Sprachlos

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 22.04.2006, 22:51

Durchgefallen.
Nicht bestanden.
Gefangen in Sprachlosigkeit.
Meine Wege sie versanden
in namenloser Traurigkeit.

Gewogen.
Für zu leicht befunden.
Die Schale neigt sich nicht für mich.
Und die Versuche zu gesunden
erneut gescheitert sind durch dich.

Abgeliebt,
was doch erst gestern
zitronengelb am Horizont -
Was übrig bleibt von unsern Nächten
verkündet bleich ein kalter Mond.


scarlett, 2005

Last

Beitragvon Last » 23.04.2006, 10:18

Hallo scarlett,

dein Gedicht gefällt mir sehr gut. Du hältst diese ansprechende Form konsequent durch. Die Bilder sind ausdrckstark und leicht zugänglich.
Einzigster Kritikpunkt: "erneut gescheitert sind durch dich." Das klingt syntaktischer Umstellung des Reimes wegen, also erzwungen.

Gast

Beitragvon Gast » 23.04.2006, 11:53

Gut scarlett, was sie von last bemängeltte zeile angeht, ich empfinde genau so.
Noch etwas ist nicht glücklich in der ersten Strophe:
2 x ...keit

Gefangen in Sprachlosigkeit.
Meine Wege sie versanden
in namenloser Traurigkeit.

Mein Vorschlag:

sprachlos gefangen
meine Wege versanden
in namenloser Trauer

Die Substantive auf -keit (auch-heit) besser meiden... machen Texte oftmals schwe bekömmlich... und hören sich nicht gut an.

Liebe Sonntagsgrüße und... na ja, beim Letternsalat hast du natürlich Recht ;-)

Gerda

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 23.04.2006, 21:43

Mir ist beim Lesen von scarletts Gedicht aufgefallen, daß Reime drin sind, in allen drei Strophen - ich nehme an, daß sich daraus das 2 x "keit" erklärt.

Da es für mich ein Reimgedicht ist, erklären sich die von dir angemängelten Zeilen und auch die von Last bemängelte quasi von selbst.

scarlett hat nicht widerstehen können, Worte zugunsten eines Reimes umzusetzen. :???:

Darum auch noch so eine Unreinheit wie "Horizont" und "Mond", die nun wirklich zu störend ist...

Das Gedicht gefällt mir eigentlich gut, und wenn du, scarlett, darauf verzichten könntest, diesem ein Reimschema aufzuzwingen (aus welchen Gründen du auch immer meintest, es tun zu müssen), dann wäre es ein wirklich gutes Gedicht.

Gruß
Frank

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.04.2006, 11:16

Der Reimkritik kann ich mich nur anschließen, vorallem, weil sich es sich für das starke Gedicht wirklich lohnen würde!!


Ich frage selten so direkt nach Thematiken, aber hat das Gedicht neben der Sprachlosigkeit eigentlich auch Magersucht zum Thema oder lese ich da etwas völlig verkehrtes in den Text hinein? Ich habe verstanden, dass der Bruch zwischen Ich und Du auch zu einem erneuten Einbruch in die Besserung einer Esstörung führt...wegen waage, Gesundheit, zu leicht befunden. Wenn das viel symbolischer gemeint ist und ich einem Hirngespinst nachrenne, tut es mir leid! :schaem:

Aber abgesehen davon: Vergiss die Reime, gibt den Sätzen ihre Form zurück und zumindest das Gedicht wird wieder zitronengelb :grin:

scarlett

Beitragvon scarlett » 24.04.2006, 18:55

Hallo an alle, die sich die Zeit genommen haben, meinen Text mit Bemerkungen zu versehen! Danke euch!

Nein, das Gedicht hat kein anderes Thema außer "Sprachlosigkeit" - und die allein war auch Grund für die "Reime", sei nun rein oder unrein. Ich wollte dieser Sprachlosigkeit einen Kontrast bieten, etwas wie einen "Halt" in der Form... Daß mir das wohl nicht gelungen ist, nehme ich zum Annlaß nochmals darüber nachzudenken....
Das mit dem "Gewogen- für zu leicht befunden"- hat nichts mit der tatsächlichen Waage zu tun, sondern mit dem "Abwägen"- Für und Wider, Pro und Contra ... in einer bestimmten Situation, mit einem lyr Du in Auseinandersetzung mit einem lyr Ich- wobei eben das Ich den "Kürzeren" zieht...

Wie dem auch sei, Merci eluch allen...

bye
scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 25.04.2006, 07:55

Liebe scarlett, ich meine zwischen den Zeilen ein gewisse Resignation heraus zu spüren...
Lass doch den Text etwas "abhängen"... ;-)
Du gewinnst abstand, auch zu den Kritiken.
Ich bin sicher, du wirst daraus ein rundes Gedicht machen.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Lisa » 25.04.2006, 09:57

Hallo scarlett,

dazu hat wohl auch mein völliges Missverständnis des Textes beigetragen, das der "Reimmeckerei" noch die Krone aufgesetzt hat. Ich wollte nicht, dass du (was mich betrifft) den Eindruck gewinnst, dass es ein schlechtes Gedicht ist. Reim als Halt finde ich als formales Mittel gar nicht uninteressant! Ich habe daher jetzt noch einmal genau geschaut, das sind ja nur einzelne Stellen.

In der ersten Zeile würde ich vielleicht

Durchgefallen.
Nicht bestanden.


In eine Zeile rücken, dann ist der Kreuzreim durchgängig. das ist aber nur eine Winzigkeit.


Was mich ansonsten nur wirklich stört ist diese Zeile:

erneut gescheitert sind durch dich.


Ich weiß, ich werde es nicht müde, das immer wieder zu betonen ( :-$ O:) ) aber die Satzstellung klingt für mich so unnatürlich...das wäre mir der Reim nicht wert. Diese Zeile würde ich also umarbeiten. Ansonsten ist es das aber auch schon für mich. Vielleicht war ich mich mit dem einen Satz "Der Reimkritik kann ich mich nur anschließen [...]" auch zu kurz angebunden.

Die unreinen Reime stören mich übrigens nicht, das ist ja keine Beleidigung sondern ein Fachtermini, der nicht bedeutet, dass die Reime schlecht sind, sondern formal-akkustisch unrein. Reine Reime gibt es gräuliche genug (Herz - Schmerz :cool: ).

Liebe Grüße,
Lisa


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