlene

Sabine

Beitragvon Sabine » 07.12.2006, 17:40

Kohlensäure in Verbindung mit frittiertem Geschenkpapier kann zu unkontrollierten chemischen Reaktionen im Verdauungstrakt führen!
:mrgreen: :mrgreen:

Na denn, juuten Appetit und einen direkten Griff zum Telefon zwecks Notrufwählens.
Zum Glück gibt es bei uns Fondue - nicht mit Elch. :daumen:

LG Sabine

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 09.12.2006, 15:28

Liebe Marlene,
deine Küchentipps haben sich bei mir schon richtig festgesetzt wie eine bekannte Spalte in der Zeitung. Habe ich wieder sehr gerne geleslacht!!

Besonders:

Besorgen Sie sich ein weit ausladendes Geweih und nageln es an die Haustüre. Darunter stellen Sie einen Eimer Met. Die Elche aus den benachbarten Wäldern wittern den Duft und werden unwiderstehlich von ihm angezogen. Das Geweih an der Haustüre signalisiert dem Wild, dass hier eine Elchkneipe aufgemacht hat und es heute Freimet gibt


Einfach herrlich!

Hier allerdings:

Wollen die Semmelnknödeln einfach nicht in Form kommen? Kontrollieren Sie das Fernsehprogramm. Bei Weihnachtsmärchen und Tierdokus kann auch die beste Knödelmasse nicht gelingen. Notfalls umschalten auf den Teleshoppingkanal.

warum hilft Teleshopping? Wieder die Starhlung? :eek: :pfeifen:

Ich hab die Reihe richtig gern hier!
Liebe Grüße!
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 10.12.2006, 18:26

Hallo Lisa,
Hallo Sabine,

danke für eure Antworten. Je schauriger das Fernsehprogramm, je besser gelingen die Semmelnknödeln. Da muss man klotzen, nicht kleckern. Und Teleschopping ist da einfach die erste Wahl.

Bis demnächst aus meiner Küche.
Marlene


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