"Capitol Hills" heißt unsere Subdivision. Hier in Amerika haben viele Städte weniger organisch entstandene Stadtteile als willkürlich hingebaute Wohngebiete, die sich wie Wurmfortsätze von den Hauptstraßen abzweigen. Diese nennt man Subdivisions und die unsere heißt halt Capitol Hills. Die benachbarte Subdivision hat man übrigens Sherwood Forrest genannt, und sie hat so lauschige Straßennamen wie Lady Marion Street, Friar Tuck und Kings Deer; nicht so prosaisch wie unser Congressman Drive oder die benachbarten Executive oder Senator Drives.
Zu jeder Jahreszeit schmücken nun viele unserer Nachbarn ihre Häuser gern mit Lichtern und allerlei Dekorationen. Ob Ostern oder Halloween, es blinkt und blitzt in allen Ecken. Jetzt schmücken allerlei Kürbisse, Vogelscheuchen, und anderes Getier die Eingänge und in der Weihnachtszeit, sind viele Häuser von oben bis unten mit Lichtern besät und auf den Rasen beugen Draht-Rentiere ihre beleuchteten Köpfe gefrorenem Gras entgegen. Einige Fenster blinken in bunten Farben, während weiße Lichterketten so manches Haus im Dunkeln in ein Lebkuchenschloss verwandeln.
Das schönste aber ist die Schneekugel unten an der Ecke. Dazu muss man wissen, dass es hier in Tennessee selten schneit, auch wenn es durchaus vorkommen kann. Das Haus an der Ecke hat eine ca. 1.50 m große Plastikschneekugel. Im Moment fliegen darin kleine Papierfledermäuse um ein großes aufgeblasenes Skelett. Im Dezember prangt drinnen ein luftgefüllter Schneemann, um den nachts – beleuchtet, ein surrender Motor Styropor-Flocken fröhlich durch den Plastik-Dom bläst. Einfach idyllisch...
Dashing through the Snow...
Liebe Bea,
ich finde gerade den Blick von Dir als Deutsche auf die amerikanische Welt sehr spannend. Vieles, was man ja zu Hause als selbsverständlich hinnimmt, ist ja in einem anderen land neu und anders. Daher habe ich deinen Text mit Spannnung gelesen, vielleicht gibt es ja noch mehr zu ertzählen?!
Liebe Grüße
max
ich finde gerade den Blick von Dir als Deutsche auf die amerikanische Welt sehr spannend. Vieles, was man ja zu Hause als selbsverständlich hinnimmt, ist ja in einem anderen land neu und anders. Daher habe ich deinen Text mit Spannnung gelesen, vielleicht gibt es ja noch mehr zu ertzählen?!
Liebe Grüße
max
Ja sicher gibt noch einiges zu erzählen, lieber Max:
Dinge, an die man sich gewöhnt oder die man sich abgewöhnt nach 4 Jahren in der Diaspora:
Du schaust schon gar nicht mehr hin, wenn am rechten Straßenrand ein weißer Schulbus steht, dem Strafgefangene in knallorangenen Overalls zum Müllaufsammeln am Straßenrand / bewacht von zwei Sheriffs mit Gewehr / entsteigen.
Du hast dich daran gewöhnt, dass die Polizei in der Stadt Police heißt, auf dem Land Sheriff und auf der Autobahn State Trooper.
Es wundert dich nicht mehr, in der Cafeteria, Mensa, im Cafe oder Restaurant junge Menschen zu sehen, die ins Bibelstudium vertieft sind und darüber miteinander diskutieren
Du hupst mit, wenn alle auf der Kreuzung hupen, weil am Rand jemand ein Schild hochhält "Honk for Jesus"
Du umschleichst nicht mehr jeden Menschen, den du deutsch sprechen hörst, um dich als ebensolcher zu outen, weil du weißt, dass es den meisten wurscht ist.
Du sagst den Amerikanern nicht mehr, dass du deutsch bist, weil du weisst, dass es den meisten wurscht ist. Wenn du es ihnen aber sagst, sagen sie dir sofort, dass sie es an deinem Akzent gehört haben, obwohl sie dich vor 5 Minuten gefragt haben, ob du vielleicht aus Philadelphia bist.
Dir vergeht die Lust auswärts zu essen, weil eh alles gleich schmeckt in den Kettenrestaurants.
Du wunderst dich nicht mehr, wenn Studenten schmatzend und mit dicken Backen an einem Hamburger kauend, Pommes einfahrend und Cola schlürfend in Vorlesungen sitzen.
Du weißt wenn Bekannte sagen, wir müssen uns unbedingt bald treffen, dass sie dich weder anrufen werden, noch deinen Anruf erwarten und beim nächsten zufälligen Treffen wieder dasselbe sagen werden.
Du tippst nicht mehr bei gelb auf die Bremse und rauscht bei dunkelgelb über die Kreuzung und wunderst dich auch nicht, wenn nach dir noch 3 Autos drüber fahren
Gleichermaßen, fährst du bei Grün nicht gleich los, weil du sonst unweigerlich noch mit mindestens drei weiteren Linksabbiegern kollidieren würdest.
Du weißt, dass Raider hier auch Twix heißt. Aber Milky Way heißt Three Musketeers, Mars heißt Milky Way und Nuts heißt Mars, und Bounty ist ein Mounds.
Der Südstaatler sagt für die 2te Person Plural nicht you sondern y'all und der Yankee sagt you guys.
Und wer im Süden und in der Nähe von Nashville lebt hat es schwer mit dem Radio. Denn entweder erwischt man einen von den unzähligen Country/Western-Sendern oder einen christlichen Sender, der die gute Nachricht mit moderner Popmusik verkündigt. Dann gibt es noch sowas wie das öffentlich-rechtliche Radio (NPR) - na fast so - dass ohne Werbung läuft, dich aber dafür ständig mit Spendenaufrufen zudonnert. Wer sich aber über Politik, Nachrichten, Kultur etc. informieren will, ist hier gerade richtig.
Kirchen gibt es hier im Bibelbelt fast alle 500 Meter. Aber bitte nicht an gothische Bauten dabei denken. Kirchen findet man in Lädenzeilen, hinter Schaufenstern, in Metallbaracken, Hinterhöfen und in pseudogothischen Hallen.
Dinge, an die man sich gewöhnt oder die man sich abgewöhnt nach 4 Jahren in der Diaspora:
Du schaust schon gar nicht mehr hin, wenn am rechten Straßenrand ein weißer Schulbus steht, dem Strafgefangene in knallorangenen Overalls zum Müllaufsammeln am Straßenrand / bewacht von zwei Sheriffs mit Gewehr / entsteigen.
Du hast dich daran gewöhnt, dass die Polizei in der Stadt Police heißt, auf dem Land Sheriff und auf der Autobahn State Trooper.
Es wundert dich nicht mehr, in der Cafeteria, Mensa, im Cafe oder Restaurant junge Menschen zu sehen, die ins Bibelstudium vertieft sind und darüber miteinander diskutieren
Du hupst mit, wenn alle auf der Kreuzung hupen, weil am Rand jemand ein Schild hochhält "Honk for Jesus"
Du umschleichst nicht mehr jeden Menschen, den du deutsch sprechen hörst, um dich als ebensolcher zu outen, weil du weißt, dass es den meisten wurscht ist.
Du sagst den Amerikanern nicht mehr, dass du deutsch bist, weil du weisst, dass es den meisten wurscht ist. Wenn du es ihnen aber sagst, sagen sie dir sofort, dass sie es an deinem Akzent gehört haben, obwohl sie dich vor 5 Minuten gefragt haben, ob du vielleicht aus Philadelphia bist.
Dir vergeht die Lust auswärts zu essen, weil eh alles gleich schmeckt in den Kettenrestaurants.
Du wunderst dich nicht mehr, wenn Studenten schmatzend und mit dicken Backen an einem Hamburger kauend, Pommes einfahrend und Cola schlürfend in Vorlesungen sitzen.
Du weißt wenn Bekannte sagen, wir müssen uns unbedingt bald treffen, dass sie dich weder anrufen werden, noch deinen Anruf erwarten und beim nächsten zufälligen Treffen wieder dasselbe sagen werden.
Du tippst nicht mehr bei gelb auf die Bremse und rauscht bei dunkelgelb über die Kreuzung und wunderst dich auch nicht, wenn nach dir noch 3 Autos drüber fahren
Gleichermaßen, fährst du bei Grün nicht gleich los, weil du sonst unweigerlich noch mit mindestens drei weiteren Linksabbiegern kollidieren würdest.
Du weißt, dass Raider hier auch Twix heißt. Aber Milky Way heißt Three Musketeers, Mars heißt Milky Way und Nuts heißt Mars, und Bounty ist ein Mounds.
Der Südstaatler sagt für die 2te Person Plural nicht you sondern y'all und der Yankee sagt you guys.
Und wer im Süden und in der Nähe von Nashville lebt hat es schwer mit dem Radio. Denn entweder erwischt man einen von den unzähligen Country/Western-Sendern oder einen christlichen Sender, der die gute Nachricht mit moderner Popmusik verkündigt. Dann gibt es noch sowas wie das öffentlich-rechtliche Radio (NPR) - na fast so - dass ohne Werbung läuft, dich aber dafür ständig mit Spendenaufrufen zudonnert. Wer sich aber über Politik, Nachrichten, Kultur etc. informieren will, ist hier gerade richtig.
Kirchen gibt es hier im Bibelbelt fast alle 500 Meter. Aber bitte nicht an gothische Bauten dabei denken. Kirchen findet man in Lädenzeilen, hinter Schaufenstern, in Metallbaracken, Hinterhöfen und in pseudogothischen Hallen.
Hallo Bea,
danke für die lebensnahen Eindrücke, die du uns da lieferst. Musste sehr schmunzeln. Köstlich, wie du es geschrieben hast. Könntest eigentlich ne klasse Satire draus machen, weil man sehr gut auch das Bissige zwischen deinen Zeilen liest.gif)
Tja, andere Länder, andere Sitten.
Saludos
Gabriella
danke für die lebensnahen Eindrücke, die du uns da lieferst. Musste sehr schmunzeln. Köstlich, wie du es geschrieben hast. Könntest eigentlich ne klasse Satire draus machen, weil man sehr gut auch das Bissige zwischen deinen Zeilen liest
.gif)
Tja, andere Länder, andere Sitten.
Saludos
Gabriella
You guys ääand Bea:
Hihi, also, das was du da als Zweites schreibst, kann einem doch nur auffallen, wenn es einem auffällt. Hm, was ich damit sagen will: Ich habe noch nie auf sowas geachtet! Ich habe bisher gar nicht gemerkt, dass die so abgespact sind, wie alle immer behaupten! Muss ich mich nächstes Mal wohl, anstatt mich am Plastikweihnachtsbaum, mit echten Kunstschnee bestreut und Hawaii-Schmuck behangen, zu erfreuen, genauer umgucken
...
Habe verwundert geschmunzelt!
Lieben Gruß
Trixie
Hihi, also, das was du da als Zweites schreibst, kann einem doch nur auffallen, wenn es einem auffällt. Hm, was ich damit sagen will: Ich habe noch nie auf sowas geachtet! Ich habe bisher gar nicht gemerkt, dass die so abgespact sind, wie alle immer behaupten! Muss ich mich nächstes Mal wohl, anstatt mich am Plastikweihnachtsbaum, mit echten Kunstschnee bestreut und Hawaii-Schmuck behangen, zu erfreuen, genauer umgucken

Habe verwundert geschmunzelt!
Lieben Gruß
Trixie
Liebe Beatrix,
Deine amerikanischen Eindrücke habe ich sehr gerne gelesen. Obwohl ich einen BA in Amerikanistik habe, weiß ich fast nichts über dieses Land. Einer meiner Professoren kam sogar aus Tennessee. Ich mochte seinen Akzent.
Was ist denn eine "Oath Ceremony"? Wirst Du dann zu einer echten Amerikanerin? Haben wir damit wieder eine Deutsche verloren? (Deutschland, das Auswanderungsland).
Gerade dachte ich, Du könntest doch ohne Weiteres eine amerikanische Kolumne schreiben. Ich würde sie gerne lesen. Wende Dich doch mal an Thomas.
In diesem Sinne wünscht eine Gute Nacht
Paul Ost
Deine amerikanischen Eindrücke habe ich sehr gerne gelesen. Obwohl ich einen BA in Amerikanistik habe, weiß ich fast nichts über dieses Land. Einer meiner Professoren kam sogar aus Tennessee. Ich mochte seinen Akzent.
Was ist denn eine "Oath Ceremony"? Wirst Du dann zu einer echten Amerikanerin? Haben wir damit wieder eine Deutsche verloren? (Deutschland, das Auswanderungsland).
Gerade dachte ich, Du könntest doch ohne Weiteres eine amerikanische Kolumne schreiben. Ich würde sie gerne lesen. Wende Dich doch mal an Thomas.
In diesem Sinne wünscht eine Gute Nacht
Paul Ost
Lieber Paul, danke... ja, bei der ceremony werde ich Amerikanische Staatsbürgerin. Aber ich darf auch die deutsche behalten, es gibt wohl ein neues Abkommen... Das mit der Kolumne werde ich mir mal überlegen... "TheVoiceof Tennessee" grins
Liebe Gabriella, lieben Dank
Liebe Kathrin, dank dir! Teil 2 ist inzwischen um einiges ergänzt!
:) Bea
Liebe Gabriella, lieben Dank
Liebe Kathrin, dank dir! Teil 2 ist inzwischen um einiges ergänzt!
:) Bea
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