Großmutters Vermächtnis

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Trixie

Beitragvon Trixie » 02.05.2006, 18:51

Uraltes Holz
Übersät mit rissigen Narben
In fahles Licht getaucht.
Die Pendel wiegen sich
Im Takt der immerwährenden
Stunden, Minuten, Sekunden.

Unsichtbare Schatten
Auf grau getünchten Wänden
Die lang kein Licht mehr sahen.
Die Pendel wiegen sich
Im Takt der immerwährenden
Sekunden, Minuten, Stunden.

Knarrende Türen
krumm und verzogen
Einmal zu oft geschlossen.
Die Pendel wiegen sich
Im Takt der immerwährenden
Stunden, Minuten, Sekunden.

Faulige Gerüche
Bestätigen den Tod
Der längst schon Einzug hielt.
Die Pendel stehen still
Die immerwährende Zeit
Ist abgelaufen

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.05.2006, 20:25

Liebe Trixie,

ich "umschleiche" immer wieder dein Gedicht und überlege, was ich dazu sagen könnte. Irgendwie spricht es mich an, läßt irgendwas in mir klingen... Es erinnert mich an ein Jacques Brel Lied, les vieux - die Alten oder die alten Leute, wo auch eine Pendeluhr eine zentrale Rolle einnimmt.
Bei deinem Gedicht ist mir dieser Refrain vielleicht ein Mal zu viel - es ließe sich straffen, denke ich.

"das uralte Holz" - muß es denn "uralt" sein? ist mir ein wenig zu dick aufgetragen, sorry.
"die immerwährende Zeit" kann m. M. nach nicht ablaufen, wenn sie denn immerwährend sein soll. "die Zeit ist abgelaufen" würde da völlig ausreichen.

Die schönste und bedeutendste Verszeile ist sicherlich
"einmal zu oft geschlossene" Türen - finde ich sehr gut.

Insgesamt würde ich sagen, es lohnt sich, nochmal über den Text zu schauen- er ist gut, aber da steckt noch ne Menge Potential drin....

Liebe Grüße,

scarlett

woitek

Beitragvon woitek » 03.05.2006, 20:39

Liebe Trixie,

hier muss ich scarlett widersprechen. Mir gefällt dein Text so wie er ist. O:)
Komisch, normalerweise stören mich diese refrainhaften Wiederholungen in Gedichten auch...hier aber nicht.

Mal überlegen woran das liegt, wahrscheinlich dass ich damit das Tick Tack usw. der Pendeluhr assoziere.

Kompliment und Daumen hoch
LG Woitek

Trixie

Beitragvon Trixie » 03.05.2006, 20:59

Servus scarlett und woitek!

Ich danke euch fürs Kommentieren und vor allem lesen meines Textes. Eure Antworten fallen genau so aus, wie ich befürchtet hatte... Ich war mir bei diesem Text selbst noch ein wenig unschlüssig, aber ich wollte ihn nicht in die Werkstatt setzen, sondern erst einmal abwarten, was für KOmmentare kommen. Also, mit uralt bin ich auch nicht so ganz zufrieden. Einerseits passt es ja, aber andererseits ist das Wort mir nicht stark genug. Das mit der Zeit hatte ich mir so vorgestellt: Der Enkel geht in das Haus der verstorbenen Großmutter und assoziíert als erstes mit diesem Haus oder der Wohnung das Ticken der Küchenuhr. Er läuft durch die Räume bis er in der Küche ankommt, in dem die Großmutter wohl gestorben und stellt dort dann fest, dass die Uhr aufgehört hat zu schlagen. Das wollte ich damit ausdrücken: Dass die Zeit natürlich immerwährend ist, aber wenn eine Uhr stillsteht, ist die Zeit stehengeblieben oder im Falle eines Todes abgelaufen. Ja, das war mehr so eine Prosageschichte, die ich im Kopf hatte, woraus ich dann versucht habe, ein Gedicht zu fertigen. Ich bin zumindest froh, dass ich es nicht ganz löschen muss, aber bin offen für konstruktive Vorschläge!! DAnke und
lg §blumen§ eure Trixie


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