vergängliche

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moonlight

Beitragvon moonlight » 13.04.2011, 20:41

vergängliche




die roten spritzer an den wänden
daran musste man sich gewöhnen

schlagende herzen fühlen




doch vater ließ es nicht zu
alles sollte stillstehen

für seine bilder mussten wir strahlen




die kunst ist eine vergängliche sagte er immer
tränen laufen durch ein nadelöhr

..............und wischte uns fort





© Moonlight 2011

Nicole

Beitragvon Nicole » 14.04.2011, 10:07

Hallo Moonlight,

herzlich willkommen im Blauen.

Mmh, ich lese im Klartext:
Blutspritzer an den Wänden, ein mißhandelnder Vater, gefakte Familienbilder. Also Innen Gewalt, nach außen Heile Welt.

Aber irgendwie toucht mich das nicht, ist mir zu bewußt verklausuliert (die roten Spritzer an den Wänden) und die Bilder zu "platt", ich finde, der Text holpert ("daran mußte man sich gewöhnen", "Doch Vater ließ es nicht zu") LI spricht zunächst "allgemein" daran mußte "man sich gewöhnen" und am Ende wischt Vater "uns" weg...

Für mich paßt das Nadelöhr nicht ins Bild, ebensowenig wie die Kunst und das "wegwischen" des Vaters. Vermutlich ist hier noch etwas verpackt, was sich zumindest mir als Leser nicht erschließt.

Viele Grüße,

Nicole

Klara
Beiträge: 4508
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 14.04.2011, 10:18

Hallo,
beim zweiten Lesen lese ich nicht die Misshandlung - jedenfalls keine körperliche -, sondern Abwesenheit.
Da ist ein Mann, der total in seiner Kunst aufgeht, besessen von ihr, von seinem Schaffen, von ihrer Vergänglichkeit (und vielleicht Unzulänglichkeit) auch.
Er hat keinen Raum für seine Kinder (oder sein Kind und seine Frau - "uns", die er fortwischte), seine Bilder sind die Werdenden, die vergehen, der Widerspruch des Vergehens und des Festhaltenwollens, die Kinder als Porträts, interpretiere ich mal, festzuhalten, im Rahmen, strahlend wie kein Leben, oder keine Porträts, sondern sie sollten strahlen vor Lob, Anerkennung Bewunderung seiner Kunst, seiner Stillleben.
das nadelöhr entzieht sich meinen Deutungsbemühungen, da denke ich immer an den Reichen, der es ähnlich unwahrscheinlich in den Himmel schafft wie ein Kamel durchs Nadelöhr ginge. warum überhaupt tränen? Vielleicht musste man sie bannen, die Tränen? Eng machen? Passend machen?

Der Text ist recht interessant, finde ich, kommt zunächst so einfach daher, als ginge es um Betroffenheit eines geschlagenen Kindes. Doch geht es darum wirklich? Geht es nicht eher um Vernachlässigung in Folge von Egozentrik/Genie/Liebesumdeutung?

herzlich
klara

moonlight

Beitragvon moonlight » 14.04.2011, 11:34

Herzlichen Dank Nicole,
es geht nicht um gefakte Familienbilder sondern um einen Künstler.

moonlight

Beitragvon moonlight » 14.04.2011, 11:38

Hallo Klara,
deine Interpretation war klarer (hast den passenden Namen),
und du hast recht es geht keinesfalls um ein geschlagenes Kind.

LG
Moonlight

auch dir Nicole liebe Grüße habe ich glatt vergessen(bin gerade in Eile).

Gerda

Beitragvon Gerda » 14.04.2011, 12:41

Hallo in die Runde,

"..die Tränen durchs Nadelöhr", deute ich als ein "Leichtes" im Gegensatz zur Redewendung, in der es heißt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt". (Ursprung, Ev. Markus 10, 25)

Dem Künstler ist einzig sein Werk wichtig, nicht aber die Tränen ... die waren halt winzig im Vergleich zur großartigen Kunst.
Möglich ist aber noch etwas ganz anderes und das kann nur Moonlight als Verfasserin wissen

liebe Moonlight,

gibt es ein Sprichwort, aus einer (mir) fremden Sprache, das das Bild der "Tränen im Nadelöhr" aufnimmt?
Auf mich wirkt der Text ingesamt wie ins Deutsche übertragen, aber das kann auch falsch sein.


Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.04.2011, 13:39

Hallo moonlight,

ich las hier auch von einem Künstler, einem wild tobenden Künstler ("die roten spritzer an den wänden"), der seine Familie porträtiert, jedoch nur strahlende Gesichter malen möchte und das "wahre" Gesicht der Kinder, der Familienmitglieder nicht malt ("und wischte uns fort").
Einzig bei dem Satz mit dem Nadelöhr bleibe ich auch hängen.

Saludos
Gabriella

moonlight

Beitragvon moonlight » 15.04.2011, 07:12

Liebe Gerda,
es gibt weder ein Sprichwort noch ist der Text ins Deutsche übertragen.Er stammt zu hundert Prozent von mir.

Gerda,du hast es richtig erkannt dem Künstler ist einzig sein Werk wichtig.

LG
Moonlight

moonlight

Beitragvon moonlight » 15.04.2011, 07:14

Liebe Gabriella,
es geht nicht darum die Familie zu porträtieren.

Die Kinder sind ein Werkzeug.

LG
Moonlight

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.04.2011, 07:48

Hallo moonlight,

herzlich Willkommen!

Wenn ich mir die Kommentare anschaue, musstest du relativ oft schreiben: es geht nicht um ...
Auch ich habe ähnliche Fragen an den Text. Wenn dir eine bestimmte Leseweise wichtig ist, dann würde ich nochmal schauen, an was genau sich dieses andere Lesen (Gewalt/Portrait...) festmacht.

Wenn du die Blutassoziation zum Beispiel nicht möchtest, würde es ja ausreichen in Zeile eins eine andere Farbe zu wählen. Dann wäre auch der Kunstbezug gleich da.

Im zweiten Abschnitt sehe ich auch erst einmal das Portraitiertwerden, was denke ich bei "stillstehen" und "strahlen" auch nahe liegt. Da würde ich versuchen stärker herauszuarbeiten, um was es dir geht, da mir das die Schlüsselstrophe zu sein scheint.

Der letzte Abschnitt ist für mich am interessantesten, gerade durch das Bild der Tränen, an dem man hängenbleibt, was ich an dieser Stelle sehr passend empfinde und so auch noch nie gelesen habe.
Etwas unschön und in ihrer Funktion nicht nachvollziehbar finde ich die Punkte. Sind sie Forumsgeschuldet?

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

moonlight

Beitragvon moonlight » 15.04.2011, 11:15

Hallo Flora,
vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt die Kinder und nur die Kinder sind sein Werkzeug.
Was die Pünktchen angeht so lasst eurer Fantasie freien Lauf.........es könnte grausam werden.

Wenn jetzt die Gänsehaut über eure Körper zieht dann habt ihr mein Gedicht verstanden.

Herzlichen Dank
Moonlight

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.04.2011, 11:25

Uiiiiii Moonlight,

jetzt muss ich an von Hagens plastinierte Körper denken.
Der Vater benutzt die Kinder als lebendige Objekte, um daraus Kunst zu machen???

Gruselgrüße
Gabriella

moonlight

Beitragvon moonlight » 15.04.2011, 11:38

Gabriella du bist klasse.

Gruselgrüße zurück

Moonlight

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.04.2011, 13:18

Hallo moonlight,

vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt die Kinder und nur die Kinder sind sein Werkzeug.
Was die Pünktchen angeht so lasst eurer Fantasie freien Lauf.........es könnte grausam werden.

Wenn jetzt die Gänsehaut über eure Körper zieht dann habt ihr mein Gedicht verstanden.
Ich habe eher den Eindruck, dann haben wir deine Kommentare dazu verstanden und du drückst dich im Gedicht "falsch" bzw. missverständlich aus? Eigentlich sollte das Gedicht ja ohne deine Erklärungen auskommen. Die Punkte funktionieren für mich trotzdem nicht, ist aber vielleicht auch einfach nicht mein Genre.

Liebe Grüße
Flora
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