Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.12.2011, 20:44


brülle ich laut
diese tür möge sich ENDLICH öffnen
tut sich nichts
vergesse ich die tür
schließe sie leise in mir
öffnet sie sich
wenn ich am wenigsten
damit rechne

das ist das leben

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.12.2011, 13:06

das mit den türchen
will eben nicht gelernt sein
man müsste mit ihnen klappern, flattern
und auch knallen können
wie man atmet.

aber man
atmet ja auch nicht mehr so
wie's hilfreich wär.

wahrscheinlich ist es sogar
umgekehrt.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.12.2011, 09:21




türchen gähnen mit spitzen zähnen, weil dahinter
dunkles wartet, es schmilzt auf der zunge, bitter vertraut
leg dein schmächtig herz hinein, machs wieder zu



Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Gerda

Beitragvon Gerda » 15.12.2011, 18:05

verfallsdatum

winterkalte küsse gefrieren
atembewölkte blicke verschwimmen
körperlose geisterumarmung

unaufhaltsam genährt
das ende
herztauber restliebe
der ICE fährt ein

©GJ2009

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.12.2011, 21:32


amtliches verfallsdatum
vor vielen jahren abgelaufen
wer glaubt schon an daten
wer an chancen niederlagen
amtsschimmel zählt nicht mehr

Nifl
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Beitragvon Nifl » 17.12.2011, 20:04

Die Niederverlage

Eine Gedankennachstellung (im Liegen)(deshalb Verlage)

Wir besinnen uns (wie Bienen)

Ideen gehen einaus (trotzdem liegen wir weiterlanghin)

Aber du lächelst nur
spuckst einen Regenbogen
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.12.2011, 22:43


und am ende kein märchen - der topf (gefüllt)


auf luftquadraten liegen

das bunt hinterm glas denken

sie fliegt hinaus (kapuzenbiene)
und summt (textvergessen) hinüber

keiner da
der sie hört
zum glück
den honiglöffel in der hand
warm - wärmer - lippen

so wächst es an
bis sie den kopf
wendet –

es quasselt ans dachfenster
in das der regenbogen
nicht passt


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Gerda

Beitragvon Gerda » 18.12.2011, 07:56

in den see tauchen
opalirisierende streifen
fallen und steigen

eintauchen ins strahlen
noch ist lichtzeit

dunkel und nirwana
werden früh genug
ihre netze werfen

Nifl
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Beitragvon Nifl » 18.12.2011, 09:54

Der Bogen ist längst angewachsen im Kopf (wurzula "das Gewundene")
verzweigt sich durch mein Denkgestrüpp (Wurzeln tragen keine Blätter)
als könne man auch rückwärts durch Wünsche spazieren (oder Käuzchen- und quer)

Dabei wollte ich lieber einen geraden Garten
mit selbstbestimmten Pflanzen (frisch geharkt)

(köstlich diese Brombeeren)
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 19.12.2011, 20:51


unter Nordlichtern / die biegt der Wind


schwarzlila rinnt der Saft
der unsere Zungen färbt und
alle Rillen in den Fingern

unsere Hände sind so alt
wie die Geschichten

sagst du und lachst
über meine gerümpfte Nase
und je näher ich komme
umso schöner
ärgerst du dich


ich zeige dir die winzige Narbe
vom Milchzahnhund und die
als ich hängenblieb
am rostigen Zaun

dann folgst du meinen Aderläufen
bis nach Island und wir strecken
unsere glühenden Gesichter
in die lange Nacht, den Winter, der
so mild begann, dass uns das
unaufhörliche Grünen
unheimlich wurde

nun löscht Schnee unsere Zungen
und ich streue Worte
in die rote Spur der Brombeerdornen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.12.2011, 22:06

Damals färbte sie
ihre Briefe mit Brombeersaft
Tanzende Sätze in Federschrift
schickte sie traurig ins All

Ich möchte sie finden

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.12.2011, 23:09


sie sandten sich briefe
jahrelang jeden tag
ohne anrede ohne gruß
sie träufelte einen tropfen
patschuli unter die zeilen
bei jedem brief

es ging zu ende
vor vielen jahren
die briefe warf er fort
alle bis auf einen
er trägt noch immer
ihren duft

Nifl
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Beitragvon Nifl » 27.12.2011, 17:45

Ab nach Island (vorher den Trester leeren)
die Grubenlampe nicht vergessen (laut geliebter Reiseführerin)
immer nachts landen
mit unsichtbaren Menschen lachen
von einer Poolwanne träumen wie sie übers Haus schwebt ("wir haben auch schon Hubschrauber eingesetzt")
selbst diese Schatten diese namenlosen heißen Quellen
"du kannst ertrinken oder oben schwimmen"
Scheiße da war niemand
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Gerda

Beitragvon Gerda » 27.12.2011, 18:18

ich frage mich
wo bleibt das kanninchen solange
es kann nicht hubschrauber fliegen

ihm wird speiübel
es läuft wahrscheinlich grün an
die Geysire liegen ihm auch nicht

und erst der traurig raue matsch
auf wegen und in gassen
wir sollten es zu hause lassen

opa freut sich auf gesellschaft
Zuletzt geändert von Gerda am 27.12.2011, 22:26, insgesamt 1-mal geändert.


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