Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

Bild
Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2011, 22:54


schreib ich dich nieder
du spukgedanke du
geisterst nicht mehr
in mir herum
schaffst raum
für den nächsten
so lege ich die feder
niemals nieder

Nifl
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Beitragvon Nifl » 16.11.2011, 20:06

Transsaharazieher

Auf der Schwelle
steht unsere Luft
küsst sich leer
in den Raum hinein

Du Harmonische

Meine Bilder springen (ganzzahlig)
wenn ich dein Wellenwasser schlucke
mich am Grat schneide

Auch die Scheibe kratze (statt zu hauchen)
und du dahinter
hältst die Sehnsucht groß

Den Außenhahn nehme ich mit
und den Schal (nur für den Frühling)
auf unseren Schleifenzug
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Gerda

Beitragvon Gerda » 16.11.2011, 23:24

Sonnenglast, die Luft steht still.
Am Horizont Flimmern,
die Hitze ein Gaukler.

Geschwollen die Zunge,
pelzig der Geschmack.
Jeder Schritt ein Lechzen.

Die Oase zum Greifen
nahe, der Geruch von Wasser
oder Eulenspiegelei?

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.11.2011, 11:22


Das Glasschneiderlein

als wäre das Dazwischen – da
ein Inkubator - Landschaftsbilder
mit Tesafilm an die Wände geklebt
manchmal fällt das Licht
durch die Papiersonnen
als ob die Echte scheint
verführerisch und dann greifst du
hinein, zittrig, weil es dich so zerbrechlich
ansieht, als würde es dich erkennen
vielleicht wäre es easy (modern)
alles technically zu betrachten
ein Klick hier, ein Klick dort
das Wort ist hier
der Mensch ist fort
und alles was über 40cm entfernt ist
bleibt sowieso verschwommen
diese Blicke gehn ins Leere
du interpretierst da was hinein
hat dir das niemand erklärt?
*kopfschütteln*
da kennst du dich nicht aus
und sagst, als läge darin alle Beruhigung der Welt:
die Erde dreht sich immer noch
dem Frühling zu und mit deinem Schal
deckst du es (liebevoll) zu, ziehst
die Jalousien hoch, bis das Licht fällt
dann vernähst du die Löcher mit einem Schienenstich
und morgen trennst du sie wieder auf
(und wir wissen nicht, was besser ist)

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.11.2011, 00:18


mit einer scherbe
erschafft sie narben
es tut ihr nicht weh
sie erschafft sich selbst

es tut ihr weh
die narben
verblassen zu sehen

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Eule
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Beitragvon Eule » 23.11.2011, 14:34

Netzschleppend über
Schwünge unter dem
Gleichen Himmel

Wandern Willkommen das
Stolpern im letzten

Segment singt der Sand
Unter den Füßen
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 24.11.2011, 00:53

Netze gründeln.
Sie heben Meerträume.
Fangen sie frei

©GJ20004/2011

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.12.2011, 15:23


träumte von
einem leben ohne sicherheitsnetze
fühlte sich so frei an
war es der traum
war es wegweiser

vielleicht löse ich
das erste von vielen
schon heute

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.12.2011, 11:51

[align=right]Mich sicher wähnen
im vergessen
ist illusion
brichst du wunderwas
jählings in meinen Tag
ist nichts überwunden

©GJ20100607
[/align]
jählings


als die tür aufgeht
fällt mir das manuskript
fast aus der hand
erfasst mich ein zittern
verweigert um ein haar
meine zunge die worte
kurzatmig fliegt mein blick zu dir
blitzt in sekundenschnelle
hin und her zwischen
fremden gesichtern
zuckt zurück von deinen schläfen
von deiner brille
die du auf die stirn geschoben hast
ich frage nicht was soll das bedeuten
buchstaben tanzen … weiter lesen
… lesen … lesen
du hast eine geschichte im gepäck
hast mich schon öfter überrascht
dabei sollte ich lesen … vorlesen
für dich mit dir ohne dich
deine augen suchen den blickstrahl
den ich dir nicht überlassen möchte
wie sicher ich mich wähnte ich … ich …
muss lesen … bin mitten im text
du schließt die augen
machst du gern beim zuhören
du hörst mich gern lesen
also lese ich, lese, lese … bald ist pause
wirst du da sein

©GJ20111202

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 03.12.2011, 17:37


es ist so / dann

versuche zwischen mond und füßen
solistisch sandsonaten zu singen, dann

sie wartet ob sie lacht oder nichts
(ihr fehlt auch seit wochen ein wort
das es nicht gibt) sie schaut auf
in die sternenschwärme und schwankt
sicher kaum sichtbar, aber so sehr
(telepathisch) als käme er
dann diesen gartenweg entlang, er
der sie hielte, wie einen igel, dann
hält sie sich vor (spieglein, spieglein
glaubst du daran) man kann
nicht zurück zu einer fotografie
und man weint nicht
weil man steht


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Jelena

Beitragvon Jelena » 04.12.2011, 20:21

Dezent

Endlich sind wir eingesperrt,
hören das Rauschen des Regens,
während die Wurstverkäufer
unter aufgedunsenen Sternen warten.

Wir denken uns ein Halleluja
und essen Spitzbuben mit Puderzucker.

Gerda

Beitragvon Gerda » 04.12.2011, 23:26

erinnern

beim töne auffädeln
entglitten dir die tiefen
die herzwarmen molligen
deckten schon bald den fußsaum

und zwischen deinen fingerspitzen
zirpte und quietschte es
wie eine alte tür
deren verrostete scharniere
niemand mehr repariert


©GJ20111204

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Eule
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Beitragvon Eule » 07.12.2011, 11:18

zwischen tür und
angel ein lufthauch

unbemerkt gehen
die jahre mit
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 08.12.2011, 10:17

verschenkte zeit

manchmal schließen sich
türen leise
andere
werden laut aufgetreten

ich glaube die zeit ist reif
für die flucht
aus selbiger
und auch aus dem raum

der nie platz schuf
sondern einengte
beschränkte...

verschenkte zeit

©GJ20060429


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