Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 20.03.2011, 17:22

Zwei Häuser auf Monolithen
dazwischen eine Handbreit Mond
(große Fensterläden, weiter Dachüberstand, Ranken, südländische Nerven)

Ein Reiben der Luft
an den Stimmlippen

Ein Schlagen mit den Flügeln
(bräuchten nur abspringen)

So oft wollte er
die trockenen Rosenstöcke verbrennen

Immer wieder teiben sie Blüten
tragen wilde Zitronen
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 20.03.2011, 17:40

drei gepflegte grüne patios
mit orangen- und zitronenbäumchen
jeden tag lief ich achtlos vorbei
heut wünsch ich sie mir herbei
doch die patios sind lange fort
hacienda weg eine uni steht dort
die vielen bäumchen gewichen
erinnerung nicht verblichen

Max

Beitragvon Max » 28.03.2011, 23:34

Wenn sich die Erinnerungen abschälen
in transparenten Fetzen
wie eine Haut nach einem Sonnenbrand

Was bleibt?

Eine kleine Wahrheit
ein Knochengerüst
unter all dem Fleisch
und all der Haut?

Oder doch nur
das Nichts

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.03.2011, 00:12

.




Was bleibet aber, stiften die Dichter,
Und ja, warum dann nicht: Ein Beinhaus?!




.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.04.2011, 15:49

alles vergängliche ist nur ein gleichnis*

wie jung du bist und mich vergessen lässt
mein welken für ein stündchen
das spürbar schon nach winter duftet
darauf versessen bin ich nicht …
mehr allzu sehr
der schmerz im knie
schwächt ab bei unserm tun
(war er je da)

anschließend trinken wir kaffee und reden
von deinen sorgen die nicht meine sind

bin fern dir schweife ab ertaste
mit dem zeigefinger die fuge
zwischen joch- und stirnbein
ahne zerfall und endlichkeit

umspannt auch meine haut
die sehnen
den schädel noch
und hält

dunkeln mir löcher im knochenweiß

golden verweht draußen ein tag
es wird kühler

©GJ20071022
* Faust II J. W. v. Goethe

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.04.2011, 00:30


trinke nichts
esse kein fleisch
meine haut ist so weiß
die knochen so spitz
dass mir kalt wird
wie es mich kalt lässt
dieses asche-ich

Gerda

Beitragvon Gerda » 06.04.2011, 01:13

verfallsdatum

winterkalte küsse gefrieren
atembewölkte blicke verschwimmen
körperlose geisterumarmung

unaufhaltsam genährt
das ende
herztauber restliebe

der ICE fährt ein


©GJ2009

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Eule
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Beitragvon Eule » 06.04.2011, 10:07

Fahrende, ach,
Gefährlich leuchtet
die Stadt blitzend und

Grau gemauert trägt sie sich
springt dich an mit ihren Augen

verschleppt Dich ins Dunkle
zeigt Dir ihre Träume

vervielfältigt Dich probehalber
reißt Dich in Stücke und nimmt
Euch mit Fahrende

Nehmt Euch in Acht !
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.04.2011, 17:52


ob deine augen blitzen
oder gefährlich leuchten
weiß ich nicht
gefühlt hab ich deinen blick
deinen atem
angst sähtest du nicht
verschlepp mich fahrende
zeig mir das dunkle
um deine augen
ein einziges mal zu sehen

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 07.04.2011, 23:34

Ach, deine Schwarzkirschaugen
wirfst du mir mit
einem Sommerlachen zu -

bringst eine Rose her, die schon
ein wenig schütter lächelt

wie deine Kinderzeit

Gerda

Beitragvon Gerda » 08.04.2011, 23:53

Dem Sturm hielt er stand,
nur der Blitz traf ihn hart.
Seine Wunde im Stamm heilte
unter dem Wickel aus Kuhdung und Lehm.

Die Kette um den dicksten Ast
quietscht noch immer.
Jetzt schaukeln die Kinder
auf dem Kirschbaum.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.04.2011, 21:54

Blumendünger & Kind

Die Frau trägt den Blumendünger unter dem Arm wie ein Kind
Und ich spüre, trüge sie ein Kind, sie hielte es wie Blumendünger im Arm

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Eule
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Beitragvon Eule » 14.04.2011, 22:11

Gefüttert über
Schwarzer Erde
Mit den Händen aus

Holz Marienwurz und den
Gaben des Morgenlandes
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 14.04.2011, 23:01

unter meinem auge
zeigen sich noch die sieben winterjahre
und nähren sich
von den sommerresten

kein zeitass im ärmel
und commedia dell´arte
auf den lippen
die niemand erkennt
mein herz schlüpft in pantoffel
und schlappt
durch das doppelwandige haus
Zuletzt geändert von Niko am 14.04.2011, 23:28, insgesamt 1-mal geändert.


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