Labor im Lebens-Allerlei

Gerda

Beitragvon Gerda » 26.02.2011, 14:53

Labor im Lebens-Allerlei

Drei subjektive Betrachtungen




Ein Frisör sieht den Erfolg seiner Arbeit direkt. Er liest ihn am zufriedenen Lächeln der Kunden ab. Ein Erfolgserlebnis, würde mir eher helfen als eine flotte Frisur, denke ich, als ich auf meinen neuen Schnitt warte. Für die Kundin nebenan wird Farbe angerührt. Das sieht gefährlich aus. Lila, die Frau ist aber nicht grau, (man kennt das ja, diese hellen Köpfe mit dem lila-blauen Schimmer), sondern jung, langhaarig und dunkel. Also wird die lila Farbe wohl so etwas wie „Lichter“ ins Haar zaubern, wie meine Friseurin zu sagen pflegt.

In welchen Laboratorien haben dafür Tiere leiden müssen, dass auch ich mir, und Millionen andere Menschen sich das Haar färben können? Leiden für die Schönheit oder für das, was wir Menschen als schön ansehen. Wie viele Versuchstiere sterben, damit Kosmetik dem Menschen möglichst keinen Schaden zufügt? Will ich Antworten haben?
Irgendwann gab es doch eine Gesetzesänderung hinsichtlich der Versuche, beruhige ich mich. Es soll gar nicht mehr notwendig sein, Versuche an Tieren durchzuführen. Stammzellen, richtig zumindest für Medikamente. Ob ein solcher Test an Zellklumpen sicher genug für den Menschen ist?
Pflanzliche Haarfarbe, garantiert ohne Tierversuche, gibt es die? Färbt diese auch gut, deckt sie das Grau ab? Wie arbeiten heutzutage Chemiker? Ethisch verantwortlich oder eher doch für die Gewinnmaximierung des Unternehmens? Wie frei ist Forschung eigentlich? Ich verheddere mich, lege mir selbst (nachdenkenswerte) Fallen, weiß nichts darüber, nichts.




Die übliche monatliche Blutentnahme steht an. Es hat mir noch nie etwas ausgemacht und inzwischen ist es für mich Routine wie für den Arzt.
Doch genau da beginnen meine Bedenken. Was ist, wenn der Arzt, die, von der Sprechstundenhilfe (sorgfältig) vorbereiteten Röhrchen, in die er mein Blut fließen lässt, vertauscht hat? Tragen, jene, die er gerade für mich benutzt, wirklich meinen Namen? Hat der Arzt das im Griff? Sind es wirklich meine Laborwerte, die er mir zwei Tage später telefonisch durchgeben wird? Was ist, wenn die festgestellten Werte im Labor vertauscht werden? Falsch abgespeichert im PC. Wie weit geht mein Vertrauen?
Wie genau und konzentriert können Menschen unter Zeitdruck und Anspannung überhaupt arbeiten? Wie geht es zu im Labor, dort wo mein Blut als Probe unter vielen untersucht wird? Sind Verwechslungen tatsächlich, dank der hoffentlich korrekten Namensschildchen und der Sorgfalt der Laboranten ausgeschlossen? In der Kette darf kein Glied brüchig werden, soll die durchzuführende Untersuchung der Gesundheit dienen.
Bloß jetzt nicht einsteigen in dieses Gedankenkarussell.



Lecker die frischen Brötchen am frühen Morgen, die Luft angereichert mit dem appetitanregenden Duft des Frischgebackenen. Ein herzhafter Biss in eines der knackfrischen Goldstücke schon auf dem Weg an den heimischen Frühstückstisch.Schnell noch eine Zeitung holen. Nun denn, auf ein Frühstücksei werde ich verzichten angesichts des Dioxin-Skandals.
Ob bei dem Brötchenteig auch Chemiker ihre Hände im Spiel haben? Was ist das für Hefe, die den Teig gehen lässt? Wenn ich eine Packung tiefgefrorener Brötchen kaufe, achte ich darauf, dass keine Zusatzstoffe drin sind. Woher weiß ich, dass beim Bäcker um die Ecke nicht auch Antioxidationsstoffe, Backtriebmittel, Emulgatoren, Farb- und Konservierungsstoffe und/oder Säureregulatoren enthalten sind? Finde ich beim Bäcker noch „Natur pur“, oder bekommt er bereits vorgefertigte Mischungen, bei deren Entwicklung ehemals Lebensmittelchemiker ihre Hände im Spiel hatten.
Beim nächsten Brot- oder Brötchenkauf werde ich nach der Liste, der verwendeten Zusatzstoffe fragen. Ob mir dann noch die Brötchen schmecken

©GJ20110226


Sollen die einzelnen Episoden Titel tragen? (Beim Frisör, Beim Arzt, Beim Bäcker)
Allerdings lenken diese von der Intention ab.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.02.2011, 17:59

Liebe Gerda,

ich war schon gespannt auf deinen "Labor-Text". Den Titel finde ich sehr treffend, würde da auch keine Episodentitel setzen, da ja im Titel dieses "Allerlei" steht, dies zu deiner Frage unter dem Text.

Erster Eindruck:
Den Teil, bei dem es um die Blutentnahme geht, nehme ich dir absolut ab, ist für mich total glaubwürdig, dass man sich solche Gedanken macht. Diese Glaubwürdigkeit entsteht für mich, weil die Infragestellung, ob die Blutproben evtl. vertauscht werden könnten auch die Hoffnung in sich trägt, dass ein evtl. negatives Ergebnis ein Irrtum sein könnte. Hier wird die persönliche Ebene stark mit hinein projiziert.

Doch beim Friseurpart geht es mir nicht so. Ich frage mich, woran das liegen könnte. Vielleicht, weil hier die persönliche Ebene nicht mitagiert oder nicht so stark. Beim Färben spielt die persönliche Ebene meiner Meinung nach überhaupt nicht mit. Sprich: ob nun Tierversuche gemacht wurden oder nicht, um diese Färbungsmittel herzustellen, das LI kann nicht auf persönlicher Ebene getroffen/verletzt werden. Da ist deshalb eine größere Distanz enthalten. Und macht man sich wirklich Gedanken beim Friseur über Tierversuche? Dazu müsste man ein sehr aktiver Tierschützer sein. Und dann würde man gar nicht zum Friseur gehen, sondern sich die Haare selbst färben, mit Henna.

Auch beim Bäckerteil fehlt mir die Glaubwürdigkeit. Dass das LI keine Eier isst wg. Dioxinskandal ist für mich absolut nachvollziehbar. (Mache ich btw auch nicht mehr, dito mit Fleisch). Aber der Schwerpunkt liegt hier ja nicht auf den Eiern, sondern auf den Brötchen. Und da frage ich mich, ob man sich wirklich Gedanken über die Hefe macht? Hm, ich glaube eher nicht.

Das ist natürlich jetzt eine sehr subjektive Rückmeldung, da ich von mir ausgehe, klar.
Also, mich überzeugt eigentlich nur der Blutentnahmeteil.
Soweit mein erster Eindruck.

Liebe Grüße
Gabi

Gerda

Beitragvon Gerda » 26.02.2011, 19:44

Liebe Gabi,

vielen Dank für deine rasche Rückmeldung.

Wenn die zwei Episoden nicht glaubwürdig ankommen, ist das zwar schade, aber ich ich weiß noch nicht recht woran es liegen könnte. Mal sacken lassen.
Die Behauptung, dass ich es aber genauso erlebe, bei mir beobachte, kann den Text kaum stützen, ;-) denn der Leser entscheidet über die Lebensnähe.
Jeder macht natürlich ureigenen Erfahrungen, aber die Episode mit der Blutabnahme ist am Erzählich näher dran, als die indirekten über die Haarfarbe und die Backwaren, da hast du recht.

Ich wollte allerdings mit diesen Texten, weder Betroffenheit suggerieren noch Gefühle für die jeweilige Situation erwecken, sondern zeigen, dass wir ständig mit Dingen zu tun haben, die durch irgendein Labor untersucht wurden oder werden.
Dieses wurde mir durch das Monatsthema klar. Hätte ich die Zeit gehabt, wären hier noch Passagen über Sprachlabore (die meisten sind abgeschafft) und die Molekularküche entstanden.

Liebe Grüße
Gerda

Shareena

Beitragvon Shareena » 26.02.2011, 21:51

Liebe Gerda,
deinen Text habe ich so verstanden, dass man, denkt man mal genauer darüber nach, wirklich nicht mehr sicher sein kann, wie viel von dem, was uns im Alltag begegnet, nicht künstlich - im Labor - entstanden ist. Ich kann gut nachvollziehen, dass deiner Figur beim Friseur Gedanken durch den Kopf gehen, die sich mit dem Tierversuchen beschäftigen.
Ebensowenig absurd ist der Gedanke, ob der Bäcker noch richtigen Teig macht oder nur noch Fertigmischungen benutzt. ( Was übrigens der Fall ist)
Bei der Blutabnahme ist für mich das Beispiel nicht so deutlich. Aber das liegt nicht an dem Beispiel an sich, sondern daran, dass ich als Krankenschwester oft Blut abnehme und weiß, wie genau wir schauen müssen, damit keine Verwechslung passiert.
Insgesamt ist der Text für mich interessant. Ich habe ihn gerne gelesen.

Gerda

Beitragvon Gerda » 26.02.2011, 23:15

Liebe Shareena,

vielen Dank für deine Rückmeldung zu meinem Text.

Shareena hat geschrieben:deinen Text habe ich so verstanden, dass man, denkt man mal genauer darüber nach, wirklich nicht mehr sicher sein kann, wie viel von dem, was uns im Alltag begegnet, nicht künstlich - im Labor - entstanden ist.


Ja, das ist auch enthalten. Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich selbst erstaunt war beim Schreiben, wieviel Einfluss heute Laborergebnisse auf unseren Alltag haben.

Shareena hat geschrieben:Ich kann gut nachvollziehen, dass deiner Figur beim Friseur Gedanken durch den Kopf gehen, die sich mit dem Tierversuchen beschäftigen.
Ebensowenig absurd ist der Gedanke, ob der Bäcker noch richtigen Teig macht oder nur noch Fertigmischungen benutzt. ( Was übrigens der Fall ist)


Interessant ist für mich, dass du die Abschnitte, die Gabriella nicht als nachvollziehbar empfand, nachempfinden kannst.
Das zeigt wie wir jeder für sich ganz subjektiv herangeht.

Shareena hat geschrieben:Bei der Blutabnahme ist für mich das Beispiel nicht so deutlich. Aber das liegt nicht an dem Beispiel an sich, sondern daran, dass ich als Krankenschwester oft Blut abnehme und weiß, wie genau wir schauen müssen, damit keine Verwechslung passiert.


Ja, ich weiß, dass ihr genau arbeiten müsst.
Ich habe das auch nicht deshalb geschrieben, weil ich davon ausgehe, dass irgendjemand leichtfertig bei der Blutabnahme handelt oder ein Laborant schlampig arbeitet, sondern weil ich mir Gedanken mache, über die Leistung, die unter manchmal ziemlich stressigen Bedingungen dennoch sorgsam erbracht werden muss.
Aber wir sind Mensche und Menschen machen Fehler ...

Shareena hat geschrieben:Insgesamt ist der Text für mich interessant. Ich habe ihn gerne gelesen.


Das freut mich, nochmals dankeschön.

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Eule » 26.02.2011, 23:41

Hallo Gerda, mir gefällt der erste Abschnitt, weil er frisch und lebendig geschrieben ist.

Die Betroffenheit im zweiten Abschnitt ist für mich, trotz des ernsthaften Hintergrundes, aber etwas überzeichnet. Der Tonfall hier passt für mich nicht zu den übrigen Textteilen.

A propos Abschnitte: zur besseren Lesbarkeit und Gliederung würde ich mehr Abschnitte einfügen und dafür die großen vielleicht ganz weglassen. Der Schauplatzwechsel darin spräche eigentlich für sich.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 27.02.2011, 10:53

Vielen Dank, Arne.

Deine Stellungnahme, spiegelt noch eine andere Meinung, als die bisherigen - wie könnte es auch anders sein, berühren die angesprochenen Dinge unser Lebens-Allerlei auf sehr unterschiedliche Weise und meine Art dem Monatsthema beizukommen, ist ganz subjektiv gestaltet, steht ja auch drüber ;-)
Ich weiß nicht, ob ich, wie auch immer (und wann) aus diesem Text eine "runde Sache" machen könnte.

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.02.2011, 11:42

Liebe Gerda,
Gerda hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob ich, wie auch immer (und wann) aus diesem Text eine "runde Sache" machen könnte.

ob das überhaupt geht? Ist sowas von subjektiv, ist ja klar. Das erlebt jeder anders, wie man hier sehr gut an den Komms erkennen kann.
Ich verschiebe die Beiträge zum Thema des Monats ja immer am 10. d. Monats ins Archiv. Wenn du magst (sag mir dazu aber Bescheid, ja?), dann verschiebe ich diesen Beitrag am 10.3. nicht ins Archiv, sondern nach Kurzprosa. Dann kannst du daran ohne Zeitdruck weiterarbeiten, wenn du möchtest.

Liebe Grüße
Gabi

Gerda

Beitragvon Gerda » 01.03.2011, 09:15

Vielen Dank für das Angebot, liebe Gabi.

Unter Kurzprosa hat dieser Text m. M. nichts zu suchen ... ist ja nur kurze Prosa. ;-)
Da ich glaube, dass er für die anderen Saloner nicht interessant genug ist, meine Weiterarbeit zu verfolgen, schieb ihn ruhig ins Archiv.
Sollte ich nach dem 10.03., irgendwann eine andere Version fertiggestellt haben, können wir immer noch mal schauen, wo man ihn zum Zeigen und weiteren Diskutieren unterbringen kann.

Liebe Güße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.03.2011, 12:30

ok, dann verschiebe ich ihn am 10. ganz normal wie die anderen Beiträge auch


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