heimat.los

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 12.10.2006, 00:16

2. version (nur zwischenzeilen eingefügt)



heimat.los

ich hätte hier
zu hause sein können
wäre mir heimat
nicht längst vom mund
gerissen

falsche bäume
säumen meinen weg
die hand
die mich halten sollte
liegt kalt
auf meiner schulter

fremd
bin nicht ich
sind die worte
die mein denken knebeln

hast
neid
wut


nie versöhnt
seit der wind
mir die feder
vom auge nahm

fast
hätte ich sie
erreicht





1. version:

heimat.los

ich hätte hier
zu hause sein können
wäre mir heimat
nicht längst vom mund
gerissen
falsche bäume
säumen meinen weg
die hand
die mich halten sollte
liegt kalt
auf meiner schulter
fremd
bin nicht ich
sind die worte
die mein denken knebeln
hast
neid
wut

nie versöhnt
seit der wind
mir die feder
vom auge nahm

fast
hätte ich sie
erreicht
Zuletzt geändert von claire.delalune am 12.10.2006, 13:52, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 12.10.2006, 00:44

Liebe Kathrin,

das ist einfach ein wunderbarer Text. Da steckt so viel drin, von "Heimat", vom eben nicht ZuHause-Sein. Die starken Bäume, an die das Lyrich sich lehnen wollte, sind nur aus Pappmaché,
alles Vertraute fremd.

Das Lyrich, ist mit der Situation vertraut, zurecht gekommen, ehe es die Wahrheit einsehen musste, der Wind die Feder vom Auge nahm...

und dann die letzte Strophe - hinreißend. Fast, hätte es sie erreicht, die Heimat, die Sicherheit, aber es war dem Lyrich nicht vergönnt.


Chapeau, Kathrin, Chapeau. Das sind fantastische Bilder, die du da gefunden hast. Da geht mir das Herz auf.

LG
Bea

Gast

Beitragvon Gast » 12.10.2006, 01:24

Hallo Kathrin,

ja auch ich finde den Text zum Monatsthema sehr gelungen.
Nach knebeln würde ich überlegen, noch einen Absatz einzufügen,
Hier eine Frage: meinst du Hast oder Hass?
Insgesamt finde ich, dass deine Worte sehr gut reflektieren, dass Heimat etwas ist, das man nicht von anderen geschenkt bekommt.
Für die Heimat im über den örtlichen Begriff hinaus gehenden Sinn, trägt jeder für sich selbst Verantwortung.

Liebe Nachtgrüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 12.10.2006, 08:28

Hallo Kathrin,

beeindruckend ! Du bringst mir das Gefühl der Fremde, des Vertriebenseins sehr nahe.

Ich habe das Gefühl, du machst einen Unterschied zwischen "zu Hause" und "Heimat". Oder lese ich da meine Gedanken in dein Gedicht hinein?

Liebe Grüße
Uta

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 12.10.2006, 12:50

Liebe Kathin,

ja, das gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist dir hervorragend gelungen, die Zerrissenheit darzustellen. Vorschläge zur Zeilensetzung:


heimat.los

ich hätte hier
zu hause sein können
wäre mir heimat
nicht längst vom mund
gerissen

falsche bäume
säumen meinen weg
die hand
die mich halten sollte
liegt kalt
auf meiner schulter

fremd
bin nicht ich
sind die worte
die mein denken knebeln

hast (hier würde ich, wie Gerda auch schon schrieb, "hass" hinsetzen)
neid
wut

nie versöhnt
seit der wind
mir die feder
vom auge nahm

fast
hätte ich sie
erreicht


Saludos
Gabriella

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 12.10.2006, 13:49

Herzlichen Dank!

Liebe Beatrix,

so viel Begeisterung in deinen Zeilen macht mich ganz verlegen. Und zugleich freue ich mich sehr:
Du hast meine Intention sehr gut getroffen mit deiner Interpretation. Danke dafür!


Hallo Gerda,

danke für dein "sehr gelungen", worüber ich mich natürlich freue. Es war sehr spontan gestern Nacht, daß ich das Gedicht runter schrieb, nachdem ich hier einige Beiträge in der Rubrik gelesen hatte.
Zu deiner Frage, ob es Hast oder Hass heißen soll:
Nein, Hast ist schon richtig. Ich meine hier Hetze, Eile, ein Getriebensein des Lyrich auf der Suche nach einer Heimat. Weil ich aber ein einsilbiges Wort wollte (analog Neid und Wut), habe ich Hast genommen. Wohl wissend bzw. ahnend, daß genau deine Frage von einem Leser gestellt werden würde.

Zu den Zeilenumbrüchen - als ich zunächst nur deinen Kommentar gelesen hatte, dachte ich, daß die drei Worte zu viel Gewicht bekommen, wenn ich sie einzeln stelle. Ich hatte beim Schreiben daran gedacht, es aber aus eben dieser Überlegung heraus dann doch gelassen.
Magic hat mehr Zwischenzeilen eingefügt und ich denke, dann geht es grad so, diesen drei "hast, neid, wut" eine eigene "Strophe" zu geben, obwohl sie auch da noch sehr stark wirken auf mich.


Hallo Uta,
ja, für mich ist zwischen "zu Hause sein" und "Heimat" ein Unterschied. Er ist schwer zu beschreiben. "Heimat" geht noch tiefer, hat mit Wurzeln und Verbundenheit zu tun, so mein Gefühl. Wenn du sagst, daß du überlegst, ob du dein Gefühl in die Worte legst: Siehst du es genauso wie ich, daß Heimat "mehr" ist als ein zu Hause sein?
Danke für dein Lesen und deine Gedanken.


Liebe Magic,
deine Zeilenumbrüche gefallen mir - das werde ich so übernehmen. Danke.
Zur "Hast" habe ich Gerda schon geantwortet. "Hass" paßt auch für mich inhaltlich hier nicht.
Lyrich haßt nicht - Lyrich ist ruhelos auf der Suche nach Heimat, neidisch auf jene, die eine Heimat nennen können und (hilflos) wütend, daß es ihm selbst nicht gelingt, nicht vergönnt ist, eine solche zu haben. Vielleicht auch wütend auf jene, die ihm die Heimat genommen haben.
Das steckte beim Schreiben für mich da drin. Natürlich bleibt es dem Leser frei (hoffe ich jedenfalls) seine eigenen Gedankenschlüsse aus den Worten zu ziehen.

Lieben Gruß hin zu euch,
Kathrin

Gast

Beitragvon Gast » 12.10.2006, 19:33

Ja, Kathrin, Heimat ist mehr als zu Hause sein für mich. Du sagst es, dass Heimat mit den Wurzeln zu tun hat, zu Hause ist da, wo ich mich momentan wohlfühle.


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