die jahre ...

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.07.2016, 15:58

die jahre lassen mich
mager zurück

kind um kind
füllt seinen koffer
gürtet ihn
mit einem rest nabelschnur
es rollt die fracht
zur haltestelle
über den berg

geht
soll landschaften urbar machen
Zuletzt geändert von Amanita am 14.07.2016, 11:37, insgesamt 2-mal geändert.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 13.07.2016, 21:44

Hallo Kurt, versteh ich jetzt nicht ... Lyrik muss doch nicht "den Tatsachen entsprechen"? Oder bin ich jetzt auf dem völlig falschen Dampfer?
Und was müsste man mir abnehmen, kann es aber nicht?

Es geht doch gerade um die verschiedensten Perspektiven ... speziell in der Lyrik? Die können sich alle um denselben Sachverhalt drehen und alle Recht haben (wenn man so will)?

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 14.07.2016, 00:19

Offenbar hat Kurt das Gedicht als erfüllt von Selbstmitleid und Selbstgerechtigkeit gelesen. Ich lese es gar nicht so.
Amanita schreibt selbst, dass "ausgezehrt" die richtige Lesart sei. Aber es steht ja nicht "ausgezehrt" da, sondern mager. Und mager zu sein ist ja durchaus erwünscht in unserer Gesellschaft, es bedeutet nicht so sehr "bar aller Ressourcen", sondern "frei von Überflüssigem".

Ein Loch ist bekanntlich das, wo etwas nicht ist. Es ist aber auch das, wo etwas hinein kann, etwas Neues; und die Erkenntnis, dass da ein Loch ist, hat ihre eigene Fruchtbarkeit.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 14.07.2016, 07:30

danke, Zefira, "Selbstgerechtigkeit" könnte ich da nun wirklich nicht rauslesen ... immer wieder interessant, was sich alles zwischen den Zeilen aufhält.

Vielleicht könnte man das "soll" auch weglassen?

Landschaften
urbar machen


??? ginge vielleicht auch -

Niko

Beitragvon Niko » 14.07.2016, 09:39

Finde ich eine gute Idee, das "soll" zu streichen. Ohne es ist die Aussage definitiver.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 14.07.2016, 10:21

Ich bin auch Nikos Meinung.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 14.07.2016, 10:25

Hm, ich weiß nicht. Ohne das "soll" steht es jetzt da wie eine Handlungsanweisung, von der man nicht recht weiß, an wen sie gerichtet ist.
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Beitragvon Amanita » 14.07.2016, 10:46

zu machen?

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 14.07.2016, 11:01

Was sollen die letzten beiden Zeilen grammatisch sein? Ein Gebot oder eine Feststellung? Oder beides?

Zur Addresse: Weil oben "mich" steht, bezieht sich unten das "soll" auf das oben michende Ich; also: "ich soll". Richtig?

Übersetzt meint dann die alte Version "ich soll landschaften urbar machen", und die neue: "ich mache landschaften urbar".

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 14.07.2016, 11:14

nein, das Kind

... entfernt sich grammatisch immer mehr, aber der Bezug ist noch da

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Beitragvon Amanita » 14.07.2016, 11:15

aber stimmt, korrekt wäre jetzt ein "zu".

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 14.07.2016, 11:21

Wenn "zu", dann auch ein "um" am Anfang.

Zum Kind: Wie soll der Leser darauf kommen, dass das Kind gemeint ist?

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Beitragvon Zefira » 14.07.2016, 11:26

Wie wäre es mit "geht landschaften urbar machen"?

Würde da stehen "es rollt die fracht zur haltestelle über den berg / um landschaften urbar zu machen", würde das m.E. einen falschen Bezug nahelegen - als ob der Berg durch den Vorgang des Rollens quasi gepflügt werden sollte.
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 14.07.2016, 11:28

Zefira hat geschrieben:Wie wäre es mit "geht landschaften urbar machen"?

Dat isses.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 14.07.2016, 11:36

ja, könnte mir auch gefallen! Danke sehr!


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